1524 - Schreckens-Zoo
Sie fühlte sich wie eine Gefangene, obwohl man sie nicht gefesselt hatte. Man hatte sie in einen Sessel gesetzt.
»Bist du wieder okay?«
»Weiß nicht.«
»Ach, hör auf, du bist ein verdammt zähes Luder und willst doch wohl nicht schon aufgeben.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Wir haben uns schon mal gesehen!« Die Frau im Jeansmantel nickte Maxine zu.
»Kann sein.«
»Tu nicht so, denn du weißt, wer ich bin. Du hast daneben gestanden, als ich mit Direktor Hardy, diesen Ignoranten, sprach. Der angeblich alles richtig macht und doch ein verdammter Hundesohn ist. Ich weiß genau, dass du ihm einen Besuch abgestattet hast. Ist dir das klar?«
»Ja, schon.«
»Du warst also bei ihm?«
»Ich, stimmt.«
»Und jetzt bist du hier. Wir haben dich vorher abgefangen. Was wolltest du hier?«
Ja, was wollte ich hier?, fragte sich Maxine und merkte, wie schwerfällig sie nur denken konnte. Sie nickte und sprach davon, dass ihr der Kopf schmerzte.
»Verdammt, tu nicht so. Reiß dich zusammen.«
»Sie haben mich niedergeschlagen.«
»Das war ich nicht, das war Otto, mein Gehilfe, und es war gut, dass er dies getan hat.«
Maxine öffnete ihre Augen etwas weiter. »Kann ich noch einen Schluck Wasser haben?«
Sie bekam eine Plastikflasche gereicht. Beim Trinken rann ein Teil der Flüssigkeit über ihr Kinn. »Danke, ich möchte nicht mehr.«
»Okay, dann wirst du mir ja sagen können, was du hier zu suchen hast. Außerdem will ich wissen, mit wem ich es zu tun habe. Wer bist du, verdammt noch mal? Du trägst nichts bei dir, was auf deine Identität hätte schließen können.«
»Ich heiße Maxine Wells.«
»Aha - und weiter?«
Sie erklärte, dass sie als Tierärztin arbeitete und der Besuch im Zoo einen beruflichen Grund gehabt hatte.
»Oh, welchen denn?«
»Es ging um Impfungen. Außerdem wollte ich mit Dr. Hardy über die Vogelgrippe sprechen.«
»Nein, wie edel.«
»Hören Sie auf!«
Die militante Tierschützerin schüttelte den Kopf. »Ich höre nicht auf, verdammt noch mal. Ich fange gerade erst an, verstehst du? Ihr steckt beide unter einer Decke. Ihr tut so, als wärt ihr so gut zu den Tieren, aber das ist keiner, der sie einsperrt. Tiere gehören nicht hinter Gitter, um angegafft zu werden. Sie sind ausersehen, sich in der freien Wildbahn zu bewegen, aber das begreifen Typen wie dieser Hardy nicht. Er denkt noch, er tut ihnen etwas Gutes.«
»Sie sind im Zoo gut aufgehoben. Ich kenne mich aus. Ich arbeite mit Tieren, und ich habe viele von ihnen gesund gepflegt.«
»Ja, ja, das nehme ich dir ab. Und deshalb ist es doppelt schlimm, dass du dich mit Leuten wie Hardy auf eine Stufe stellst. Du hättest an meine Seite gehört, verdammt noch mal. Ich hätte dir schon den richtigen Weg gezeigt. Du hättest auch hier genügend Arbeit bekommen. Es gibt viele Tiere, die sich verletzen und deshalb einer Pflege bedürfen.«
»Bitte, nicht so. Sie sind nicht objektiv. Ich kenne die Praxis, und Sie kennen sie nicht.«
»Dafür liebe ich sie und hege und pflege sie.«
»Ach ja? Auch wenn sie Monster sind?«
Alina Erskine zuckte zusammen. Eine solche Antwort hatte sie nicht erwartet. Sie schüttelte den Kopf, und ihr Gesicht nahm ein wütendes Aussehen an.
»Was hast du gesagt? Monster? Sind Tiere für dich Monster?«
»Nicht alle. Aber es gibt Ausnahmen.«
»Welche denn? Sag sie!«
»Vögel, die mich angegriffen haben.«
Alina Erskine schrie. So zumindest dachte Maxine. Tatsächlich aber lachte sie scharf und böse. Es dauerte eine Weile, bis sie sich gefangen hatte und wieder normal redete.
»Es sind meine Wächter. Es sind wunderbare Geschöpfe, die mir gehorchen. Ich finde es herrlich, denn ich habe mein Ziel erreicht. Ja, ich habe es erreicht. Ich konnte mich mit Vögeln umgeben, die gewachsen sind, die den Menschen Paroli bieten können.«
»Es sind Mörder!«
»Nein, sie wehren sich nur. Wehret den Anfängen, heißt es, und das ist hier geschehen.« Alina Erskine senkte ihre Stimme. »Vögel sind etwas Wunderbares. Sie gehören nicht hinter Gitter, es sei denn, sie müssen gesund gepflegt werden, wie ich es oft tue. Ich dressiere sie dann, und ich erlebe ihre Dankbarkeit. Sie müssen sich frei bewegen können. Jedwede Gefangenschaft ist für sie ein Horror, verstehst du? Diese Tiere brauchen Freiheit. Und dann gibt es Menschen, die sie ihnen nehmen.«
»Ich nicht.«
»Nein, nicht direkt. Aber auch du bist schuldig, denn sie gehören auch nicht in einen Zoo. Jeder, der das
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