1527 - Phantom der Hölle
sein?«
»Ist es aber.«
»Du bist verrückt!«
»Nein, ich will nur einen Fall lösen. Dazu fühle ich mich praktisch verpflichtet. Wenn das Kreuz auf diese Weise Alarm schlägt, stimmt da was nicht.«
Harry gab mir durch sein Nicken recht.
Überzeugt hatte ich ihn allerdings nicht. Er versuchte nur, mir die Sache zu erleichtern, und fragte leise: »Sollen wir nicht die Feuerwehr ruf en, wenn du unbedingt nach dort unten willst? Seile haben sie.«
»Vergiss die beiden Polizisten nicht. Es kann sein, dass sie in ihrem Streifenwagen so etwas haben.«
»Glaube ich nicht.«
»Ich frage sie.«
Stefanie Kirchner und Rico Appelt standen beisammen. Sie hatten bisher auf unsere Rücken geblickt und nicht mitbekommen, welche Zeichen wir bekommen hatte. Jetzt schauten sie schon erwartungsvoller, als ich vor ihnen stehen blieb.
»Es ist möglich«, sprach ich sie an, »dass Sie mir helfen können.«
»Und wie?«, fragte Stefanie Kirchner.
»Ich brauche ein Seil. Könnte es sein, dass Sie so etwas in Ihrem Streifenwagen haben?«
Spontan erhielt ich auf meine Frage keine Antwort. Zunächst mal schauten sich die beiden an, und diesmal reagierte Rico Appelt am schnellsten.
»Sie wollen sich in den Krater abseilen?«
»Das hatte ich vor.«
Er erschrak. »Aber das ist lebensgefährlich. Das können Sie doch nicht machen.«
»Sorry, aber es ist die einzige Chance, die wir haben. Und wenn ich Ihre Worte richtig interpretiere, dann sind Sie im Besitz eines Seils. Oder nicht?«
»Doch, doch. Aber das ist ein Zufall. Wir haben es vor ein paar Tagen bei einem Einsatz gebraucht. Da musste jemand aus einem Löschteich gezogen werden. Bisher haben wir das Seil noch nicht zurückgeben können.«
»Dann wird es auch diesmal seine Pflicht erfüllen.«
Rico und seine Kollegin sagten nichts mehr. Ihnen war ein weiterer Kommentar im Hals stecken geblieben. Rico Appelt drehte sich kopfschüttelnd um und ging zum Streifenwagen, wo er die Heckklappe öffnete und sich in den Wagen beugte.
Ich hängte das Kreuz jetzt offen um den Hals, was Stefanie Kirchner mit einem verwunderten Blick quittierte.
Mein Freund Harry sprach mich an, und er ließ die Sorge um mich in seiner Stimme mitschwingen.
»Willst du dir das wirklich zumuten?«
»Ja, Harry, das muss ich.«
»Und du glaubst, dass du bis zum Boden kommst?«
»Das kommt auf die Länge des Seils an.«
Rico Appelt brachte es in diesem Moment. Es war noch zusammengerollt.
Es war aus einer Kunststofffaser gefertigt und wirkte sehr stabil.
Da musste ich keine Angst haben, dass es riss.
Ich nahm es an mich.
Auch Harry fasste es an.
»Na ja, halten wird es.«
»Das will ich hoffen.« Zu dritt gingen wir zum Kühlergrill des Trucks. Ich prüfte noch die Festigkeit der Stoßstange, doch die würde zehn Mann von meinem Gewicht aushalten.
Stefanie Kirchner lag auf dem Boden und suchte eine Stelle, wo das Seil befestigt werden konnte.
Leider hatte das Seil keinen Haken, den man hätte durch die Öse ziehen können. Wir mussten es verknoten, und das geschah durch einen Doppelknoten, den Frau Kirchner auch beherrschte. Erst danach rollten wir das Seil auf und prüften die Länge. Ja, es passte.
Ich würde mich jedenfalls ein ganzes Stück in den Trichter hinablassen können.
»Das müsste reichen«, kommentierte ich.
Harry zeigte seine Skepsis noch immer offen. Sein Gesicht war ein Spiegel seiner Gefühle, und er wollte mich noch einmal warnen.
»Behalt es lieber für dich, Harry.«
»Ich habe nichts gesagt.«
»Hilf mir dabei, das Seil an meinem Körper festzuzurren.«
»Karabinerhaken wären besser.«
»Die haben wir aber nicht.«
Wir versuchten, mich so gut wie möglich zu sichern, was uns schließlich auch gelang. Dabei halfen uns die beiden Polizisten, die sich geschickt anstellten. Das Seil wurde mir durch die Achselhöhlen gezogen und am Rücken gut verknotet.
Wir machten einige Reißproben. Es würde halten. Das hatten die Seemannsknoten seit Jahrhunderten bewiesen, und so stieg auch mein Optimismus.
Bis zum Rand der Öffnung ging ich und warf einen letzten Blick hinab, bevor ich selbst in die Tiefe stieg.
Verändert hatte sich nichts. Nach wie vor gähnte mir die Dunkelheit entgegen, und da auch ich nur ein Mensch war, rann mir schon ein Schauer über den Rücken, der auch mein Gesicht nicht ausließ, was mein Freund Harry Stahl bemerkte.
»Willst du es dir nicht doch noch mal überlegen, John?«
»Das habe ich schon.«
Er winkte ab. »Ist schon okay. Ich
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