1531 - Dschungeltod
nicht gesagt, dass du für die Polizei arbeitest?«
»Ja, das habe ich.«
»Gut, dann wirst du damit kein Problem haben. Forsche nach, und ich werde dabei in deiner Nähe bleiben.«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, sagte Glenda.
»Du musst es können! Sonst töte ich dich!«
»Dann hast du überhaupt keine Chance mehr.«
»Ich hole sie mir zurück.«
Glenda nickte. »Gut, du hast gewonnen. Wo und wie soll ich versuchen, deine Eltern zu finden?«
»Wir fahren jetzt weiter. Ich habe ein Versteck. Von dort aus kannst du alles erledigen.«
»Und wo soll ich hinfahren?«
»An einen Ort, wo das Sterben leicht ist. Wo schon viele Tote vorhanden sind und wo man sich gut verbergen kann. Ein Friedhof, auf dem es auch Katakomben gibt.«
Glenda war im Moment überfragt. »Und wo soll der sein?«
»Er heißt Kensal Green Cemetery. Kennst du ihn?«
»Ich weiß, wo er sich befindet.«
»Dann fahr los…«
***
Ich war in dieser Nacht unterwegs, aber nicht mit dem Rover, sondern mit einem Taxi. Ich hätte auch Suko anrufen können, damit er mit seinem BMW kam, aber ich wollte keine Zeit verlieren und ließ mich deshalb von dem Taxifahrer zu der Adresse bringen, die mir Ramon Diaz aufgeschrieben hatte.
Es war eine Gegend, die nicht gut, aber noch längst nicht als Slum zu bezeichnen gewesen wäre. Dort lebten viele, die einen Migrationshintergrund hatten, und so hatte sich so etwas wie ein Ghetto gebildet, in dem vor allen Dingen Menschen aus Mittel-und Südamerika eine neue Heimat gefunden hatten. Man hatte ihnen Jobs gegeben, damit sie ihr Leben finanzieren konnten.
Die Häuser, die hier standen, waren keine miesen Baracken, sondern mehrgeschossige Gebäude.
Der Fahrer suchte das Haus mit der Nummer zehn. Dort lag mein Ziel.
Es war eine recht dunkle Ecke, durch die wir fuhren. Auf dem Asphalt der Straße verlor sich nur selten ein Lichtschein.
Ich ließ den Fahrer bis zum Ende durchfahren. Erst da hielt er an, und ich zahlte ihn aus.
»Soll ich auf Sie warten, Sir?«
»Nein. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.«
»Keine nette Gegend.«
Ich hob die Schultern. »Was will man machen.« Dann schlug ich die Tür zu.
Als die Rückleuchten des Taxis verschwunden waren, schritt ich auf das vor mir liegende Haus zu. Es war das letzte Gebäude in der Reihe. Ich sah auch die Nummer zehn an der Hauswand und stellte fest, dass trotz der späten Stunde noch einige Fenster erleuchtet waren.
Irgendwelche finsteren Typen trieben sich nicht in der Gegend herum.
Zumindest sah ich keine. Aber ich sah ein Klingelbrett, auf dem zahlreiche Namen standen. Unter anderem auch eine M. und R.
Sanchez. Dass die Abkürzungen der Vornamen dort mit angegeben waren, war nicht schlecht, denn den Namen Sanchez gab es einige Male.
Ich schellte und war überrascht, dass die Haustür so schnell geöffnet wurde. Zum Glück musste ich nicht bis nach ganz oben. Die dritte Etage war gut zu Fuß zu erreichen.
Im Hausflur hatte sich noch die warme Luft der vergangenen Tage gehalten, und sie war erfüllt von zahlreichen Gerüchen.
In jeder Etage gab es vier Wohnungen. Das war auch in der dritten nicht anders. Aber eine Tür stand spaltbreit offen und wurde von einer Kette gehalten. Ich las den Namen Sanchez auf einem Klingelschild und sah über der Kette des Türausschnitts ein Gesicht.
»Alfonso Sanchez?«, fragte ich.
»Ja. Sie sind dann Mr Sinclair?«
»In der Tat.« Sicherheitshalber holte ich meinen Ausweis hervor, den er sich nicht anschaute. Er öffnete die Tür, um mich eintreten zu lassen, und ich schob mich in einen schmalen Flur.
Dass er mich erwartet hatte, war für mich keine große Überraschung.
Die Buschtrommeln funktionierten eben. In diesem Fall war es das Telefon und somit der Anruf eines gewissen Ramon Diaz gewesen.
Ich betrat ein recht kleines Wohnzimmer, in dem sofort die bunte Tapete auffiel. Sie zeigte viele Blumen, brachte aber keine Beruhigung für die Augen.
Maria Sanchez war auch da. Sie saß in einem Korbsessel, der mit Kissen ausgelegt war. Bekleidet war sie mit einem roten Pullover und einer grauen Hose. Graue Strähnen durchzogen das schwarze Haar.
Ihre Haut sah blass und teigig aus, und in den dunklen Augen lag ein ständiges Flackern, ein Zeichen, dass sie sich fürchtete. Ebenso wie ihr Mann, denn dort hatte ich den gleichen Ausdruck in den Augen gesehen.
Beide hatten ein leicht indianisches Aussehen, das bei Maria Sanchez noch stärker zum Vorschein kam. Vom Alter her waren sie schlecht
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