1534 - Weg der Verdammten
denken. Vielleicht ist es sogar besser, wenn wir auf dem Gelände mit unserer Suche anfangen.«
»Möglich. Nur denke ich daran, dass wir uns noch um eine gewisse Claudine Petit kümmern müssen. Wenn ich allein in diesem Zimmer gehockt hätte, dann würde mir ein Trost auch gut tun.«
»Denkst du nur daran, John?«
»Bestimmt nicht. Ich weiß auch, dass sie eine Zeugin ist, und das kann verdammt gefährlich für sie sein. Ich möchte sie nicht so wiedersehen wie ihre Freunde auf den Betten…«
»Okay, du hast mich überzeugt, John…«
***
Bei den harten Händen, die sie festhielten, hatte Claudine das Gefühl, als wären es Stahlklammern.
Magnin stieß sie immer wieder vor, weil sie nicht schnell genug durch die Gassen der kleinen Stadt ging, die sich der Totengräber bewusst ausgesucht hatte.
Claudine kam alles wie ein Albtraum vor. Sie konnte dem Griff nicht entkommen, sie musste weiterhin fügsam sein, und wenn sie aufbegehrte, griff der Totengräber zu härteren Maßnahmen.
Sie hatte damit gerechnet, in ein Auto gezerrt zu werden, aber der Weg zum Ziel schien nicht so weit zu sein. So gingen sie weiterhin zu Fuß, und Claudine hörte den zischenden Atem des Totengräbers neben sich.
»Was soll das alles?«
Es war eine Frage, die sie sich selbst schon ein paar Mal gestellt hatte.
»Du wirst es schon sehen«, zischte Magnin. »Nichts ist vergessen, gar nichts.« Er lachte plötzlich auf. Es hörte sich fast an, als hätte er den Verstand verloren.
Menschen waren ihnen bisher nur wenige begegnet. Wenn sie jemanden sahen, blieben sie in Deckung. Erst wenn die Luft wieder rein war, gingen sie weiter.
Claudine stand so unter Stress, dass sie das Gefühl für Zeit völlig verloren hatte. Sie wusste nur, dass sie durch die Dunkelheit stolperte, und obwohl ihr die kleine Stadt bekannt war, wusste sie im Moment nicht zu sagen, wo sie sich befand.
Das änderte sich erst, als sie die unmittelbare Nähe der Häuser verließen und die Gegend freier und übersichtlicher wurde. Da sah sie den Umriss einer der beiden Kirchen.
Sie hatten das Gebäude noch nicht ganz erreicht, und als Magnin sie zurückzog, da blieb auch sie stehen.
Er löste seine Klammerhand aus ihrem Nacken. Claudine war froh, den Druck nicht mehr spüren zu müssen, und sie fragte: »Sind wir da?«
»Fast.«
»Ist es die Kirche?«
»Nein, was soll ich da?«
»Wohin dann? Zum Friedhof?«
Magnin kicherte. »Möchtest du dorthin? Willst du da liegen?«
»Bestimmt nicht.«
»Aber du hast dich nicht gescheut, alte Gräber zu schänden. Ich weiß das verdamm gut. Nur hast du Glück gehabt, dass man dich nicht fand. Aber das wird sich noch ändern. Man kann nicht alles töten, was man will. Erst recht nicht den Prior, der seine Freunde in eine andere Zone hineingeführt hat, wo sie warten mussten.«
»Aber wir sollten doch die Schädel aus der Erde holen. Dafür hat man uns Geld gezahlt.«
»Das musste auch so sein.«
»Dann haben wir den Friedhof nicht geschändet. Wenn es so sein musste, dann haben wir etwas Gutes getan.«
»In eurem Fall kann man sogar davon sprechen. Nur will ich nicht, dass es ans Licht der Öffentlichkeit gerät. Ihr seid leider Zeugen gewesen, und das können wir uns nicht erlauben.«
In ihrem Kopf lief etwas durcheinander. Trotzdem bemühte sich Claudine, die Worte des Totengräbers in einen Zusammenhang zu bringen. Dieser Magnin hatte so gesprochen, dass kein Zweifel daran bestand, dass er zur anderen Seite gehörte. Dass er mit dem Mörder mit dem blutigen Skelettschädel unter einer Decke steckte.
Wahrscheinlich hatte er sogar zugeschaut, wie sie das Grab öffneten, und bestimmt war er auch der Geldgeber für sie und auch Alain Roi gewesen. Wenn das alles zutraf, dann sah sie für sich keine Chance mehr. Da konnten ihr auch die beiden fremden Männer nicht mehr helfen.
»Du gehörst dazu, nicht wahr?«
Magnin schob den Hut zurück und zeigte sein Gesicht, wobei er breit grinste. »Es stimmt, ich gehöre dazu.«
»Wozu genau?«
»Ich mag die Templer. Ich mag ihre Geschichte, und ich weiß auch, dass nicht alle rein und ihren Idealen treu geblieben sind. Diese Stadt hier hat Schlimmes erlebt. Sie hat den Mönchen keinen Unterschlupf gewährt, obwohl man sie inständig darum gebeten hatte. Und genau aus diesem Grund sind sie hier auch niedergemetzelt worden. Ja, es war ein Gemetzel. Einen anderen Ausdruck gibt es dafür nicht. Man kann es nicht hinnehmen und…«
»Es ist doch seitdem so viel Zeit
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