1536 - Der Weise von Fornax
wieder, wenn wir neue Ergebnisse haben. Sonst nach Erhalt deines Berichtes, Alaska."
„Ende der Aufzeichnung!" meldete der Pikosyn. „Das war es also", sagte Modlar Pereviz in das folgende Schweigen. „Nur eine Fehlortung." Er lachte gezwungen. „Woher sollten auch Raumschiffe kommen? Und was sollten sie von der TAMBO und der WOMUN auch wollen?"
„Ja, eben", sagte Alaska. „Das war’s dann auch schon, Modlar. Machen wir bis Tagesanbruch noch ein kleines Nickerchen. Einverstanden?"
„Okay", sagte der 1. Pilot der TAMBO. Er deutete auf Alaska Saedelaeres Faust, die die Haarspange umkrampfte. „Und du willst das Ding wirklich Annu übergeben?"
„Ach wo", sagte er leichthin. „Das war nur eine Schnapsidee."
Alaska sah eine Szene vor sich, wie sie sich wirklich abgespielt haben könnte.
Da schleicht ein junges Mädchen ins terranische Quartier der Quarantäne-Station. Als der SERUN durch einen Piepston den Empfang von Ernst Ellerts Funkbotschaft ankündigt, erschrickt das Mädchen und ergreift panikartig die Flucht. Dabei verliert es eine eigenwillige Haarspange. Und Alaska schreckt mit dem letzten Piepston der Funkanzeige wie aus einem Alptraum hoch. Aber anstatt des Mädchens, das ihn aus irgendwelchen Gründen an Kytoma erinnert, sieht er nur noch Modlar ...
Alaska hatte sich anders entschieden. Er wurde die Haarspange der Besitzerin zurückgeben. Ja, genau das würde er bei der ersten Gelegenheit tun.
Chronik: Das Schiff 491 NGZ Der Bordsyntron war das Gehirn.
Die Hülle des Medoschiffs war der Körper des Syntrons. Die vielen robotischen Geräte und Instrumente waren die Organe und Eingeweide dieses technischen Organismus. Und so, wie sich bei einem Lebewesen das Gehirn nicht als individuelle und beherrschende Einheit empfindet, sondern als Teil eines Ganzen und Sitz der Persönlichkeit, so fühlte sich der Bordsyntron als das Schiff.
Und das Schiff wußte: Das Kind war reif - oder wie man sonst bei Menschen in einem solchen Fall sagte.
Es war voll entwickelt und bereit, den schützenden Mutterleib zu verlassen. Es konnte nicht wissen, daß es sich nicht mehr in der Geborgenheit des Mutterleibs befand, sondern in einen Lebenstank verpflanzt worden war. Es gehorchte lediglich seinen Urinstinkten und wollte sich befreien.
Die Natur verlangte ihr Recht.
Alles in dem Kind drängte danach, die Enge dieses warmen Gefängnisses zu sprengen.
Das Schiff merkte es, denn es war mit dem Tank verbunden und registrierte sensibel jede Reaktion des Kindes.
Das Kind strampelte und stieß und wand sich, als wolle es sich gewaltsam den Weg ins Freie erkämpfen.
Das Kind wollte geboren werden!
Doch das Schiff konnte ihm dieses Recht noch nicht gewähren.
Das Schiff hatte den Auftrag, das Kind an ein Ziel zu bringen und seine Geburt erst dann einzuleiten, wenn es in Sicherheit war.
Das Ziel war das Fornax-System, die Heimatgalaxis der Nocturnen. Präzise: der 4. Planet der Sonne Faalin - Kontor Fornax.
Die Mutter hatte das so bestimmt, weil sie glaubte, daß ihr Kind dort, in dieser von den Nocturnenschwärmen unzugänglich gemachten Galaxis, vor dem Zugriff seiner Feinde am sichersten war.
Doch das Problem war, daß auch das Schiff keinen Zugang in die Nocturnen-Galaxis fand. Die Passagesymbole, die man dem Schiff übermittelt hatte, zeigten bei den Nocturnen nicht die erwartete Wirkung.
Anstatt das Schiff passieren zu lassen, wurden sie durch die Passagesymbole womöglich noch aggressiver.
Das Schiff begann daraufhin mit den Passagesymbolen zu experimentieren und kreierte, zuerst mittels Zufallsgenerator und dann unter Zuhilfenahme der Erfahrungswerte, immer neue Symbolfolgen.
Aber ein Erfolg blieb weiterhin aus.
Und das Kind verlangte immer vehementer nach seinem Recht. Die von dem Schiff empfangenen Gehirnwellenmuster waren wie ein nicht enden wollender Schrei nach Freiheit.
Aber das Kind durfte noch nicht geboren werden. Es mußte zuerst die Sicherheit von Kontor Fornax erreicht haben.
Um den Aufruhr des Kindes einzudämmen, schickte ihm das Schiff besänftigende Impulse. Und siehe da, das Schiff hatte bei dem Ungeborenen Erfolg.
Das Kind drängte nicht mehr so ungestüm ins Freie. Es zeigte Bereitschaft, sich mit den Gegebenheiten abzufinden und in seinem schützenden Gefängnis zu bleiben. Nur wollte es wissen - warum! Das Kind war natürlich noch nicht in der Lage, selbst eine so einfache Frage auf konventionelle Weise zu stellen. Aber seine chaotische Gedankenwelt war eine einzige Frage -
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