1536 - Ghoul-Parade
nicht klar und wurde von einem schwachen milchigen Dunst durchwebt. Die wenigen fast kahlen Bäume im Hintergrund wirkten wie gefrorene Gespenster, die man vergessen hatte.
Der Boden zeigte auch keine sommerliche Farbe mehr. Er hatte ein dunkles Braun angenommen, in das sich an verschiedenen Stellen grünliche Schatten hineingestohlen hatten.
Äcker, Wiesen, Brachland, so sah die Umgebung aus, und Johnny dachte wieder an den Film, den er gesehen hatte. War das die Gegend, die er auf dem Handy gesehen hatte?
Er hätte besser darauf achten sollen, denn eines war ihm schon in der Erinnerung geblieben. Diese seltsame Felsformation, die irgendwie aussah wie eine gespreizte Hand. Aber davon sah er nichts. Und er entdeckte auch kein Haus. Hier gab es nur die menschenleere Einsamkeit unter einem milchigen Himmel, zu dem die dunklen Vögel passten, die dort ihre Kreise zogen Es waren keine Geier, sondern Kolkraben, aber es hätten Geier sein können, die auf Beute lauerten und sich das holten, was von den Ghouls übrig gelassen wurde.
Zwei Hände griffen zu und zogen Johnny herum. Er ging einen Schritt und unterdrückte im letzten Moment den Schrei. Er hatte nicht mehr an die Eisenringe gedacht, die nun hart in das dünne Fleisch über den Knöcheln drückten.
Hätte man ihn nicht gehalten, er wäre gefallen. Die vier Bewacher lachten hässlich auf und führten Johnny an der Fahrerseite des Lieferwagens entlang, sodass er jetzt in die genau entgegengesetzte Richtung schaute und einen Stich verspürte.
Da bohrte sich etwas in seinen Magen wie ein Speer, denn er sah das Bild, das er bereits vermisst hatte. Der Felsen war da! Er stand dort und bildete das Ende des Brachlands aus Grassoden und aufgewühlter Erde.
Plötzlich schlug sein Herz in einem wilden Trommelwirbel, und erneut kam ihm der Film in den Sinn.
Ja, so hatte er die Felsen gesehen. Sie hatten den Hintergrund gebildet, und es hatte so ausgesehen, als wäre die fast nackte Frau vor ihnen geflüchtet.
Jemand stieß ihm die Faust in den Rücken. »He, weißt du nun, wo du dich befindest?«
»Alles klar.«
»Dann kannst du dir auch vorstellen, wie es weitergeht.«
Johnny wollte stehen bleiben, aber man drückte ihn weiter nach vorn, und so ging er über den weichen Boden genau dorthin, wo die vier Typen ihn haben wollten.
Je näher Johnny der Felsformation kam, umso mehr geriet er an den zentralen Punkt - und er sah noch etwas. Das Gebilde bestand nicht aus Stein. Kein Felsen, dafür war es aus Holz. Abgestorbene Bäume, die ihre Äste und Zweige verloren hatten. Es gab nur die unterschiedlich hohen Stämme, doch auch sie waren ausgebleicht und wirkten zudem wie angefressen, denn sie wiesen Risse und Löcher auf, in die man hätte fast hineinkriechen können.
Erneut fassten die Hände zu und hielten Johnny zurück. »Schau es dir noch mal an, Conolly«, flüsterte ihm jemand ins Ohr. »Das hier ist dein Sterbeplatz. Das wirst du als letzten Blick mit in den Tod nehmen, bevor man dich holt.«
»Was habt ihr mit mir vor?«
»Wir nichts. Das überlassen wir unseren Freunden. Du glaubst gar nicht, welch einen Hunger sie haben. Alles, was unter der Erde lag, haben sie schon verschlungen, jetzt sind die neuen Opfer an der Reihe, und dazu gehörst du nun mal.«
»Ghouls…?«
»Die Aasfresser unter den Dämonen. Sie werden dich holen, aber zuvor werden sie dich töten. Sie mögen nun mal keine lebenden Kreaturen. So sind sie eben.«
Johnny wusste, dass es keinen Sinn hatte, zu betteln oder mit der Polizei zu drohen. Darauf würden die Mitglieder des Kreises nicht hören. Sie hatten sich einmal entschlossen, zu Crichton zu gehören, und dabei würde es bleiben.
Jetzt drängten sich die Vorwürfe hoch, es allein versucht zu haben.
Johnny hätte sich an John Sinclair und Suko hängen sollen, dann sähe seine Lage jetzt anders aus.
Sie schoben ihn wieder vor.
Einer fragte: »Der Kreis?«
»Ja, der Kreis.«
»Dann los!«
Johnny hatte sich keine Gedanken über den Dialog gemacht. Sekunden später begriff er, um was es ging. Da wurde er plötzlich von mehreren Händen gepackt und mehrmals um die eigene Achse gedreht. Er hörte das Lachen, er wollte gehen, aber die Fußfesseln behinderten ihn.
Der Schwindel war nicht mehr aufzuhalten. Er hatte die Übersicht völlig verloren. Er taumelte von einer Seite zur anderen. Der Boden war für ihn nicht mehr fest, und der Himmel über ihm schien ebenfalls in Bewegung geraten zu sein.
Dann ließen sie ihn
Weitere Kostenlose Bücher