1537 - Was die Götter schenken
Morken Kattush einige Male auf seinem Flug gen Süden beobachten. Er kam an Burgen vorbei, die heftig umkämpft waren, dachte jedoch nicht daran, sich einzumischen. Ihm war es wichtiger, eine Umkehr in den Köpfen der Palpyroner und der Epsalpyroner zu erreichen, um sie zu einer Abkehr vom Feudalsystem zu bringen und zu modernen Staatsformen zu führen.
Südlich der Äquatorwüsten lagen die Gebirgsketten mit den großen Vulkanen, und ihnen schlossen sich Gebiete mit üppig wuchernder Vegetation an. Morken Kattush vermutete, daß sich die Mitglieder der Palpyronischen Befreiungsfaust in diesen Urwäldern versteckt hielten, aber konkrete Beweise dafür hatte er nicht. Er hoffte, daß er sie in den nächsten Tagen erhalten würde.
Um zu dieser Rebellengruppe kommen zu können, würde er alle Verbindungen nutzen müssen, die er sich im Lauf der Jahre als Chef des Hanse-Kontors geschaffen hatte. Daß seine Aktivitäten Aufmerksamkeit erregten, würde sich kaum vermeiden lassen.
*
Die Feudalherrin Decapitans putzte sich die Fingernägel mit einem Tuch.
Ihr zu Füßen lag Gonoz Krejt. Der Scout war fürchterlich zugerichtet. Die Foltern der letzten beiden Tage hatten ihn vollkommen verändert. Er war nur noch ein Häuflein Elend, geschunden und verbrannt am ganzen Körper, zutiefst gedemütigt durch den Verlust seiner Ultraschallsensibilität und voller Furcht vor dem, was möglicherweise noch auf ihn zukam.
Decapitans saß in einem prunkvoll eingerichteten Raum ihrer Burg auf einem mit kostbaren Tüchern ausgelegten Sessel, umgeben von Wachen, die bis an die Zähne bewaffnet waren, düsteren Bildern und Statuen palpyronischer Dämonen und Schattenwesen. Zu ihren Seiten brannten Fackeln aus einem exotischen Holz. Sie verbreiteten erstaunlich Viel Licht. „Mein lieber Freund", sagte sie. „Es tut mir wirklich leid, daß wir die Wahrheit auf eine so unangenehme Art und Weise aus dir herausholen mußten. Ich bin sicher, es wird jetzt alles sehr viel einfacher.
Kommen wir noch einmal zum Ausgangspunkt zurück. Die Wissenschaftler haben also eine Säule aufgebaut?"
„So war es", beteuerte der Scout mit brechender Stimme. „Eine Säule von makelloser Schönheit.
Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich weiß, es hört sich an wie ein Märchen, aber es war wirklich so, daß die Säule Wünsche erfüllen konnte."
Die Begehrlichkeit der Epsalpyronerin war geweckt. Gench Oxnan hatte sie richtig beurteilt. Sie war nicht sonderlich intelligent, aber sie besaß eine gewisse Bauernschläue, die sie sehr wohl erkennen ließ, wann ein Vorteil für sie zu erringen war. Und sie witterte riesige Vorteile für sich. Wenn die „Göttergabe" tatsächlich existierte, und wenn sie bereit war, alle nur erdenklichen Wünsche zu erfüllen, dann war es erstens ratsam, mal wieder etwas für Hallushcran und die anderen Götter zu opfern und sich darüber hinaus diese „Göttergabe" zu sichern.
Decapitans wußte genau, was sie sich wünschen würde! Sie würde Berge von Edelmetallen und Diamanten fordern. Mit Hilfe der geheimnisvollen Säule würde sie mehr Reichtum anhäufen als jeder andere Feudalherr auf Palpyron, und damit würde sie die Macht über weite Teile ihrer Welt, vielleicht über den ganzen Planeten, an sich reißen.
Sie stellte eine weitere Frage, und die Antworten sprudelten nur so aus Gonoz Krejt heraus. Es schien, als sei er geradezu versessen darauf, ihr alles zu erzählen. „Gut so", lobte sie ihn. Sie blickte ihn breit lächelnd an, so als habe sie Verständnis für ihn.
Tatsächlich berührte sie sein Elend, nicht. Im Gegenteil. Sie beschloß, den Gittermeister für seine Arbeit zu belohnen, da sich seine Folter als so erfolgreich erwies.
Gonoz Krejt berichtete noch einmal in allen Einzelheiten, was er in der Wüste unter dem Vulkan erlebt hatte, und immer wieder beteuerte er, daß er die Wahrheit sage. Schließlich gab sich Decapitans mit seinen Antworten zufrieden. „Sehr schön. Es war klug von dir, mir alles zu erzählen." Sie nickte ihm freundlich lächelnd zu. „Du siehst, nur die Vernunft hilft uns weiter. Die Gnade Hallushcrans sei mit dir."
Sie gab den Wachen ein Zeichen. Sie kamen heran, packten Gonoz Krejt bei den Armen und stellten ihn auf die Füße. „Bringt ihn hinaus", befahl sie. „Du läßt mich frei, Herrin?" stammelte der Scout. „Du hast deine Schuldigkeit getan", erwiderte sie. „Nun sollst du den gerechten Lohn erhalten."
Sein Gesicht hellte sich auf. Er dankte ihr noch einmal
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