1539 - Im Wald der Wölfe
beiden Seiten breitete sich eine Wiese aus, die an vielen Stellen mit Laub bedeckt war.
Wir stellten unseren Wagen neben dem Haus ab, um nicht die schmale Gasse zu versperren. Irgendwelche Kunden, die etwas kaufen wollten, waren nicht zu sehen, dafür aber ein helles Schild, das von innen an der Tür hing, und dessen dunkle Schrift gut zu lesen war.
CLOSED »Geschlossen«, kommentierte Suko, als er den Rover verließ. »Sag mir, ob das normal ist, John.«
»Ich kenne die Geschäftszeiten der Frau nicht. Es gibt viele Läden, die erst am Nachmittag geöffnet haben.«
»Ja, nur habe ich hier ein ungutes Gefühl! Ich weiß nicht, wie das kommt, aber es ist so.«
Ich hob die Schultern und war schon auf dem Weg zur Tür. Das Schaufenster konnte ich dabei nicht übersehen. Es war noch nicht fertig dekoriert. Da waren noch ein paar freie Flächen vorhanden. Ansonsten war fast ausschließlich Weihnachtskram ausgestellt. Da waren künstliche kleine Bäume ebenso zu sehen wie farbige Kugeln oder goldene Engel, die an glitzernden Fäden hingen und über dem Boden schwebten.
»Wer es mag«, sagte Suko nur.
Ich hob die Schultern. »Frag mal Glenda. Die findet so etwas toll.«
»Ehrlich?«
»Wenn ich es dir sage.«
»Dann bin ich nur gespannt, ob Karen Foster auch im Laden ist oder sich aus dem Staub gemacht hat.«
»Warum hätte sie das tun sollen?«
»Was weiß ich, John?«
Eine Diskussion hatte keinen Sinn. Wir standen vor der Tür und schauten durch die Scheibe ins Innere des Ladens. Drinnen brannte kein Licht.
Suko trat an das Schaufenster heran, weil er davon ausging, von dort einen besseren Überblick zu haben. Doch da hatte er Pech. Das Innere des Ladens war von grauen Schatten erfüllt, sodass wir nicht mal erkannten, was dort alles gelagert war.
Ich ging noch mal zur Tür und drückte die schwere Klinke nach unten.
Abgeschlossen. Kein Licht. Keine Bewegung im Innern des Ladens. Das sah alles sehr verlassen aus.
»Sie ist nicht da«, stellte ich fest und suchte dabei Sukos Blick, der eine gewisse Skepsis zeigte.
»Ist das natürlich oder nicht?«
»Keine Ahnung. Aber welchen Grund sollte sie gehabt haben, ihren Laden im Stich zu lassen?«
»Weil sie mehr wusste?«
»Das ist möglich«, gab ich zu.
»Oder weil sie das Problem ist, John. Denk an ihren Lebenslauf. Der ist alles andere als normal.«
»Das ist richtig.«
»Vielleicht hat sie sich jahrelang hinter dieser falschen Fassade versteckt. Aber jetzt kam es zum Ausbruch.«
»Was?«, fragte ich.
»Der Keim.«
Ich musste schlucken. »Du denkst an den Wolf? An einen Werwolf oder wie auch immer?«
»Das befürchte ich.«
Wir waren schon nachdenklich geworden. Zwar schwamm noch alles im Trüben, doch das waren wir gewohnt. Irgendwann würden die Schlieren verschwinden, sodass wir einen klaren Durchblick erhielten.
Suko schlug vor, dass wir uns an der Rückseite umschauten, was wir auch taten.
Der Laden hatte eine Hintertür, die ebenfalls verschlossen war. Das Mauerwerk war mit Pflanzen bewachsen, die allesamt noch ihre Blätter hatten. Manche waren an den Scheiben in die Höhe geklettert und nahmen die Sicht. Auch das Dach des kleinen Hauses hatte eine grüne Farbe. Von der Dachrinne hing Moos herab, das beim nächsten Sturm abgerissen werden würde.
Vor den Fenstern hingen keine Gardinen. Weder oben noch unten.
Trotzdem gab es für uns nichts zu sehen. Eine Regentonne war mit Wasser vollgelaufen, und jenseits des Grundstücks verdeckten Bäume die Sicht auf das Nachbarhaus.
»Sie ist weg«, fasste Suko zusammen. »Nur den Grund kennen wir leider nicht.«
»Und nicht ihr Ziel«, fügte ich hinzu.
»Richtig.« Suko hob die Augenbrauen. »Aber was hat dieser Warren von dem Wald erzählt?«
»Du meinst, dass sie dort ist?«
»Dort kommt sie her, John.«
Aus Sukos Worten hörte ich heraus, dass er einen bestimmten Verdacht verfolgte. So ganz davon lösen konnte ich mich auch nicht. Diese Karen Foster hatte einen verdächtigen Hintergrund, der auf die Wolfsmagie hinwies und von der möglicherweise auch dieser irische Waldarbeiter Brett Mahony angesteckt worden war.
»Ich glaube nicht«, sagte Suko, »dass jemand aus dem Ort weiß, was wirklich hinter Karen Foster steckt. Und wenn, dann behalten sie es sicher für sich.«
»Kann schon sein.«
Es brachte uns nichts, wenn wir noch länger hier warteten. Wir mussten Karen Foster finden und auch den Mann, der uns alarmiert hatte. Beide mussten wir keine Hellseher sein, um zu wissen, dass der
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