1539 - Im Wald der Wölfe
halten. Du kannst ihn ja suchen, wenn du scharf auf ihn bist. Aber nicht hier im Wald. Ich denke, der löscht schon seinen Durst.«
»Ist schon okay, Pat.«
Die Holzfäller packten ihr Werkzeug ein und zogen ab. Für sie war Feierabend.
Ted Franklin fühlte sich ziemlich beschissen. Er war nun auf sich allein gestellt. In Gedanken versunken blieb er auf dem Fleck stehen. Er war sich sicher, dass etwas nicht stimmte. Sein Gefühl sagte ihm, dass hier einiges im Argen lag.
Der Wald war für Mahony ein perfektes Terrain. Da konnte er sich verstecken und abwarten, bis etwas Bestimmtes eintrat.
Ted Franklin war entschlossen, die Sache auch weiterhin selbst in die Hand zu nehmen. Dabei konnte er nicht eben behaupten, dass der Wald ein Gebiet war, in dem er sich gut auskannte. Er ging auch nicht gern spazieren. So musste er zugeben, dass ihm dieser Wald trotz der Nähe zum Ort fremd war.
Er hätte umkehren können, um die Dinge auf sich beruhen zu lassen.
Das wollte er nicht. Es gab da noch so etwas wie ein Pflichtgefühl. Was in der Zelle passiert war, das konnte man als unerklärlich ansehen.
Trotzdem musste es einen Grund geben, und genau den wollte Ted Franklin herausfinden. Wenn nicht, wäre er sich wie ein Feigling vorgekommen, und das wollte er auf keinen Fall sein.
Er schaute den Männern nach, die zwischen den Bäumen verschwunden waren.
Auch ihre Stimmen waren nicht mehr zu hören. Ihr Arbeitstag war vorbei.
Meiner nicht!, dachte Ted, bevor er sich auf die Suche nach dem Iren machte…
***
Mahony hatte sich praktisch weggeschlichen. Er hatte es nicht mehr aushalten können. In seinem Körper war der Druck zu groß geworden. Er hätte ihn auch nicht erklären können, aber da war etwas in ihm, das er das Andere nannte.
Er musste weg, und man hatte ihn zum Glück gehen lassen.
Zuerst war er noch langsam gelaufen. Später dann außer Sichtweite der Kollegen war er gerannt wie jemand, der schnell zu einem Ziel gelangen wollte.
Es gab für ihn kein Ziel. Der Wald war das Ziel. Eine dunkle Ecke, wo er sich ausruhen konnte und wo ihn niemand sah. Das musste einfach so sein, denn der Druck in ihm wurde immer stärker, und er spürte auch das Brennen an der Stelle, wo der Wolfsbiss eine Wunde hinterlassen hatte.
Der Wald um ihn herum wuchs immer mehr zusammen. Es gab nicht viel Platz zwischen den Baumstämmen, und auch das sperrige Unterholz breitete sich hier stärker aus.
Zudem lag auf dem Boden ein dicker Teppich aus Laub, das er beim Laufen mit seinen Füßen in die Höhe schleuderte.
Der nächste Schritt brachte ihn an den Rand einer Mulde. Brett sah nichts, ging trotzdem weiter vor und sackte ein. Das Laub unter ihm schien sich zu öffnen, dann fiel er in die Mulde, ruderte noch mit den Armen und blieb schließlich auf dem Laubteppich hocken.
Irgendwie war er froh, diesen Platz durch Zufall gefunden zu haben. Das lange Laufen hatte ihn angestrengt, und so wollte er diesen Platz nicht so schnell wieder verlassen.
Allmählich beruhigte sich sein Atem. Es ging ihm wieder besser.
Allerdings war das Brennen an der Hüfte nicht verschwunden. Da meldete sich die Wunde wieder, und er dachte daran, wie man ihn überfallen hatte.
Es war ein Wolf gewesen, der ihn angefallen hatte. Nicht hier tief im Wald, sondern näher am Ort. Die Kollegen waren schon gegangen und er hatte noch Gerätschaften aufladen müssen. Er hatte dem Wolf nicht mehr ausweichen können und den Biss hinnehmen müssen.
Und jetzt meldete er sich wieder.
Die Hitze, das Stechen, das Brennen, das alles kam zusammen. In der Wunde pochte es. Dabei war sie gar nicht mal so tief gewesen, aber dieser verdammte Wolf hatte etwas in sich gehabt, das so etwas wie ein gefährlicher Keim sein musste, und der hatte ihn völlig in Besitz genommen.
Er spürte auch, dass sich im Innern seines Körpers etwas tat. Trotz der Kühle klebte der Schweiß auf seiner Stirn. Ihm war aber auch kalt. Er fing an zu zittern und hatte das Gefühl, von einem Fieberschauer geschüttelt zu werden. Sein Herz schlug schwerer und schneller als normal, und in seinen Augen schimmerte das Tränenwasser.
Sein Kopf war leer. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, saß zwar auf dem weichen Laub, aber er pendelte dabei von einer Seite zur anderen, ohne umzukippen.
Dabei war es nicht neu für ihn. Er hatte es bereits erlebt. Es war schlimm gewesen. Er wusste, dass er bald sein normales Menschsein verlieren würde. Und es hätte ihn nicht gewundert, wenn plötzlich die
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