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1539 - In der Eastside

Titel: 1539 - In der Eastside Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Familie nichts weg. Etwas anderes wäre es, wenn wir Aufzeichnungsgeräte bei uns hätten. Dann könnten sie behaupten, daß wir versucht hätten, ihre Intimsphäre auszuspionieren."
    Sie zuckte die Schultern. „Das ist der Grund für den unbequemen Fußmarsch, den ich dir zugemutet habe", erklärte sie. „Wir werden nicht umhin können, mindestens eine Bewohnerin dieses Hauses doch zu stören - ziemlich heftig sogar", gab der Terraner zu bedenken. „Das spielt keine Rolle, wenn wir etwas finden, was einen kräftigen Klecks auf der weißen Weste der Familie H’ar ergeben könnte. Wenn hier ein Verbrechen vorbereitet wird, kann uns die Privatsphäre der Familie H’ar gestohlen bleiben." Er sah sie nachdenklich an. „Du hast es auf Mei-Mei-H’ar abgesehen", stellte er fest.
    Dao-Lin-H’ay lächelte auf ihre katzenhafte Weise. „Ich kann sie nicht ausstehen", gab sie zu.
    Ihre Stimme klang sehr sanft. Gefährlich sanft.
    Einige Stockwerke höher wandten sie sich nach rechts, weil Dao-Lin-H’ay behauptete, daß sie dort den Raum finden würden, in dem die fremde Kartanin saß und sich mit dem Halsband beschäftigte.
    Ronald Tekener wußte nicht, woher Dao-Lin diese Gewißheit nahm, aber er verließ sich auf ihren Orientierungssinn. Sie pflegte sich in solchen Dingen nur sehr selten zu irren, und darum hatte er sich daran gewöhnt, sich in dieser Beziehung völlig auf sie zu verlassen.
    Die Kartanin blieb vor einem Durchgang stehen und schob einen primitiven Plastikvorhang zur Seite - sehr leise, sehr behutsam.
    Der Raum war noch größer, als er auf dem Schirm ausgesehen hatte, die Luft noch dunstiger, das Licht der Lampe noch greller - es schmerzte in den Augen. Die fremde Kartanin hatte den Kopf auf die Arme gebettet und schien zu schlafen. Aus dem kleinen Schälchen auf dem Arbeitstisch rauchte es noch immer.
    Ein seltsamer Geruch lag in der Luft. „Challanga" sagte Dao-Lin-H’ay leise.
    Sie rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf, als hätte sie eine Fliege im Ohr. „Jetzt würde ich mir tatsächlich einen SERUN herbeiwünschen", flüsterte sie. „Der viele Paratau hat mich allergisch gegen dieses Zeug gemacht."
    „Ein Rauschgift?"
    „So etwas ähnliches. Es wird aus einem Kraut gewonnen, das oben im Norden auf den Klippen am Meer wächst. Die, die den Rauch einatmen, behaupten, daß es das Gehirn anregt, aber es gibt Beweise dafür, daß es eher betäubend wirkt. Früher war es verpönt. Es vertrug sich nicht mit den Tränen der N’jala."
    Sie wischte sich die Augen und blinzelte in das grelle Licht der Lampe. „Sie sieht schon ziemlich weggetreten aus", sagte sie leise. „Laß uns nachsehen, was sie gefunden hat."
    „Allzu fleißig wird sie wohl nicht gewesen sein."
    Dao-Lin-H’ay beugte sich über die fremde Kartanin. „Sie ist nicht ansprechbar", stellte sie fest. „Dieser Zustand kann stundenlang anhalten. Tschu-Man-H’ar wird ganz schön toben, wenn sie diese Bescherung sieht."
    „Warum verläßt sich Mei-Mei-H’ar auf eine Süchtige?" fragte Tekener verwundert. „Stehen ihr keine besseren Leute zur Verfügung?"
    „Oh, doch, selbstverständlich. Aber hier dürfte es um etwas gehen, wovon selbst der Familienrat nichts wissen darf."
    „Und was ist mit Han-Shui-P’on?"
    „Keine Ahnung. Entweder weiß er nur halb so viel, wie er glaubt, oder Mei-Mei-H’ar hat ihn fest genug am Haken, um sich seiner sicher zu sein. Aha, hier ist ja das Halsband."
    Dao-Lin-H’ay nahm der friedlich schlummernden Kartanin den Schirm vom Kopf und setzte ihn selbst auf.
    Dann zog sie sich einen der unbequemen Stühle heran, setzte sich an den Tisch und machte sich an dem Halsband zu schaffen. „Der Jammer mit den Kartanin von heute", sagte sie dabei, „besteht darin, daß sie sich zu sehr spezialisieren und sich dann auch noch etwas darauf einbilden. Früher hat so etwas hier zur Ausbildung jeder angehenden Protektorin gehört."
    „Soll ich nicht besser draußen Wache halten?"
    „Auf gar keinen Fall! Es besteht nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit dafür, daß jemand hier hereinkommt.
    Draußen im Gang wäre die Gefahr viel größer."
    Er nahm es zur Kenntnis und hoffte, daß Dao-Lin-H’ay auch diesmal recht behalten würde.
    Er konnte nicht erkennen, was sie tat. Es hatte offensichtlich etwas mit dem grellen Licht zu tun, und es schien um einige dieser alten Schriftsymbole zu gehen. Es war eine Arbeit, bei der er ihr nicht helfen konnte, so gerne er es auch getan hätte.
    Sie hatte

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