1539 - In der Eastside
behauptete sie leichthin. „Und es wäre auch durchaus möglich, daß die Linguiden selbst diese Reaktion der Kartanin unter Han-Shui-P’on hervorgerufen haben.
Diese Leute sind doch nicht dumm - sie müssen mittlerweile begriffen haben, daß Atlan ihnen nicht traut."
„Das wissen sie schon, seit er den Topsidern einen von ihren Planeten zur Verfügung gestellt hat."
Tekener lächelte, als er das sagte - der Husarenstreich des Arkoniden schien ihm Spaß zu machen. „Es war unfair", bemerkte Dao-Lin-H’ay kritisch. „Aber legal. Offiziell konnte Atlan damals gar nicht wissen, daß die Linguiden diesen Planeten als Lohn für ihre Arbeit kassiert hatten. Es war eine unbewohnte Welt. Warum sollte man sie also nicht den Topsidern geben?"
„Die offizielle Version interessiert mich nicht!" konterte die Kartanin scharf. „Es enttäuscht mich, daß du dich mit solchen Spitzfindigkeiten abgibst!"
Er beobachtete sie interessiert. „Sie sind dir sympathisch", vermutete er. „Bist du jemals einem von ihnen persönlich begegnet?"
„Bis jetzt noch nicht."
„Warum nimmst du sie dann in Schutz?"
Dao-Lin-H’ay stutzte für einen Augenblick. „Ihr Terraner macht euch noch selbst verrückt mit euren Linguiden", sagte sie kopfschüttelnd. „Was Atlans Trick betrifft, so kann ich ihn beim besten Willen nicht amüsant finden. Es hat Tote unter den Linguiden gegeben!"
„Ich weiß", gab Tekener zu. „Aber wer hätte voraussehen können, daß die Topsider mit so brutaler Gewalt über die armen Kerle herfallen würden?"
„Kleines Zitat gefällig?" fragte die Kartanin mit einem wutenden Fauchen. „Diese Topsider müssen verrückt geworden sein - das hast du selbst schon lange vorher gesagt. Also tu nicht so, als wärst du völlig ahnungslos gewesen!"
Ronald Tekener schwieg.
Er war auf seine Art genauso dickköpfig wie Dao-Lin-H’ay. Er kannte Atlan schon seit sehr langer Zeit. Sie waren Freunde. Es widerstrebte ihm, den Arkoniden zu kritisieren. Aber tief in seinem Innern mußte er zugeben, daß die Kartanin recht hatte.
Es war ein schmutziger Trick gewesen, den Atlan sich da hatte einfallen lassen.
Ein sehr schmutziger Trick.
Wie auch immer - die Linguiden hatten auf Arkon Idarauf verzichtet, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Es waren Arkoniden gewesen, die für die Attentate verantwortlich waren.
Die bittere Erkenntnis, daß es in seinem eigenen Volk derart entschlossene Gegner der geplanten monarchistischen Regierungsform gab, hatte dem Arkoniden dann offenbar einen willkommenen Vorwand dafür geliefert, die ihm angebotene Imperatorwürde abzulehnen.
So weit, so gut.
Aber so interessant Han-Shui-P’ons Bericht auch sein mochte: Er lieferte Ronald Tekener und Dao-Lin-H’ay nicht die Information, auf die sie eigentlich gehofft hatten.
Sie waren nach Kartan gekommen, weil sie noch immer eine Spur verfolgten, die Dao-Lin-H’ay schon vor längerer Zeit aufgenommen hatte.
Damals hatte sie im Humanidrom einen kartanischen Krallenschärfer gefunden. Das hätte sie nicht weiter beunruhigt, wenn dieser Krallenschärfer nicht ausgerechnet einem Topsider aus der Tasche gefallen wäre. Der Krallenschärfer stammte aus der Produktion der Familie L’ung, und diese Familie war eine Macht im kartanischen Sternenreich ... gewesen, mußte man sagen, denn inzwischen hatten die L’ungs den größten Teil ihrer Macht eingebüßt.
Die Familie L’ung hatte in den Topsidern sehr einträgliche Handelspartner entdeckt. Der Galaktische Rat hatte ein Waffenembargo gegen die Echsenwesen verhängt - peinlich für ein Volk, das willens war, einen Krieg vom Zaun zu brechen, ohne die entsprechenden Mittel dafür zu besitzen.
Die Familie L’ung fühlte sich nicht an die Weisungen des Galaktischen Rates der Milchstraße gebunden. Die Kartanin waren bereit, in die Bresche zu springen und die Topsider gegen entsprechende Bezahlung mit einem breitgefächerten Angebot von Mordwerkzeugen aller Art zu versorgen.
Ronald Tekener und Dao-Lin-H’ay hatten diesen Handel unterbinden können, bevor ein ernsthafter Schaden entstanden war. Es war allerdings höchst zweifelhaft, ob der Machtverlust der Familie L’ung auch tatsächlich mit dem Ende dieser unerfreulichen Affäre identisch war.
Ronald Tekener war jedenfalls seither felsenfest davon überzeugt, daß auch die anderen Großen Familien auf ähnliche Weise fetten Gewinnen nachjagten. Er hatte sich von Dao-Lin-H’ay, die um den Ruf ihres Volkes bangte, dazu überreden
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