1540 - Das Drachenriff
wählte. Er hoffte nur, dass er seinen Freund John Sinclair auch erreichte…
***
Ja, Tanner hatte mich erreicht.
Ich hatte gerade meinen Morgenkaffee trinken wollen.
So saß ich am Schreibtisch, auf dem ich auch die Tasse abgestellt hatte, und hielt den Hörer ans Ohr gedrückt.
»Nein! Oder…?«
»Doch, ich bin es, John.«
»Und du hast ein Problem?«
»Ich kann es nicht leugnen.«
»Was?«
»Wirst du sehen, wenn du zu mir kommst. Ach ja, da ist noch etwas. Es geht auch um deine Freundin Purdy Prentiss.«
»Bitte?«
»Du hast richtig gehört. Im Prinzip ist sie das Problem, mit dem ich mich herumschlagen muss.«
»Was ist denn…?«
»Bitte, John, das kann ich dir alles erklären, wenn wir uns sehen.«
»Okay, ich komme. Ich trinke nur noch meinen Kaffee aus.«
»Er sei dir gegönnt.«
Danach erfuhr ich, wo mich der Chiefinspektor erwartete. Eine noble Adresse nicht weit vom Buckingham Palace entfernt, und ich erfuhr auch, wer da ums Leben gekommen war.
»Ach, dieser Emporkömmling?«
»Ja, John. Er wurde regelrecht zerfetzt. Das erkläre ich dir alles später.«
»Dann bin ich schon unterwegs.«
»Ich warte.«
Suko war noch bei Glenda im Vorzimmer gewesen. Als er unser gemeinsames Büro betrat, war ich gerade im Begriff, mich zu erheben.
Er hatte gehört, dass ich telefoniert hatte, und schaute mich verwundert an.
»Ist was passiert?«
»Ja, Tanner hat angerufen.«
»So früh?«
»Er hat wohl ein Problem mit einer Leiche.«
»Und da will er dich haben.«
»Genau. Außerdem ist Purdy Prentiss noch mit im Spiel.«
»Muss ich mit?«
Ich winkte ab.
»Nicht unbedingt. Das ist schon in Ordnung so. Er will mir etwas zeigen. Es geht um Mord und…«
»Franco Sylvester.«
»Genau.«
»Ich konnte einen. Teil deines Gesprächs mithören. Gut, John, dann bleibe ich hier und halte die Stellung. Wenn etwas sein sollte,, dann ruf mich an.«
»Geht klar.« Ich nahm die Kaffeetasse mit, die ich zur Hälfte geleert hatte. Den Rest trank ich auch noch, denn ich wollte Glenda nicht beleidigen.
Ich hätte eigentlich zu Fuß gehen können, aber das hätte zu lange gedauert. Also nahm ich den Rover und hoffte, einen Parkplatz zu finden.
Der Verkehr war nicht zu dicht, und mein Ziel lag in der Castle Lane, in der Häuser standen, die man nur mit dem Ausdruck prächtig beschreiben konnte. Wer hier wohnte, der hatte es geschafft.
Aber einer von ihnen war jetzt tot, und ich lebte noch.
Meinen Wagen konnte ich tatsächlich parken. Direkt hinter Tanners Dienstlimousine, die von einem uniformierten Fahrer bewacht wurde, der mich kannte.
»Da sind Sie ja, Sir.«
»Wieso?«
»Der Chief wartet schon voller Ungeduld. Habe vorhin noch mit ihm telefoniert.«
»Komm Zeit, kommt Rat.«
»Die Tür ist offen. Sie können hoch, in der ersten Etage wartet er auf sie.«
»Danke.«
Ich betrat ein Treppenhaus, das schon königlich war. Der Lift sah zwar alt aus, doch ich ging davon aus, dass er die modernste Technik in sich barg.
Dennoch ließ ich ihn stehen und ging über die breite Marmortreppe bis zur ersten Etage hoch, wo Tanner bereits in der offenen Tür auf mich wartete. Sein Fahrer hatte ihn angerufen, dass ich unterwegs war.
»Dann komm mal rein.«
»Und wo drückt der Schuh?«
Er lachte bitter.
»Das ist nur etwas für dich und für mich. Ich habe meine Leute weggeschickt.«
»Und was ist mit dem Toten?«
»Der ist auch nicht mehr da. Es soll alles so aussehen wie sonst, verstehst du?«
»Schon okay.«
Es war zwar nichts okay bei mir, aber Tanner erklärte mir, was passiert war. Dabei standen wir im Gang der Wohnung, und ich schnupperte mit meiner Nase den feinen Blutgeruch.
Es klang zwar etwas abenteuerlich, was ich da hörte, aber wenn Tanner sich schon an mich wandte, dann hatte er auch seine Gründe. Er war davon überzeugt, dass die Staatsanwältin die Wohnung nicht auf dem natürlichen Weg verlassen hatte.
»Und sie wurde auch nicht entführt?«
»Wo denkst du hin.«
»Dann werde ich mir den Spiegel mal anschauen.«
»Ja, das solltest du tun.«
Tanner hatte alles auf den Spiegel geschoben, und ich hatte dabei schon große Ohren bekommen, denn gerade mit Spiegeln hatte ich meine Erfahrungen sammeln können. Sie waren nicht nur Flächen, in denen man sich betrachten konnte, dahinter steckte oft etwas ganz anderes.
Manchmal waren sie Wege oder Tore in andere Zeiten und Dimensionen.
Mit diesem Phänomen hatte ich schon öfter zu tun gehabt, und das wollte ich auch hier nicht
Weitere Kostenlose Bücher