1541 - Ball der Vampire
Hörer greifen, als er es sich überlegte. Nein, noch nicht.
Erst wenn er unterwegs war. Er wollte kein Feigling sein und versuchen, Doreen allein aus der Hölle zu holen.
»Ja, und dann räume ich auf mit euch, auch wenn die Bullen dabei sein sollten!«
Yago Tremaine war ein Mensch, der einen Entschluss sofort in die Tat umsetzte. Davon ging er auch in diesem Fall nicht ab.
Er streifte nur mehr seinen Mantel über, danach verließ er das Haus…
***
Doreen Hill lag rücklings auf dem Boden. Sie spürte weder die Härte noch die Kälte. Sie sah nur den Umriss der Gestalt über sich, die ihre Zähne aus ihrer Halswunde gezogen hatte. Von den Spitzen fielen noch winzige Blutstropfen in ihr Gesicht, was ihr nichts mehr ausmachte, denn sie schwebte in einer anderen Welt.
Sie war kein Mensch mehr. Sie war blutleer. Sie hatte es mitbekommen.
Es war ein wohliges Gefühl gewesen, und nach dem Biss hatte sich der Vampir wieder zurückgezogen.
»Eine lange Nacht liegt vor dir, mein Engel. Eine besondere Nacht. Wenn du nach dem tiefen Schlaf erwachst, dann sieht alles anders aus. Dann gehörst du mir, und du wirst dich mit mir und den anderen Frauen zusammen auf den Ball freuen, der bei Einbruch der Dunkelheit beginnen wird. Zu diesem festlichen Ereignis erwarten wir einen Ehrengast, den ich dir überlassen werde…«
Sie hatte jedes Wort verstanden. Eine Reaktion zeigte sie nicht.
Doreen blieb auf dem Rücken liegen und schaute zu, wie der Schatten verschwand.
Sie war allein und fiel in den tiefen Schlaf, aus dem es für sie ein bestimmtes Erwachen geben würde, aber wenn das eintrat, war sie bereits eine Andere…
***
Auch uns machte es keinen Spaß, zu warten. Yago Tremaine hatte sich nicht gemeldet, dafür Jane Collins, die auch keine guten Nachrichten brachte.
Zwar hatte sie mit Justine Cavallo gesprochen, doch auch die blonde Bestie wusste nichts. Sie hatte von einer derartigen Gestalt noch nichts gehört. So kam es weiterhin auf Yago Tremaine an, ob er sich auch an die Abmachungen hielt.
Ich war skeptisch, denn ich hatte ihn als einen Menschen erlebt, der immer seinen eigenen Weg gegangen war und sich bis nach oben hin durchgeboxt hatte. Es konnte durchaus sein, dass er auch jetzt diesen Weg beschreiten würde. Zuzutrauen wäre es ihm.
Der Mittag war vorbei, der Nachmittag zog sich hin, aber im November dunkelte es schnell ein. Und in der Dunkelheit fanden die Blutsauger die idealen Bedingungen vor. Da konnten sie sich austoben und ihrem Blutdurst freie Bahn lassen.
»Ich hoffe ja nicht, dass er uns gelinkt hat«, sagte Suko nach einer Weil des Nachdenkens. »Das wäre in seinem eigenen Interesse. Da kann er noch so knallhart sein. Gegen Vampire zu kämpfen ist etwas ganz anderes.«
»Wem sagst du das.« Suko beugte sich über seinen Schreibtisch und mir entgegen. »Sollen wir zu ihm fahren?«
»Und dann?«
»Wir sollten ihn davon überzeugen, dass er allein nichts ausrichten kann.«
»Das weiß er doch.«
»Stimmt auch wieder.« Ich hatte das Gefühl, dass die Dinge nicht gut liefen. Die Musik spielte woanders, und wir waren nicht mal in der Lage, sie zu hören.
Und dann passierte es doch. Das Telefon läutete.
Suko war schneller und hob ab. Der Mithörlautsprecher war eingeschaltet, und wir vernahmen zunächst mal keine Stimme, sondern nur heftige Atemzüge und ein anderes Geräusch im Hintergrund.
»Mr Tremaine?«, fragte Suko. Wieder nur die Atemzüge. Suko wiederholte seine Frage. Diesmal hatten wir Glück, denn wir bekamen eine Antwort.
»Ich bin schon unterwegs!«, sagte der Mann mit hastiger Stimme.
»Wieso? Wohin?«
»Zum Ball!«
»Und?«
»Man hat mich eingeladen.«
»Wer hat Sie eingeladen?« Ein hartes Lachen erklang, danach wieder die Stimme. »Der Schweinehund, der Doreen entführt hat.«
»Haben Sie mit Ihrer Freundin gesprochen?«
»Nein, das habe ich nicht. Aber ich weiß, dass er sie hat und dass ich sie aus seinen Klauen befreien werde.«
»Nicht Sie allein!«, rief Suko in den Hörer. »Verdammt noch mal, das ist zu viel für Sie!«
»Ich bin bereits auf dem Weg.«
»Und wo findet der Ball statt?«
»Wollen Sie auch kommen?«
»Ja, verflixt. Und Sie sollten so lange warten, bis wir bei Ihnen sind, Tremaine.«
»Ich weiß nicht, ob…«
Suko unterbrach ihn mit einer schnellen Frage. »Wo fahren Sie hin?«
»Es ist am Rand von London. Ein einsames Haus. Dort findet der Ball statt.«
»Das ist keine Beschreibung, Mr Tremaine. Sie müssen schon genauer
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