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1541 - Das himmlische Stück

Titel: 1541 - Das himmlische Stück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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leuchtete grelles Licht.
    Mit einem Aufschrei ließ er den Gegenstand fallen. Das Licht verlosch dennoch nicht. Nach wie vor drang es aus der vorher durchsichtigen Fläche, die am Ende des Stabes saß. Dort, wo das Licht auftraf, erzeugte es einen runden Fleck von Helligkeit. „Ein Leuchtstab", murmelte er staunend.
    Yeshki legte seine Scheu ab und hob den Stab auf.
    Da war die kleine Erhebung, die er versehentlich berührt hatte. Sacht strich er darüber - dann etwas stärker, und das Licht erlosch so rasch, wie es aufgeflammt war.
    Der neue Protek steckte sich den Leuchtstab in den Gürtel und trat seinen Rundgang an. Eine Weile fand er Gefallen daran, die hintersten Winkel der Kaverne Xiim hell auszuleuchten; selbst dort, wohin nicht der geringste Schimmer von cholidischen Pilzen drang.
    Einen ganzen Tag lang verbrachte er damit, im Schein des Stabes über den Weltenspalt zu starren. Dorthin, wo er sein Volk gern angesiedelt hätte ... In den Bereich jenseits des leuchtenden Flusses.
    Aber der Stab reichte nicht weit genug. Yeshki erkannte Einzelheiten, erhielt jedoch keinen Gesamteindruck.
    Sein Stamm sah ihn mit völlig neuen Augen an.
    Yeshki bemerkte, wie sie von Tag zu Tag respektvoller mit ihm umgingen. Er hatte Biityghi vergessen gemacht, es hatte nicht einmal lange gedauert. Aber er gestand sich ein, daß nur sein Glück daran schuld war.
    Und was, dachte Yeshki, wenn irgendwann wirklich die Cantar kamen? Dieser fremde Stamm mußte im Besitz vieler Leuchtstäbe sein. Das ließ ihn mächtiger erscheinen als Vyynyit und Vecú zusammen.
    Zu seinen neuen Pflichten gehörte es auch, sich mit den meisten Frauen des Stammes zu paaren.
    Eine Pflicht, die Yeshki nicht ungern erfüllte ... Er war nicht das stärkste männliche Wesen des Stammes - aber er hatte sich durchgesetzt. Dieses Erbgut sollte weiterleben.
    Wenn er anderen Männern begegnete, sah er den Neid in ihren Gesichtern. Und er dachte darüber nach, ob die strenge Fortpflanzungsregel wirklich sinnvoll war. Zu einem Ergebnis kam er nicht.
    Eines Tages besichtigte er die Manufakturen, die südlich an die Legestöcke grenzten. Hier betrieben zehn Vyynyit die Schmelzöfen. Höhlenerz wurde verflüssigt, in kaltes Wasser getaucht und geschmiedet, schwarze Steinbrocken dienten zur Feuerung. Das Ergebnis waren Schwerter, Speerspitzen und Werkzeuge zur Bearbeitung von Stein.
    Noch dahinter lagen die Bereiche, in denen Beutestücke von der Oberfläche verarbeitet wurden.
    Hauptsächlich handelte es sich um Holz und getrocknete Pflanzen.
    Vier Männer flochten Fasern zu festen Seilen, eine erfahrene Frau beaufsichtigte sie dabei.
    Die Seile ...
    Yeshki stellte sich ein fünfzig Meter langes Seil vor. In seinem Geist sah er die Verbindung zwischen diesseitigem und jenseitigem Grat, einen Weg über den Weltenspalt. „Sieh, Protek!" sagte die Frau stolz. Sie hielt ihm die gesamte Tagesproduktion hin, ein etwa halb meterlanges, fransiges Stück. „Sehr gut", zirpte er geistesabwesend.
    Ihre weiteren Worte hörte Yeshki schon nicht mehr. Er drehte sich um und legte den Weg zu seinem Haus zurück, ohne einen einzigen Gruß zu erwidern. Seile.
    Aber selbst, wenn es möglich war, derart lange Stücke zu knüpfen: Wie sollte man sie auf die andere Seite bekommen und dort verankern?
    Ein Wust von Problemen tat sich auf, doch von dieser Stunde an war Yeshki sicher, daß es eine Lösung gab.
     
    *
     
    Die sonderbarste von allen Prüfungen kam völlig unvorbereitet über die Vyynyit.
    Yeshki schlief gerade, als ein Lärm wie von nahendem Wasser ihn weckte. Instinktiv klammerte er sich an seinem Lager fest; er widerstand der Versuchung, hinauszulaufen.
    Minuten später dauerte der grollende Lärm noch immer an. Aber um Wasser handelte es sich ganz gewiß nicht, dessen war er sicher.
    Vorsichtig trat Yeshki ins Freie der Kaverne. Mit ihm kamen viele andere Vyynyit zum Vorschein. Sie alle horchten auf das Grollen. „Was ist das?"
    „Bei allen Lichtgöttern! Protek!" rief eine ängstliche Stimme.
    Alle bestürmten ihn nun. Yeshki spürte, wie eine unsichtbare, eiserne Faust sich auf ihn legte.
    Und er sah, daß nahe am Weltenspalt die Blues der Reihe nach zusammenbrachen. Etwas geschah. Der Untergang ihrer Kavernenwelt stand bevor.
    Aus welchem Grund?
    Was hatten sie getan? War womöglich sein Experiment mit dem fremden Leuchtstab schuld?
    Sollte er es sein, der nach Biityghis Tod den Tod des ganzen Stammes herbeiführte?
    Yeshki spürte, daß etwas furchtbar in seinem

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