1542 - Die Würgehand
Ich trennte die Verbindung, steckte das Handy wieder weg, und genau in diesem Moment bremste Suko ab.
Ich wunderte mich darüber, denn wir standen vor keiner Ampel oder mussten in einem Stau warten. Die Straße war frei. Wir rollten durch eine Gegend mit leeren Feldern, und nur in der Ferne war ein Kirchturm zu sehen.
Warum hatte Suko gestoppt?
Ich kam nicht dazu, die Frage zu stellen, denn mein Freund und Kollege sagte nur: »Schau nach vorn, John!«
Durch das Telefonieren war ich abgelenkt worden. Aber jetzt schaute ich nach vorn, und meine Augen weiteten sich, wobei ich gleichzeitig den Kopf schüttelte.
»Das gibt es doch nicht!«
Suko lachte. »Ich wollte, du hättest recht.«
Plötzlich spürte ich wieder die kalte Haut auf dem Rücken, denn nicht weit entfernt baute sich etwas auf, das wie aus dem Nichts entstanden war.
Eine Nebelbank!
***
Das Erscheinen hatte uns zunächst die Sprache verschlagen, aber es fiel uns auf, dass diese Nebelbank nicht eben klein war. Sie hatte die Form einer Haube, und wir sahen so etwas wie ein halbrundes Dach.
Natürlich hatte sie die gesamte Straßenbreite eingenommen und noch darüber hinaus. So stand sie rechts und links auf dem Feld, und sie bildete ein wirkliches Hindernis.
»Das gilt uns«, sagte Suko.
»Ja, das schätze ich auch.«
Uns blieb zunächst nichts anderes übrig, als zu warten. Wenn wir weiterfuhren, mussten wir durch die Nebelwand, denn vorbei konnten wir nicht.
Auf dem weichen Boden des Ackers hätten wir schon einen Geländewagen haben müssen, und das war der Rover nun mal nicht.
Und so warteten wir.
Beide zogen wir unsere Waffen und legten sie in den Schoß. Ich fummelte mein Kreuz unter der Kleidung hervor, damit es offen vor meiner Brust hängen konnte.
»Glaubst du, dass es dich schützt?«, fragte Suko.
»Keine Ahnung. Ich hoffe nur, dass wir alles getan haben.«
»Nicht ganz.« Suko schnallte sich los, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Er zog die Dämonenpeitsche und schaffte es sogar, in dieser Enge den Kreis zu schlagen, sodass die Waffe einsatzbereit war.
Möglicherweise war sie sogar am wichtigsten.
Dann warteten wir und beobachteten den Nebel. Wir wollten wissen, ob die Masse wanderte, und da gab es für sie eigentlich nur den einen Weg.
Auf den Wagen und auf uns zu!
Noch stand dieser helle, dichte und auch wattig wirkende Komplex wie ein Hindernis, das sich durch nichts von der Stelle schieben ließ.
»Er kommt auf uns zu«, sagte Suko mit leiser Stimme. »Wir sollten uns auf Ärger gefasst machen.«
»Meinst du nur Ärger?«
»Ich wollte nicht so direkt sein.«
Mein Freund lächelte und fragte mich: »Siehst du unseren Freund, den Würger?«
»Nein.«
»Steckt er vielleicht im Nebel?«
»Kann sein. Dann müsste sich auch die Würgeklaue dort verbergen. Ich bin wirklich gespannt.«
Wir hätten auf die Nebelwand zufahren können. Das allerdings war uns zu riskant. So blieben wir erst mal stehen.
Suko hatte auch den Motor abgestellt.
Ich schaue in den Rückspiegel. Hinter uns tat sich nichts. Kein weiteres Fahrzeug befuhr die Strecke, und so konnte ich in dieser Hinsicht beruhigt sein.
Aber die dichte Masse näherte sich uns. Wir schienen für sie das Opfer zu sein. Sie war das Raubtier, das alles verschlingen wollte. Aber manchmal konnte man sich auch verschlucken, und wir waren nur schwer verdaulich.
Eine Konzentration auf die Masse war zwar möglich, aber nicht immer leicht. Wer länger auf sie schaute, der bekam ein Problem. Zumindest ich, denn irgendwann schmerzten mir die Augen, und ich wischte darüber hinweg.
»Keine Hand«, murmelte Suko. »Was hältst du davon, wenn einer von uns aussteigt?«
»Wozu?«
»Um den Köder zu spielen.«
»Hast du das etwa vor?«
»Ja, ich steige aus, und du deckst mir den Rücken.«
Ich nickte zustimmend.
»Kannst du machen. Aber auch ich werde den Wagen verlassen.«
»Aha, und dann?«
»Rückendeckung, wie du sagtest. Die geben wir uns dann gegenseitig.«
»Okay. Einer nimmt sich Chikaze vor und der andere die Hand. Falls sich beide im Nebel verbergen.«
Mit dem letzten Teil seiner Bemerkung lag Suko richtig, denn bisher hatten wir von ihnen noch nichts zu Gesicht bekommen. Die weiße Masse war einfach zu dicht.
Wir öffneten die Wagentüren.
Mich überkam schon ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, mich dieser Masse stellen zu müssen, auch wenn das Kreuz vor meiner Brust baumelte, das sich allerdings nicht erwärmt hatte.
Diese andere Seite war anscheinend
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