1542 - Die Würgehand
Flagstone.
Da die Kollegen noch unterwegs waren, betrat ich wieder das Haus und ging in den Wohnraum. Mrs. Flagstone saß noch immer im Sessel. Sie war wieder einigermaßen okay, denn sie konnte das Wasser trinken, das ihr Suko besorgt hatte.
Ihre äußeren Wunden würden schnell heilen. Wie das allerdings mit den inneren war, stand in den Sternen. Sie hatte ihren Mann auf eine grausame Art und Weise verloren, und sie überraschte mich mit ihrer Haltung und der Festigkeit in der Stimme, als sie mich ansprach.
Noch konnte sie nur flüstern, was jedoch nicht ihre Entschlossenheit verdeckte.
»Ich war lange genug mit meinem Mann und seinem Beruf verheiratet«, erklärte sie. »Und ich möchte - das heißt, nein, anders. Ich wusste, dass mein Mann einen gefährlichen Beruf hatte. Einige Male wurde er auch unter Polizeischutz gestellt, weil Drohungen gegen ihn ausgesprochen wurden. Er musste mit dem Gedanken leben, dass seine Feinde es immer wieder versuchen. Darüber haben wir oft genug gesprochen, sodass ich mich darauf habe einstellen können. Lange Zeit ging alles gut. Eben bis heute und da…« Sie musste etwas trinken, um wieder sprechen zu können. Zuvor schloss sie noch die Augen. »Jetzt ist Gordon tot. Dieser Würger hat sein Ziel erreicht.«
»Wissen Sie denn, ob alles normal bei diesem Prozess zugegangen ist?«, fragte ich.
»Wie meinen Sie das?«
»Nun ja, hat er vielleicht mit teuflischen oder finsteren Mächten gedroht, die ihn rächen könnten?«
Mrs. Flagstone schaute mich leicht verwundert an. »Wie meinen Sie das, Mr. Sinclair?«
»So, wie ich es sagte.«
»Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Wir haben damals oft über ihn gesprochen und wie die Dinge im Gerichtssaal abliefen. Von irgendwelchen fremden oder anderen Mächten ist dabei nie die Rede gewesen. Das müssen Sie mir glauben.«
»Sicher.«
»Es wäre auch zu unwahrscheinlich, Mr Sinclair. Dieser Würger hat bei der Verhandlung noch anderen Menschen Angst eingejagt. Das ist wohl wahr, und davon hat mein Mann auch öfter gesprochen. Allein seine Anwesenheit verbreitete Angst unter den Beteiligten.«
»Auch bei Ihrem Mann?«
»Jaaa«, dehnte sie, »auch bei ihm. Nur nicht so stark. Er gab zu, sich in seiner Nähe unwohl zu fühlen. Als schließlich das Urteil gesprochen worden war, hat der Würger es ruhig zur Kenntnis genommen, aber er hat dabei gelächelt, und das hat Gordon gewundert. So sehr, dass er sich seine Gedanken darüber gemacht hat.«
»Die er Ihnen gegenüber auch ansprach?«
»So ist es. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass dieses Urteil nicht das Ende für den Würger war. Man würde noch etwas von ihm hören, fand Gordon.« Sie senkte den Kopf. »Und wie verdammt recht er gehabt hat, haben wir ja jetzt gesehen.«
Sie hatte alles gesagt und sich damit einiges von der Seele geredet.
Jetzt konnte sie nicht mehr, senkte den Kopf, schlug die Hände vor ihr Gesicht und fing an zu weinen.
Sie stand allein auf der Welt. Sie würde in einem großen Haus leben, das mit Erinnerungen vollgestopft war, und das nur, weil es diesen verfluchten Mörder gab, der mit irgendwelchen bösen Mächten im Bunde stand, die normal nicht zu erklären waren.
Da stand uns schon eine gewaltige Aufgabe bevor, das wusste auch Suko.
Er sprach zwar nicht darüber, aber sein Gesichtsausdruck sagte eigentlich alles.
Um uns machten wir uns zunächst keine Gedanken, weil wir hörten, dass die Kollegen eintrafen. Männer von der Spurensicherung, damit alles seine Ordnung hatte.
Ich sprach mit dem Leiter, einem Mann in meinem Alter. Er hieß Smith und sah aus wie ein großer Junge, der nie erwachsen werden sollte. Als er erfuhr, wie der Staatsanwalt ums Leben gekommen war, presste er für einen Moment die Lippen zusammen.
Dann flüsterte er: »Genick gebrochen?«
»Ja.«
»Das ist nicht normal. Pistole, Messer, Gift, das kann ich hinnehmen, aber das Brechen eines Genicks ist etwas anderes. So was kommt nicht oft vor. Man muss schon ein Fachmann sein, um jemandem das Genick zu brechen.«
»Sie sagen es.«
»Und wie sieht es aus? Haben Sie einen Verdacht?«
»Ja, Kollege Smith. Aber darüber möchte ich nicht reden. Es ist ein Fall, der unsere Abteilung betrifft.«
Jetzt lächelte er und meinte: »Verstehe, denn ich weiß ja, wer Sie sind. Ich hoffe nur, dass Sie den Killer schnappen.«
»Versprochen.«
Smith konnte sich wieder seiner Arbeit widmen, die wir in guten Händen wussten, sodass es für uns eigentlich nichts mehr zu
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