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1547 - Adel vernichtet

1547 - Adel vernichtet

Titel: 1547 - Adel vernichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Geaubel lehnte sich zurück gegen die hohe Lehne des Stuhls. »Was möchten Sie dann?«
    Dinah Cameron wusste genau, was sie wollte. Und es überraschte sie selbst, dass sie diesen Wunsch auch aussprach. Zuvor schaute sie in die gespannten Gesichter ihrer Gastgeber, deren Blicke sie von drei Seiten fixierten oder belauerten.
    »Ich möchte jetzt gehen!«
    »Ach?«
    »Ja, Marquis de Geaubel. Mit einem Dessert ist das Essen so gut wie beendet. Und auf den obligatorischen Kaffee kann ich gut und gern verzichten.«
    De Geaubel gab ihr keine Antwort. Er wandte sich an seine Gattin.
    »Hast du das gehört, Uta? Sie will uns verlassen.«
    »Das habe ich.«
    »Was sagst du dazu?«
    Die Marquise schaute Dinah an.
    »Ich bin dagegen, denn ich glaube nicht, dass der Bericht unseres Gastes uns gefallen wird. Sie wird sicher sehr subjektiv schreiben, was uns nicht gefallen dürfte. Rede ich da in deinem Sinne?«
    »Natürlich, meine Liebe. Wir verstehen uns.«
    Dinah Cameron hatte jedes Wort mitbekommen. Obwohl die Sätze leicht dahingesagt worden waren, wurde sie schwer davon getroffen, denn ihr war jetzt klar, dass diese verfluchte Familie sie nicht so einfach aus dem Haus lassen würde.
    »Sie werden bleiben!«, erklärte de Geaubel.
    »Nein, das ist…«
    »Doch, meine Liebe. Es gibt keine andere Alternative. Sie werden und müssen bleiben.«
    Dinah wollte sich erheben. Sie stellte fest, dass sie es nicht schaffte. Wie angeklebt hockte sie auf ihrem Platz und merkte, dass ihr Körper von einer heißen Welle durchströmt wurde, die auch den Kopf erreichte und ihr Gesicht rötete.
    »Und warum?«
    »Oh, weil wir Sie brauchen. Ja, wir brauchen Sie. Wir haben auf eine Person wie Sie gewartet. Was glauben Sie, wie wir uns freuten, als Sie uns Ihren Besuch ankündigten. Es war wunderbar. Außerdem neigen sich unsere Nahrungsmittel dem Ende entgegen. Da müssen wir einfach etwas unternehmen.«
    Es war eine sehr indirekte Ansprache gewesen, bei der Dinah jedes Wort verstanden hatte. Sie wusste, was man mit ihr vorhatte. Aber sie weigerte sich, darüber näher nachzudenken, und schüttelte den Kopf.
    Clarence kam und räumte den Tisch ab. Die Marquise bat ihn, einen Kaffee zu kochen. Clarence nickte und stellte zwei Aschenbecher auf den Tisch. Ein Tablett mit schon geöffneten Zigarettenschachteln stellte er daneben, und der Marquis nickte seinem Gast zu.
    »Bitte, bedienen Sie sich.«
    »Danke, ich rauche nicht.«
    »Das ist schade.«
    Dinah hob die Schultern. Sie schaute zu, wie ihre Gastgeber die Glimmstängel aus der Schachtel klaubten und sie mit Streichhölzern anzündeten, die ebenfalls auf dem Tablett lagen.
    Auch der Sohn rauchte. Gesprochen wurde nicht. Man schaute Dinah nur aus drei Richtungen an.
    Der Butler erschien erneut und stellte drei gefüllte Espresso-Tassen auf den Tisch. Für die de Geaubels war der Genuss jetzt vollkommen, und je mehr Zeit verstrich, umso unwohler fühlte sich Dinah.
    Man ließ sie nicht aus den Augen. Die Blicke der de Geaubels tasteten jeden Zentimeter ihres Körpers ab, und sie konnte sich vorstellen, woran diese perverse Familie dabei dachte.
    Plötzlich kam ihr das Märchen von Hansel und Gretel in den Sinn. Es hätte für zwei Kinder ein böses Ende nehmen sollen! Es war zum Glück nicht so weit gekommen, und jetzt fragte sich die Frau, ob ihr ebenfalls ein Ausweg einfiel wie diesem Hansel.
    Aber es sah nicht so aus.
    »Sie können mich nicht hier im Haus wie eine Gefangene festhalten«, sagte sie.
    De Geaubel staunte. »Ach! Und warum nicht?«
    »Man wird mich vermissen. Ich muss wieder zurück in meine Redaktion. Ist das klar?«
    »Ja, schon,«
    »Sehen Sie. Man weiß, wo ich bin. Wenn ich nicht pünktlich erscheine, wird man nachforschen und natürlich als Erstes auf Sie kommen. Sie werden Besuch erhalten, man wird…«
    »Nichts finden!«, erklärte der Marquis.
    »Wieso?«
    »Wie ich es sagte, man wird von Ihnen nichts mehr finden. Dafür werden wir sorgen. Wir werden zudem abstreiten, dass wir wissen, wohin Sie nach dem Besuch bei uns gegangen sind. Und sollte man das Haus trotzdem später durchsuchen wollen, gibt es keine Spur mehr von Ihnen. Sie verschwinden spurlos.«
    Es war eine schreckliche Drohung, auch wenn sie sich nicht so angehört hatte. Dinah verspürte einen Druck im Kopf wie selten, und zudem erlitt sie einen Schweißausbruch. Sie fing an zu zittern, wollte aufstehen, konnte aber nicht.
    Der Marquis lächelte sie an.
    »So ist das nun mal. Wir brauchen Sie, denn Sie

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