1547 - Adel vernichtet
sich am Rand des Beckens abstützen zu können.
Dinah schloss die Augen.
Und dann kam es ihr hoch. Sie konnte es nicht mehr zurückhalten. Ihr Magen revoltierte. Sie erbrach sich und gab dabei Laute ab, die sich schrecklich anhörten.
Wie lange sie vor dem Waschbecken gestanden hatte, wusste sie nicht.
Aber sie war froh, sich festhalten zu können, denn ihr Kreislauf war völlig von der Rolle.
Nass geschwitzt, mit zittrigen Beinen und einem Gesicht, das einer Fremden zu gehören schien, stand sie auf dem Fleck und wartete ab. Ihr ging es körperlich etwas besser. Durch tiefes Ein- und Ausatmen schaffte sie es allmählich, den Kreislauf wieder etwas stabiler zu bekommen, und ihre Gedanken beschäftigten sich mit der nahen Zukunft, die alles andere als rosig aussah. Das wusste sie genau.
Aus dem Haus kam sie nicht weg. Sie war eine Gefangene der Adligen, und auch aus der Redaktion würde ihr niemand helfen können. Bei ihren Recherchen war sie stets allein unterwegs, was sich jetzt als Nachteil herausstellte.
Dinah hatte es nicht anders gewollt. Nun musste sie damit fertig werden, und sie wollte sich auch keine Gedanken darüber machen, was noch alles geschehen würde. Nur nichts ausmalen. Das konnte nur negativ enden, und so etwas brauchte sie nicht.
Da ihr Gesicht noch glühte, ließ sie kaltes Wasser in ihre Hände laufen und wusch das Gesicht. Es tat ihr gut. Handtücher, um sich abzutrocknen, lagen genug bereit, aber ein Fenster gab es in diesem Raum nicht. Da war die nächste Hoffnung flöten gegangen.
Wenn die de Geaubels etwas taten, dann richtig.
Als sie das benutzte Handtuch über den Wannenrand warf, klopfte es von außen gegen die Tür. Eine Sekunde später wurde sie geöffnet.
Mit unbewegtem Gesicht stand der Butler auf der Schwelle.
»Ich sehe, dass Sie fertig sind.«
»Ja, das bin ich. Sowohl als auch.«
»Dann kommen Sie mit!«
Dinah Cameron sah den Mann direkt an. Sie hatte kurz zuvor noch mit dem Gedanken gespielt, ihn um Hilfe zu bitten. Das ließ sie jetzt bleiben, denn ein Blick in sein Gesicht reichte ihr aus. Der stand voll und ganz auf der Seite der Adligen.
»Okay ich komme«, sagte sie mit schwacher Stimme.
Sie verließ das Bad und wurde wenig später abgeführt wie eine Gefangene.
So fühlte sich Dinah Cameron auch. Allerdings wie eine Gefangene, die schon verurteilt worden war und zur Hinrichtung geführt wurde…
***
Wie mein Freund Tanner es geschafft hatte, die retouchierten Fotos schon in den Morgenausgaben der Zeitungen abdrucken zu lassen, war mir ein Rätsel. Er hatte mich vor Dienstbeginn angerufen und mich gebeten, mir eine Zeitung zu besorgen. Nachdem die drei Bilder der Toten öffentlich gemacht worden waren, konnten wir erst mal abwarten.
Suko hatte ich auf dem Weg zum Büro aufgeklärt. Er war ziemlich entsetzt, als er die Geschichte der drei Toten erfuhr, und so sahen unsere Gesichter alles andere als fröhlich aus, als wir das Vorzimmer betraten, in dem Glenda Perkins herrschte.
»He, was ist denn mit euch los? Habt ihr gemeinsame schlechte Laune? Seid ihr sauer?«
»Nein.«
»Was dann?«
Ich nahm die Zeitung unter meinem Arm hervor und ließ sie auf Glendas Schreibtisch rutschen. Sie war so gefaltet, dass der Bericht über die Morde obenauf lag.
»Was soll ich damit?«
»Lesen.«
»Okay.« Sie griff nach der Zeitung.
Ich ging zum Kaffeeautomaten und leitete das allmorgendliche Ritual ein.
Ich füllte den Becher mit der brauen Brühe, die mir so gut mundete. Von Glenda hörte ich keinen Kommentar, deshalb folgte ich Suko in unser gemeinsames Büro.
»Da müssen wir wohl warten, John.«
»Müssen wir.« Ich schlürfte den ersten Schluck Kaffee und stellte fest, dass er mir nicht so recht schmeckte. Das lag nicht am Kaffee, sondern mehr an mir. Diese verdammten Morde waren mir auf den Magen geschlagen. Mir gingen die Bilder auch nicht mehr aus dem Sinn. Diese Menschen waren wie Abfall entsorgt worden. Zudem hatte man ihnen Schreckliches angetan.
Suko sprach mich auf das Thema an.
»Glaubst du, dass die Toten in die Hände von Kannibalen gefallen sein könnten? Das ist grauenhaft, ich weiß, aber rechnen muss man damit.«
»Keine Ahnung. Es könnte sein. Der Anblick hat mich erschüttert. Ich hoffe, dass wir herausfinden, wer die Toten sind. Da könnte es dann eine Spur zu ihren Mördern geben. Das jedenfalls schwebt mir vor.«
Suko stimmte mir zu. Er hatte nur eine Frage.
»Was ist denn, wenn sich herausstellt, dass wir außen vor sind, weil
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