1547 - Adel vernichtet
nicht.« Ihr Gesicht verlor alle Weichheit. Sie stellte sich stur.
Ich hatte nicht die Zeit, um sie lange zu überreden, deshalb holte ich meinen Ausweis hervor. Der Begriff Scotland Yard wirkte wieder mal wie ein Zauberwort.
»Sie sind Polizist?«
»Ja.«
»Das ist etwas anderes.« Sie entspannte sich wieder. »Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich suche das Haus einer adligen Familie, das der de Geaubels.«
»Ach.«
»Sie kennen sie?«
»Ja.«
»Und?«
Die Friseurin ging zur Seite und stellte sich hinter den Glastresen mit der schmalen Kasse darauf. Sie legte eine Hand auf einen Stapel Werbeflyer und schüttelte den Kopf.
»Die Adligen, oder was immer sie sein mögen, sind schon ein seltsames Volk.«
»Warum das?«
»Das will ich Ihnen sagen. Es hat nichts damit zu tun, dass sie nicht unsere Kunden sind. Aber sie sind Menschen, die nur für sich leben. Man bekommt sie kaum zu Gesicht. Und wenn man etwas von ihnen sieht, dann ist es der Butler. Auch ein komischer Kauz.«
»Wieso?«
Sie winkte ab. »Mal abgesehen von seinem Aussehen ist er recht arrogant. Aber es gibt hier in der Nähe einen Feinkostladen, in dem er des Öfteren für seine Herrschaft einkauft. Das ist nur vom Allerbesten, kann ich Ihnen sagen. Das bekommen Sie auch in der City oder in Paris. Die Typen scheinen Feinschmecker zu sein. Kein Wunder bei dem Namen. Sie sollen aus Frankreich stammen.«
»Und Sie hatten nie Kontakt mit ihnen?«
»Gott bewahre. Ich kann auf die als Kunden verzichten. Klar, ich habe sie mal gesehen, sie mich aber nicht. Die schauen an allen Menschen vorbei oder durch sie hindurch. Ein arrogantes Volk, würde ich sagen. Da sind mir unsere Adligen schon lieber, auch wenn Diana nicht mehr lebt. Sie war wirklich toll.«
»Nun ja, dafür gibt es jetzt Camilla.«
»Genau.« Mehr sagte die Frau nicht dazu.
»Eine Frage hätte ich trotzdem noch.«
»Bitte.«
»Können Sie mir sagen, wie ich zu ihnen komme? Die de Geaubels sollen ja an dieser Straße wohnen.«
»Das stimmt und stimmt auch wieder nicht.«
»Oh, das ist…«
»Ganz einfach«, sagte sie. »Wenn Sie weiter auf Childs Hill zufahren, werden Sie bald an der rechten Seite auf eine Stichstraße stoßen. Sie ist sehr schmal und nicht sehr lang. Sie führt auch leicht den Berg hinauf. In diese Straße müssen Sie einbiegen. An der linken Seite steht das Haus in Hanglage. Eine Mauer gibt es nicht. Sie können sogar heranfahren. Da führt ein Weg zwischen den Bäumen hindurch. Fast wie eine kleine Allee.«
Ich setzte mein bestes Lächeln auf. »Dann bedanke ich mich herzlich. Und sollte es mich mal wieder in Ihre Gegend hier verschlagen, werde ich gern bei Ihnen zu einem Haarschnitt vorbeikommen.«
»Das wäre nett. Schönen Abend noch.«
»Danke, Ihnen auch.«
Meine Laune war gestiegen, als ich den Laden verließ.
»Du bist ja lange weg gewesen«, begrüßte mich Suko.
»Dafür weiß ich jetzt auch Bescheid. Fahr los.«
»Und wohin?«
»Das erkläre ich dir noch. Jedenfalls sind wir auf dem richtigen Weg. Man hat mir beschrieben, wo wir anhalten müssen. Das Haus liegt zwar etwas versteckt, aber das ist kein Problem.«
»Wenn du das sagst.«
»Und wie.«
Wir rollten weiter, und ich gab acht, dass mir die Einmündung nicht entging. In dieser engen Straße war es dunkler. Die Dämmerung breitete sich immer mehr aus. Die Laternen wurden automatisch hell, und das kam uns zupass, denn im Licht einer dieser Lampen sahen wir die schmale Einmündung der Stichstraße an der rechten Seite.
»Da musst du rein, Suko.«
»Kein Problem. Soll ich durchfahren?«
Ich traf die Entscheidung innerhalb von Sekunden. Ich dachte daran, was die Friseurin mir gesagt hatte.
»Nein, ich denke nicht, dass wir bis zum Haus vorfahren. Wir suchen uns zuvor einen Parkplatz.«
Suko lenkte den Rover jetzt in den schmalen Weg.
»Was macht dich so misstrauisch?«
»Die Aussagen der Frau. Die Adligen scheinen ein seltsames Leben zu führen.«
»Als hätten sie etwas zu verbergen?«
»So ähnlich.«
Suko fuhr jetzt Schritttempo. Zudem hatte er das Scheinwerferlicht ausgeschaltet, und wir suchten gemeinsam nach einer Lücke zwischen zwei Bäumen, die groß genug war, um den Rover aufnehmen zu können.
Sie war auch bald gefunden.
Wir stiegen aus. Ohne uns zuvor abgesprochen zu haben, bewegten wir uns recht vorsichtig. Irgendwie hatte jeder im Gefühl, dass die nächste Zeit heiß werden konnte.
Wir hielten uns am linken Rand der Straße auf, schauten nach vorn und
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