1547 - Adel vernichtet
wir im Dunkeln.«
Er nickte. »Ich werde dafür sorgen, das die Ermordeten so schnell wie möglich präpariert werden. Ihre Gesichter müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ich sehe keine andere Möglichkeit, um weiterzukommen.«
»Stimmt.«
»Dabei hoffe ich, John, dass es trotzdem Ghouls gewesen sind, die das hinterlassen haben.«
»Warum?«
»Alles andere wäre grauenhaft. Das passt nicht in meine Vorstellungskraft. Du weißt, was ich damit meine?«
»Ja, der Kannibalismus.«
»Genau.« Tanner nahm den Zigarrenstummel aus dem Mund und schleuderte ihn zu Boden. Er hüpfte dort und verteilte einige Glutfunken.
Den Rest trat er aus.
Ich hatte den alten Kämpen selten so erlebt. Diese Tat hatte ihn fertiggemacht. Deshalb wollte ich ihn aufmuntern und sagte: »Wir werden es schaffen, Tanner. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen. Ich bin da Optimist.«
»Das war ich auch immer.«
»Und du solltest es bleiben.«
Er lachte scheppernd. »Du hast gut reden. Drei Tote. Tote, die halb angefressen sind und denen die Organe gestohlen wurden. So etwas können doch nur Perverse tun. Oder eben Ghouls. Du kannst ja sagen, was du willst, John, aber ich bete darum, dass es Ghouls gewesen sind, und dann ist das ein Fall für dich.«
»Okay. Wir werden sehen. Lass deine Leute arbeiten. Wenn erste Ergebnisse vorliegen, rufst du mich an. Okay?«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Ich verabschiedete mich von Tanner und ging mit schon recht schleppenden Schritten zurück zu meinem Rover.
Das hier war kein Tagesabschluss gewesen, wie ich ihn mir wünschte.
Ich gab auch zu, dass ich überfragt war, und in der folgenden Nacht schlief ich mehr als schlecht…
Ein ungutes Gefühl beschlich Dinah Cameron, als sie in das starre Gesicht des Butlers schaute, der ihr die Tür geöffnet hatte.
Der Mann zeigte nicht den geringsten Anflug eines Lächelns, schaute sie nur an und überraschte sie mit der Bemerkung: »Miss Dinah Cameron?«
»Das bin ich.«
Der Mann mit dem starren Gesicht deutete eine Verbeugung an. »Die Herrschaften erwarten Sie. Wie schön, dass Sie pünktlich sind. Treten Sie bitte ein.«
»Danke.«
Dinah quälte sich ein Lächeln ab. Sie erwartete, dass ihr ungutes Gefühl nachlassen würde, was jedoch nicht der Fall war, als sie das Haus betreten hatte, das man durchaus als ein altes Herrenhaus bezeichnen konnte.
Es gab ein großes Entree. Sie sah eine breite Treppe, die in die Höhe stieg, und ihr Blick schweifte auch über die Einrichtungsgegenstände hinweg, die allesamt als Antiquitäten gehandelt werden konnten, wozu auch ein Spiegel zählte, vor dem Dinah stehen blieb und sich in der Fläche betrachtete.
Sie sah eine schlanke Frau von dreißig Jahren in einem Pfeffer-und-Salz-Kostüm, unter dem sie ein Top in einem gebrochenen Weiß trug.
Ihre Füße und ein Teil der Beine steckten in schwarzen Stiefeln, deren Leder fast so glänzte wie der Spiegel.
Man sagte ihr nach, sie hätte ein nettes Gesicht. Nicht zu auffallend, aber recht hübsch. Das Haar trug sie kurz. Die ursprünglich blonde Farbe hatte sie dunkelrot gefärbt, was ihr sehr gefiel.
Dinah Cameron sah sich als Journalistin an. Wobei sich die gestandenen Kollegen von der normalen Presse amüsierten, wenn sie erfuhren, dass Dinah für die Zeitschrift EAT and DRINK arbeitete und oft als Testesserin unterwegs war.
Daran hatte sie sich gewöhnt. Aus vielen Kollegenworten sprach auch der Neid. Sie jedenfalls hatte sich einen Platz in der Szene erobert und war inzwischen auch von den Fachleuten, den Köchen, akzeptiert worden.
Auch eine Esszeitschrift durfte in ihrer Entwicklung nicht stagnieren, und so hatte sich die Redaktion immer wieder neue Rubriken und Serien ausgedacht. Die neue Reihe betreute sie ganz allein, und sie hatte sich auch den Titel dazu ausgedacht.
Wie isst der Adel?
Zuerst hatte man gelacht. Man wollte nicht als zu elitär gelten, doch mit großem Nachdruck hatte Dinah darauf hingewiesen, dass auch die Adligen nur Menschen waren und sicherlich Spaß am Essen und am Kochen hatten.
Man hatte ihr grünes Licht gegeben, und Dinah hatte sich in ihre Aufgabe hineingekniet. Im Anfang war es sehr schwer gewesen, die entsprechenden Personen zu einem Interview zu überreden. Doch das hatte sich gelegt, als die ersten Berichte erschienen waren. Da wussten die Adligen, dass man sie nicht diskreditieren wollte, sondern bei dem blieb, was sie auch gesagt hatten.
So war es zwangsläufig dazu gekommen, dass
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