1547 - Adel vernichtet
das klare Design des Bauhauses.
Aber die Geschmäcker waren eben verschieden.
Als die de Geaubels ihre leeren Gläser abstellten, tat Dinah es ihnen nach. Das war genau der richtige Zeitpunkt, denn von der zweiten Tür her, die mittlerweile offen stand, meldete sich der Butler mit seiner etwas blasierten Stimme.
»Ich bitte die Herrschaften, Ihre Plätze einzunehmen.«
»Na, das ist ein Wort!«, rief der Marquis und reichte seinem Gast den Arm. »Kommen Sie, ich möchte Sie gern zu Ihrem Platz führen.«
»Danke.«
Eric kümmerte sich um seine Mutter. Es ging alles sehr stilvoll zu und auch steif, was Dinah Cameron gar nicht gefiel. Aber sie sagte sich, dass sie da durchmusste, und morgen war auch noch ein Tag. Dann konnte sie darüber lachen.
Das Esszimmer war sehr geräumig. Natürlich gehörte der ovale Tisch dazu, der in der Raummitte stand. Vier Stühle warteten darauf, besetzt zu werden, und Dinah wurde an ihren Platz an der breiteren Seite geführt. Der Butler rückte ihr den Stuhl zurecht, damit sie sich setzen konnte.
Ihr gegenüber saß der Hausherr. Wenn sie an ihm vorbeischaute, fiel ihr Blick auf einen großen Schrank mit einem gläsernen Oberteil. Dahinter sah sie das kostbare Geschirr, dessen Dekor auf Frankreich hinwies.
Der Tisch war perfekt gedeckt. Wertvolles Porzellan, edles Silber als Besteck. Kristallgläser und Servietten aus feinstem Damast.
Die Journalistin wusste, was sich gehörte, und lobte die Dekoration mit den entsprechenden Worten, was besonders bei der Hausherrin gut ankam.
Es gab keine Speisekarte, worüber sich Dinah ein wenig wunderte. Es schien, als wären ihre Gedanken erraten worden, denn der Marquis sagte mit leiser Stimme: »Es soll ein Menne Surprise werden, meine Liebe. Und wir haben Zeit genug, es zu genießen. Ich habe gesehen, dass sie mit einem Taxi gekommen sind, was ich sehr begrüße, denn die Weine, die wir kredenzen, sind ebenfalls nicht zu verachten.«
»Das hatte ich bei Ihnen vorausgesetzt.«
Der Butler brachte das erste Getränk. Ein stilles Wasser, das aus Frankreich stammte und in den entsprechenden Feinkostgeschäften sehr teuer verkauft wurde.
Es wurde eingeschenkt, aber noch nicht getrunken, denn der Butler brachte sehr schnell den ersten Wein. Es war ein leichter Riesling aus dem Elsass mit wenig Säure, wie der Hausherr extra betonte und dabei sein Glas anhob.
Noch einmal hieß er den Gast willkommen, dann wurde getrunken, und Dinah musste zugeben, dass es schon ein edler Tropfen war, der tatsächlich nicht viel Säure hatte.
Perfekt war auch der Butler. Er servierte den kleinen Gruß aus der Küche, wie er betonte. Es war ein Hummersalat mit einer feinen Currysauce gewürzt.
Der Marquis wünschte allseits einen guten Appetit, und man griff nach den äußeren Bestecken.
Brot stand ebenfalls auf dem Tisch. Die Scheiben lagen in einer Silberschale, und Dinah hätte eigentlich entspannt und zufrieden sein können.
Sie war es komischerweise nicht.
Verdammt, was ist nur los mit mir?, fragte sie sich. Es ist alles okay, und trotzdem…
Sie schob ihre Gedanken beiseite. Dafür schielte sie während des Essens in die Höhe, und sie stellte fest, dass die adlige Familie sie beobachtete. Nicht offen, sondern mehr heimlich, und sie entdeckte auch das Zucken um die Mundwinkel der drei de Geaubels. War das normal?
Eine Antwort wusste sie nicht. Der Hummersalat jedenfalls war köstlich.
Wenn es auf dieser Ebene so weiterging, konnte sie sehr zufrieden sein.
Sie aß den fünfeckigen Teller leer und tupfte ihre Lippen mit der Serviette ab.
»Ich sehe«, sagte der Marquis, »dass es Ihnen schon gemundet hat. Oder irre ich mich?«
»Nein, Monsieur de Geaubel. Sie irren sich nicht. Es ist wirklich köstlich gewesen.«
»Das freut dann auch die Köchin.« Er hob sein Glas. »Trinken wir zum ersten Mal auf dich, liebe Uta.«
Die Marquise gab sich verlegen. »Bitte, nicht solche Umstände. Es ist keine Kunst gewesen.«
»Auch die Sauce nicht?«, fragte Dinah.
»Nein, wenn man weiß, wie es geht. Sie entstammt einem Geheimrezept, das ich von meiner Großmutter bekommen habe. Sie war eine hervorragende Köchin.«
»Dann trinken wir auf sie«, schlug Dinah vor.
»Eine gute Idee«, bestätigte der Marquis, und sie genossen erneut den Wein.
Die Journalistin drehte ihre Augen nach rechts, um Eric de Geaubel anzusehen. Der junge Mann machte einen verkniffenen und zugleich desinteressierten Eindruck, als würde ihn das Essen überhaupt nicht gefallen.
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