1547 - Sabotage auf Terra
als die Waffe zu Boden fiel.
Vor Myles’ Augen wurde es dunkel, und als er wieder zu sich kam, stellte er fest, daß er auf seinem Bett lag und fast sechs Stunden geschlafen hatte. Alles kam ihm wie ein böser Traum vor, doch die Spiegelwand existierte noch immer, und mitten im Zimmer lag die Waffe auf dem Fußboden.
Angeekelt betrachtete er sie. Eisiger Schreck durchzuckte ihn, als ihm bewußt wurde, was er eigentlich getan hatte. Niemand hatte ihm die Garantie gegeben, daß die auf Xamandor leergeschossene Waffe noch immer leer war und die leeren Hülsen in der Trommel nicht durch einen heimtückischen Mechanismus wieder nachgeladen worden waren. Er hatte sich nicht vergewissert. Die Waffe hatte ihn in ihren unheilvollen Bann geschlagen, und er war ihm vollständig erlegen.
Trage dieses Ding nie mehr am Körper und fasse es nur für kurze Augenblicke an, redete er sich ein. Seine Ausstrahlung ist noch immer lebensgefährlich.
Er setzte sich auf die Bettkante und fuhr sich über die Augen. Die Untersuchungen an der Waffe mußten fortgeführt werden, und er saß hier im Bungalow und träumte vor sich hin. Er behinderte den Ablauf des gesamten Projekts.
Hastig sprang er auf und aktivierte sein Komgerät. Er ließ eine Verbindung mit dem Waringer-Building herstellen und gab seinen Kode ein. Er kommunizierte mit dem zentralen Steuersyntron und ließ sich die Werte der einzelnen Programme durchgeben.
Es war, als schlüge ihm jemand mit einem Schaufelblatt direkt vor die Stirn.
Ein Teil der Programme existierte nicht mehr. Jemand hatte in die syntronischen Abläufe gepfuscht und die Arbeit von gut sechzig Stunden zunichte gemacht. Und es betraf vor allem die Programme zur Findung der Wanderer-Bahn.
Myles wollte Alarm auslösen, aber dann entschied er sich dagegen. Er unterbrach die Verbindung und kehrte zum Bett zurück. „Es kann nicht sein!" stammelte er. „Das gibt es einfach nicht!"
Die Probleme mit der unheilvollen Ausstrahlung des Peacemakers waren vergessen. Seine Gedanken fixierten sich auf ein einziges Element.
Die Versuchsanlagen waren hermetisch abgeschirmt, alle Syntrons durch Kode gesichert.
Nur neun Personen verfügten über eine Zugriffsberechtigung. Nicht einmal von Luna aus konnte ein wie auch immer geartetes Wesen über NATHAN in den Ablauf eingreifen.
Folglich befand sich in seinem Team ein Saboteur.
Der Gedanke trieb Myles Kantor an den Rand einer Ohnmacht.
*
Diesmal wählte er den Weg zwischen den Behältern der Aufbereitungsanlage hindurch. Auf einem vom keimfreien Gelände abgeschirmten Steg schritt er unter den wachsamen Augen vieler Mikrosonden entlang bis hinüber zu dem Park, der sich an den Steg anschloß. Es war auffallend ruhig in diesem Bereich der Stadt, kein einziger Gleiter flog über die Anlagen. Es handelte sich sozusagen um eine Fußgängerzone, in der es keine Boden- und Luftfahrzeuge gab. Wenn Lasten oder Personen befördert wurden, dann geschah es mit Hilfe von Transmittern.
Ein Laubengang aus zwei Reihen ineinander verflochtener Hibiskusbüsche erwartete ihn. Er schritt durch den Tunnel mit seinem betörenden Duft, und seine Gedanken schweiften ab. Er merkte, daß er in romantische Schwelgereien abrutschte, hustete kurz und riß sich zusammen. Mit ausholenden Schritten durchquerte er den Laubengang und die Parkwege und näherte sich dem Bezirk von hinten. Die Gebäude ragten hoch vor ihm auf, und zwischen den blinkenden Fassadenverkleidungen entdeckte er einsam und winzig das grüne Licht, das auf die Passage hinwies. Er steuerte auf sie zu, nahm eines der Gleitbänder hinab in die Tiefe und erreichte das vierte Kellergeschoß mit den Dienstleistungsbetrieben. Er entschied sich für die Fußgängerspur, sprang vom Band und stürzte sich in das Labyrinth aus Korridoren und bogenförmigen Gängen, die um das Zentrum mit den Liftanlagen herumführten. Diesmal mußte er an den glitzernden Schaufenstern der Lebensmittelabteilung vorbei und starrte durch die halbtransparenten Scheiben hinein. Er sah sie nirgends, also erwartete sie ihn bereits.
Die Tür stand einen Spalt offen, als er sie erreichte, und er schob sie von Hand zur Seite und trat ein. Licht flammte auf, und die Tür glitt automatisch zu. „Keine Angst", vernahm er eine dunkle Stimme. „Es sind keine Beobachtungsanlagen eingeschaltet!"
Eine Gestalt trat aus einer Nische und steckte die winzige Strahlenpistole ein, die sie in der Hand gehalten hatte. „Peterez!" murmelte der Mann verwirrt.
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