1548 - Höllensturz
uns beide entführten. Ich kam wieder zurück, und ich habe noch immer die Hoffnung, dass mit uns das Gleiche passiert.«
So dachte ich auch. Wenn ich mich allerdings umschaute, dann sah es nicht danach aus. Es gab in Sichtweite kein Haus, keine Siedlung, nur diese hügelige Umgebung, die einzig und allein aus Sand bestand, der nicht eben fest war. Nach einem heftigen Sturm würde die Umgebung sicherlich schon wieder anders aussehen.
Kathy Hamilton war relativ gefasst. »Und was sollen wir jetzt unternehmen?«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich hatte mich eher darauf verlassen, dass Sie es wissen, da Sie diese Entführung schon mal erlebt haben.«
Sie atmete tief ein und schaute ins Leere. »Auch wenn es lächerlich klingt, ich kann Ihnen nicht helfen, weil ich mich einfach nicht mehr erinnern kann. Sorry.«
»Dann können wir nur hoffen, dass die Erinnerung wieder zurückkehrt.«
»Das weiß ich nicht.«
»Und Sie wissen auch nicht mehr, wie es zu diesem seltsamen Verhalten kam, das Sie auf dem Dach an den Tag gelegt haben?«
»Tut mir leid. Das kann ich wirklich nicht erklären. Ich erinnere mich nur, dass ich es tun musste, und ich weiß, dass ich es nicht freiwillig getan habe.«
»Wieso nicht?«
»Ich habe einem Befehl folgen müssen. Einem fremden Befehl, der plötzlich in meinem Kopf war. Ich hatte plötzlich Kontakt zu jemandem, aber ich weiß nicht, mit wem. Das Fremde war so fern und trotzdem so nah.« Sie hob die Schultern. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, Mr Sinclair. Dann verlosch alles in mir. Ich weiß auch nicht, wer die dunkle Gestalt gewesen ist, die uns geholt hat.«
»Okay, dann belassen wir es dabei.«
Sie schaute in die Runde. Abgesehen von uns gab es nichts, was lebte.
Wir befanden uns in einem absolut toten Gebiet, ohne Pflanzen, Tiere und auch ohne Wasser.
»Sie denken darüber nach, was wir jetzt unternehmen könnten, nicht wahr?«, fragte sie.
»Ja.«
»Das tue ich auch, Mr Sinclair. Mich hat man wieder zurückgebracht. Ich bin praktisch erst erwacht, als ich wieder in meiner Wohnung stand. Alles, was dazwischen lag, habe ich vergessen. Vielleicht ergeht es uns hier genauso.«
»Das denke ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht glaube, dass sich die Dinge wiederholen. Es geschieht nichts ohne Grund auf der Welt.«
»Gut.« Sie reckte sich. Dann lachte sie. Als ich sie verwundert anschaute, hörte sie auf und schüttelte den Kopf.
»Es ist schon komisch, Mr Sinclair, aber warum habe ich keine Angst und bin einfach nur neugierig? Dabei ist die andere Seite bestimmt nicht unser Freund.«
Ich nickte. »Auch mir ergeht es so. Trotzdem müssen wir versuchen, etwas zu unternehmen.«
»Wir, Mr Sinclair? Das glaube ich nicht. Nein, wir können nichts tun, das müssen wir wohl anderen Kräften überlassen.«
»Da könnten Sie recht haben, Kathy. Ach ja, und nennen Sie mich bitte John.«
»Danke.«
Ich lächelte ihr zu und streichelte ihre linke Wange. Wir waren zwei Menschen, die auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen waren und die auch die Nerven behalten mussten und auf keinen Fall durchdrehen durften.
Dass dies bei Kathy nicht geschah, davon ging ich aus.
Ich war, das kennt man, stolz auf mein Bauchgefühl. Manche sprechen da von einem siebten Sinn, doch so weit wollte ich nicht gehen. Ich beließ es beim Bauchgefühl oder bei übersensibilisierten Sinnen, die mich bisher noch nie im Stich gelassen hatten.
Dass sich um uns herum etwas tat, bemerkte ich schon.
Ich fühlte mich leicht unwohl.
Bisher hatte ich mich ruhig verhalten. Damit war es jetzt vorbei. Zwar verließ ich den Ort nicht, an dem ich stand, aber ich bewegte meinen Kopf, denn ich hatte etwas gespürt. Über meine Haut strich ein warmer Wind, der zuvor nicht da gewesen war. Dabei hatte sich am Himmel nichts verändert.
Ich drehte meinen Kopf und senkte dabei den Blick. Beim ersten Hinschauen sah ich nichts, beim zweiten schon mehr, und es lief mir ein leichter Schauer über den Rücken.
Ich sah die Veränderung.
Der Sand bewegte sich an der Oberfläche. Zwar nur leicht, aber es war keine Täuschung. Der Wind hatte die obere Schicht in Bewegung gesetzt, sodass es fast aussah, als würde Wasser fließen, und das geschah auch nicht lautlos, denn es gab die leisen Geräusche, die in der tiefen Stille, die uns umgab, deutlich zu hören waren.
Auch Kathy hatte sie vernommen. Sie schaute mich an und flüsterte:
»Was ist das?«
Ich deutete zu Boden, und sie folgte meinem Blick. Lange
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