155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
Keane jetzt nicht endlich mit ihr kam.
„Bitte, Keane, ich flehe dich an, lass uns gehen. Vertrau einfach drauf, Geliebter, dass ich so etwas niemals von dir verlangen würde, wenn ich nicht einen unschlagbar guten Grund dafür hätte.“
Noch einmal zögerte er, doch dann trat er endlich durch die Tür ins Freie. Es wurden keine Abschiedsworte mit Lord und Lady Cranmer gewechselt, die mit versteinert wirkenden Mienen zusahen, wie Keane Briana in die Kutsche half. Er gönnte den Cranmers keinen Blick mehr, sondern sagte nur: „Fahr los, Vinson.“
Die Kutsche rumpelte, flankiert von Soldaten, den langen gewundenen Weg über das Greyhall-Anwesen bis zu dem großen eisernen Portal. Die Eskorte hatte an diesem Punkt ihre Aufgabe erfüllt und blieb zurück, als sich die Kutsche auf der Straße nach London befand.
Keane lehnte sich ein wenig vor und sah Mistress Malloy aufmerksam an. „Was ist los, Ihr seht aus, als wolltet ihr gleich umfallen. Hat Alana Euch so sehr beansprucht?“
Die Haushälterin war außer Stande, auch nur einen einzigen vernünftigen Satz herauszubringen. Ihre Unterlippe zitterte unkontrolliert, und sie hatte allergrößte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
Keane lehnte sich zurück in die Polster und ballte die Hände zu Fäusten. „Was war ich nur für ein Dummkopf! Wie konnte ich bloß so kurz vor dem Ziel aufgeben? All der Aufwand und die Mühe für … nichts!“
„Nichts?“, wiederholte Briana, und ihre Stimme klang hell und klar vor Freude. Sie versagte es sich jedoch, zumindest für den Moment, laut zu lachen. Stattdessen sagte sie zu Mistress Malloy: „Ich glaube, es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Keane seine Überraschung zu überreichen!“
„Es war für mich eine gleichermaßen große Überraschung, Mylord“, erklärte Mistress Malloy. Allmählich schien sie sich gefangen zu haben. „Unser Mädchen hier hat niemandem etwas von dem waghalsigen Plan erzählt.“
„Ja, aber nur, weil ich wusste, dass du alles verdorben hättest, indem du in Ohnmacht fällst“, versetzte Briana. „Und wie sich die Dinge dann entwickelten, hatte ich berechtigte Angst, dass unser kleines Geheimnis zu früh entdeckt werden würde.“
„Welches Geheimnis? Was ist hier eigentlich los?“,wollte Keane ungehalten wissen.
Mistress Malloy reichte ihm das in den Schal gewickelte Paket. Keane erstarrte, als er die Schalenden auseinanderschlug und geradewegs in das zarte Kindergesicht schaute. „Aber … Wie ist das möglich?“, stotterte er. „Wie habt ihr … Briana …?“
Doch diese schüttelte den Kopf. „Alles zu seiner Zeit, Liebster. Im Moment ist es, wie ich glaube, am wichtigsten, Vinson klarzumachen, dass er uns so schnell wie nur irgend möglich zu den Docks bringt, damit wir noch heute ein Schiff besteigen können, das uns nach Irland bringt. Ich vermute, dass die Cranmers inzwischen entdeckt haben, dass Alana verschwunden ist. Sie werden uns eine ganze Armee auf den Hals hetzen.“
20. KAPITEL
„Unserem Herrgott sei Dank, wir haben endlich wieder irischen Boden unter den Füßen.“ Mistress Malloy wäre auf die Knie gefallen und hätte die Erde geküsst, wenn sie sich nicht so unendlich schwach gefühlt hätte.
Die Überfahrt war wie ein Albtraum gewesen, angefüllt mit Ängsten und schlimmsten Befürchtungen. Während der ganzen Nacht, in der ihr Schiff gegen stürmische Winde und hohe Wellen anzukämpfen hatte, war ihnen ein Schiff gefolgt. Zwar blieb es die ganze Nacht hindurch in großer Entfernung zu ihnen, doch ihnen war klar gewesen, dass es sich um ein Schiff handelte, dass die Cranmers zu ihrer Verfolgung losgeschickt hatten.
„Wir müssen auf dem schnellsten Wege nach Carrick“, erklärte Keane halblaut, während er und Briana in die in Dublin wartende Kutsche stiegen.
„Nein, Liebster.“ Briana legte ihm eine Hand auf den Arm. „Das ist doch der erste Ort, an dem Lord und Lady Cranmer nach uns werden suchen lassen. Ich kenne einen Ort, an dem uns niemand vermuten würde und an dem wir sicher aufgehoben sind, solange wir wollen.“
„Dein Zuhause?“ Keane runzelte die Stirn.
Briana nickte. „Ja.“ Und ihre Stimme wurde sehr weich, als sie das Zauberwort aussprach: „Ballinarin.“
Briana warf einen prüfenden Blick auf Mistress Malloy und war beruhigt, als sie sah, dass die alte Frau, wohl durch das gleichmäßige Schaukeln des Wagens, eingeschlafen war. Ihr gegenüber saß Vinson; auch er hatte der Müdigkeit nicht mehr standhalten
Weitere Kostenlose Bücher