155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
…“
„Ja, das ist eine sehr gute Idee.“ Doch tief im Innern wusste Mistress Malloy natürlich, dass es so gut wie unmöglich war, Brianas Schönheit zu verbergen. Das wollte zwar auch niemand, doch sie alle in Carrick House hatten die moralische Pflicht, Briana vor dem Verlust ihrer Unschuld zu bewahren. Wenn man den offensichtlichen Appetit des gnädigen Herrn ernst nahm, so trieben die Bediensteten ein äußerst riskantes Spiel, noch dazu mit einem unschuldigen Mädchen, das absolut nichts von den Absichten der Menschen rundum ahnte.
„So, sieht das nun besser aus?“, wollte Cora wissen. Sie hatte Briana einen weichen, zarten Schal von der Farbe Elfenbeins um die Schultern gelegt.
„Ja, ein wenig.“ Mistress Malloy beäugte das junge Mädchen kritisch. Trotz der immer noch viel zu kurzen Haare bot Briana einen bezaubernden, nahezu atemberaubenden Anblick.
In diesem Moment klopfte es an der Tür, und gleich darauf trat Vinson ein. „Ich bin hier, um die Lady Briana nach unten zum Essen zu geleiten. Seine Lordschaft wartet bereits.“
Leichtfüßig durchquerte Briana den Raum, wobei drei Augenpaare sie unablässig beobachteten. Vinson räusperte sich und sagte: „Ihr seht … einfach wunderbar aus, junge Dame.“
„Danke, Vinson.“ Briana schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und nahm dankbar den Arm des Butlers.
Während er sie die Treppe hinuntergeleitete, fiel ihm auf, dass sich Briana so gut wie gar nicht mehr bei ihm abstützte. Nur für einen winzigen Augenblick erlaubte er sich ein Gefühl des Bedauerns darüber. Das Mädchen würde ihm sehr fehlen!
„Wie geht es Keane?“, erkundigte sie sich. „Hat er mit dir über seine Geschäfte gesprochen? Ist er froh, wieder zu Hause zu sein?“
„Es ist alles so, wie Ihr vermutet, Lady Briana. Lord Alcott geht es gut. Allerdings hat er bisher nur wenig über seine Reise erzählt. Ich bin sicher, er wird sich gesprächiger zeigen, wenn Ihr mit ihm allein seid. Auf jeden Fall machte er auf mich den Eindruck eines Mannes, der glücklich ist, wieder zu Hause zu sein.“
Sie tanzte beinahe neben ihm her. Es war vollkommen klar für den Butler, dass sich die junge Dame sehr auf den Abend freute und sehr aufgeregt war. „Hast du ihm erzählt, dass ich schon viel kräftiger bin als bei seiner Abreise?“, wollte sie wissen.
„Ja, ich habe es ihm erzählt. Und er antwortete, dass er sich davon ja schon bald selber ein Bild machen könne.“
„Glaubst du, er wird mir einen Ausritt erlauben?“, fragte Briana, jetzt doch ein wenig bang.
„Ich wüsste nicht, warum er die Erlaubnis verweigern sollte. Aber Ihr müsst Geduld haben, Mädchen.“
„Geduld!“ Briana schürzte unwillig die Lippen. „Das höre ich schon seit Jahren.“
Sie hatten die Bibliothek erreicht, und nachdem Vinson angeklopft und die Tür geöffnet hatte, verkündete er: „Mylord, Miss O’Neil ist hier.“
Keane stand von seinem Schreibtischstuhl auf und kam um den Tisch herum. Mit ihren wie ein Helm den Kopf umgebenden rötlichen Locken, den zart geröteten Wangen und den leuchtenden Augen kam ihm Briana wie eine Vision vor, als sie eintrat.
„Willkommen daheim, Keane!“ Erfüllt von ehrlicher Freude trat sie rasch näher und streckte dem Hausherrn beide Hände zur Begrüßung entgegen.
„Danke.“ Die Wirkung bei der Berührung traf ihn unvorbereitet. Er hatte für einen Moment vergessen, welchen Effekt sie auf ihn hatte. Doch statt sie sofort loszulassen, hielt er ihre Hände fest in seinen und starrte sie einen Moment lang bewundernd an. „Nun schau sich einer dieses bildhübsche Wesen an“, rief er schließlich aus. „Ihr seht aus wie …“ Wie ein Engel, wollte er sagen, hielt die Worte dann aber doch zurück. Vielmehr vollendete er seinen Satz mit: „… als ob Eure Genesung erfreulich schnell voranschreitet.“
„Oh ja, ich fühle mich schon wieder sehr kräftig.“ Ein betörendes Lächeln unterstrich die ohnehin überzeugend dargebrachte Äußerung. Keane war wie verzaubert.
„Mylord, darf ich jetzt den Wein kredenzen?“, ließ sich Vinson vernehmen, und zu seinem Leidwesen musste Keane nun Brianas Hände loslassen, um von dem Butler die gefüllten Kristallbecher entgegenzunehmen. Einen davon reichte er Briana und schlug vor: „Wollen wir uns an den Kamin setzen?“
„Ja, gern.“ Briana ging zum Kamin hinüber und nahm auf dem Sessel Platz, den Keane für sie zurechtrückte, und nippte an ihrem Wein.
Keane hatte ebenfalls bemerkt, dass Brianas
Weitere Kostenlose Bücher