155 - Der Teufelsrocker
Pub-Besitzerin Lindsay Wells war auf grausame Weise ermordet worden, und Stack sah sich außerstande, diesen Mord aufzuklären. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, daß hier Tucker Peckinpah seine Hand im Spiel gehabt hatte.
Bestimmt hatte mein Partner dem Inspektor nahegelegt, einen Spezialisten hinzuzuziehen.
Stack schob sich einen Inhalationsstift in das linke Nasenloch und hielt das rechte mit dem Daumen zu. Dann holte er tief Luft. Anschließend führte er den Stift ins rechte Nasenloch ein.
Das Schlafzimmer war voller Leute, und Lindsay Wells lag auf dem Bett. Ich hatte schon vieles gesehen, aber bei ihrem Anblick krampfte sich mein Magen schmerzhaft zusammen.
»Warum deckt sie denn niemand zu?« fragte ich wütend.
»Weil der Fotograf noch ein paar Aufnahmen machen muß«, antwortete der Inspektor.
Ich holte tief Luft und bemühte mich, nicht auf die Tote zu sehen.
»Wenn Sie von der Presse sind, können Sie gleich wieder gehen«, sagte Stack unfreundlich. »Ich gebe dazu keine Stellungnahme ab.«
»Ich bin Tony Ballard«, gab ich zurück.
William Stack nickte. »Dann sind Sie willkommen.« Er kam zu mir und reichte mir die Hand, war ein Mann mit offenem Blick und kräftigem Händedruck. Das vorspringende Kinn ließ darauf schließen, daß er sehr energisch sein konnte. »Kommen Sie, wir gehen ins Wohnzimmer.«
Auf einer Anrichte stand ein Farbfoto im Silberrahmen. Es zeigte Lindsay Wells mit einem Mann. Sie strahlte vor Glück.
»Wer ist der Mann?« fragte ich.
»Professor Paul Robinson, ihr Freund. Wohnt in der Dover Street. Wir haben ihn verständigt.«
Wir setzten uns. Stack bot mir eine Zigarette an. Ich schüttelte den Kopf. »Nichtraucher«, sagte ich.
»Ich gewöhne es mir zum zwanzigstenmal ab. Alle zwei Stunden ein Stäbchen. Morgen alle drei Stunden, übermorgen alle vier Stunden… und so weiter - bis ich so nervös bin, daß ich mich selbst nicht mehr ausstehen kann und wieder voll rauche. Es ist ein Laster, von dem ich nicht loskomme. Ich wollte, ich hätte meine erste Zigarette nie geraucht.«
Stack zündete sein Stäbchen an und nahm einen kräftigen Zug. Mit der Zigarette Richtung Schlafzimmer zeigend, sagte er: »Wenn ich so etwas sehe, brauche ich einfach einen Glimmstengel, an dem ich mich festhalten kann, damit ich nicht in die Knie gehe.«
»Niemand ist so hart, daß ihm das nichts ausmacht«, erwiderte ich.
»Wissen Sie, wer’s getan hat? Ein Monster war’s. Ein Kerl mit leuchtenden Augen und Krebszangen statt Händen.«
»Das erwähnten Sie bereits am Telefon«, sagte ich. »Woher haben Sie es?«
»Der Mord wurde etwa um 0.30 Uhr verübt. Entdeckt wurde die Leiche aber erst heute morgen von der Reinemachfrau. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen nachher Namen und Adresse…«
»War das Monster so lange in der Wohnung, daß es die Frau noch gesehen hat?« fragte ich.
Der Inspektor schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Ballard. Den Täter hat Carl Bloom, der Nachbar, gesehen, in der Nacht, kurz nach der Tat.«
»Warum hat er nicht sofort die Polizei angerufen?«
»Er dachte, man würde ihm nicht glauben.«
Mir fiel ein, was mir Zoltan Lupino erzählt hatte. Der Bobby hatte ihm seine Horrorstory auch nicht abgekauft, »Außerdem hatte Carl Bloom gestern ein paar Gläschen intus, so daß er annahm, nicht richtig zu sehen«, sagte der Inspektor. »Kommt ja auch nicht alle Tage vor, daß man ein Ungeheuer sieht. Wir stießen zufällig auf ihn. Als wir ihm die Routinefrage stellten, ob er heute nacht nebenan etwas gehört habe, wurde er kreideweiß.«
Laute Stimmen an der Wohnungstür - und dann erschien Paul Robinson -aufgeregt, verstört. »Wo ist sie? Ich muß sie sehen!«
Inspektor Stack begab sich zu ihm. »Vielleicht sollten Sie sich den Anblick ersparen, Professor.«
»Bitte«, sagte Robinson heiser.
»Na schön.«
Stack begleitete ihn ins Schlafzimmer. Als ich Robinson wiedersah, schien er um zehn Jahre gealtert zu sein. Ich stand auf und nannte dem Wankenden meinen Namen. Ich sah, daß er einen Drink brauchte, füllte an der Hausbar ein Glas und drückte es ihm wortlos in die Hand. Er trank sofort.
Der Inspektor forderte ihn auf, Platz zu nehmen. »Wer hat das getan?« fragte Robinson tonlos, »Das wissen wir noch nicht«, antwortete William Stack.
»Wir werden alles tun, um den Täter zu erwischen, Professor«, sagte ich.
Robinson seufzte schwer. »Ich kann es einfach nicht fassen, daß Lindsay nicht mehr lebt. Ich habe sie geliebt.«
»Wann haben Sie
Weitere Kostenlose Bücher