155 - Kriminalfall Kaprun
Heizlüfters, Anmerkung) für Versuchszwecke.« Wenn dem so ist, müsste den KTZ -Ermittlern doch aufgefallen sein, dass im Zug ein Haushaltsheizlüfter verbaut worden ist, der laut Produktbeschreibung, die er inzwischen gelesen hat, für Bad oder WC gedacht ist. Doch kein Wort davon steht in ihrem Bericht. Auch dafür hat er keine Erklärung.
Muhr schüttelt den Kopf und spricht in sein Diktiergerät: »Ein Haushaltsheizlüfter in einem Massentransportmittel, das müsste den Ermittlern der KTZ eigentlich eine Erwähnung wert sein.« Er hat auch kein Wort darüber gefunden, dass der Heizlüfter zerlegt und an einer Pultwand wieder verschraubt wurde.
Verpackung des im Zug eingebauten Heizlüfters: »für Bad/ WC und Wohnraum«
Muhr kontaktiert die Herstellerfirma des Heizlüfters, die Firma Fakir nahe Stuttgart, und fährt am 17. April nach Baden-Württemberg, um selbst einen Vergleichsheizlüfter zu kaufen und jene technischen Informationen einzuholen, die ihm die KTZ -Beamten vorenthalten haben. Mit einem Fakir-Mitarbeiter packt er einen Hobby- TLB -Heizlüfter aus, genau so einen, wie er in den Zügen verbaut war. »Der ist nur für den stationären Gebrauch konzipiert, oder?«, fragt Muhr.
»Ja, das steht auch groß auf der Verpackung: Nur für Bad, WC und Wohnraum.«
»Wie kommt so ein Heizlüfter in eine Standseilbahn?«
»Da fragen Sie den Falschen. Schauen Sie, die Gebrauchsanleitung, hier steht es schwarz auf weiß: ›Gerät darf nicht in Fahrzeuge eingebaut und dort betrieben werden.‹ Das ist eben ein Haushaltsheizlüfter, damit den Kindern im Bad nicht kalt wird oder der Oma auf dem Klo nicht friert.«
»Danke«, sagt Muhr, »damit ist die Sachlage ja wohl klar.«
Kapitel 21
Am Abend des 11. November 2000 sitzt Heinz Kicherer pünktlich um 20 Uhr vor seinem Fernsehgerät und sieht sich die Tagesschau an. Er erfährt von der Brandkatastrophe im österreichischen Kaprun und den vielen Toten. Der Bericht erschüttert ihn wie alle anderen, die in diesen Tagen aus den Medien von der Katastrophe erfahren, aber er ahnt noch nicht, welche Tragweite sie für ihn und seine Firma haben wird. Am nächsten Tag erscheinen Sonderberichte auf allen Fernsehkanälen und am Montag berichten die Zeitungen großflächig über die Katastrophe. Bilder und Interviews bringen das Geschehen hautnah auch nach Schwaben, in die Welt der Familie Kicherer und ihrer Mitarbeiter.
Kurz nach der Brandkatastrophe in Kaprun tauchen Mitarbeiter der KTZ aus Wien im Vaihinger Werk auf und bitten um Gerätebeschreibungen und Informationen zum »Hobby TLB «. Bereitwillig geben die Mitarbeiter Auskunft und übergeben das angeforderte Material. Heinz Kicherer und seine Mitarbeiter erfahren so, dass ein Fakir-Heizlüfter den Brand in der Gletscherbahn ausgelöst haben soll. Später erscheint der Gerichtsgutachter Anton Muhr, der erstaunt ist, dass bereits KTZ -Beamte vor ihm da waren, und der die gleichen Fragen stellt und ebenfalls mit allen vorhandenen Informationen ausgestattet wird. Die Ingenieure der Firma befragen Anton Muhr nach Hintergründen über die Brandentstehung und erfahren so, dass der Hobby TLB zerlegt und in eine Zwischenwand, direkt neben Hydraulikölleitungen, eingebaut wurde. Sie weisen Anton Muhr auf die Verpackung und die Betriebsanleitung hin und sind maßlos erstaunt, wie österreichische Techniker ihren Heizlüfter verändert und gegen alle Vorschriften verwendet haben.
In den folgenden Wochen melden sich aus aller Welt Außendienstmitarbeiter in der Firma. Sie berichten, dass in Österreich ihr Heizgerät als Auslöser für den Brand im Tunnel der Gletscherbahn gilt, dass zuerst österreichische Medien darüber berichtet haben und sich diese Meldungen nun international rasant verbreiten.
Großhändler stoppen ihre Beststellungen, der Name Fakir wird immer stärker mit der Katastrophe von Kaprun in Verbindung gebracht. In den Regalen der Elektromärkte bleiben Fakir-Produkte liegen.
Kapitel 22
In Kaprun hat der Frühling Einzug gehalten, auch wenn auf den Bergen noch Schnee liegt und sich die Kunstschneebänder der umliegenden Skigebiete noch bis ins Tal ziehen. Eine schwierige Wintersaison liegt hinter dem Tourismusort. Eine Umfrage in Deutschland nur wenige Tage nach der Katastrophe hat ergeben, dass 40 Prozent zurzeit keinen Österreichurlaub machen würden. Der Imageschaden ist enorm.
Fast einen Monat stand der Skibetrieb auf dem Kitzsteinhorn still, doch als sich am 7. Dezember die Umlaufrollen der
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