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155 - Kriminalfall Kaprun

155 - Kriminalfall Kaprun

Titel: 155 - Kriminalfall Kaprun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uhl Hannes
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beginnenden Stirnglatze ist immer in Bewegung, seinen flinken Augen entgeht nichts, und er ist ein guter Menschenkenner.
    Als sein Mobiltelefon klingelt und er den Anrufer erkennt, hellt sich seine Miene auf. »Klar komm ich, bin schon unterwegs.« Rasch schließt er seinen Artikel ab, schickt ihn dem Chef vom Dienst und fährt mit der U-Bahn zum Stephansplatz. Über den Graben geht er zu seinem Stammcafé in der Dorotheergasse, in dem einst der Dichter Thomas Bernhard zornig über Österreich philosophierte.
    »Habe die Ehre, Herr Redakteur«, begrüßt ihn ein Kellner, und kaum hat er in seiner Lieblingsecke Platz genommen, kommt schon der »Kleine Braune«. Wenig später geht die Tür auf, herein kommt ein Gast, der zielstrebig auf Kovac zusteuert und sich dabei aufmerksam umsieht. Es ist offenbar niemand da, der ihn erkennt, also setzt er sich. »Grüß dich, Karli. Gut schaust du aus.«
    Die beiden unterhalten sich, der Gast bestellt eine Melange und einen Apfelstrudel, dann senkt er die Stimme. »Ich habe dir etwas mitgebracht. Kennst du Horst Kühschelm?«
    »Nein.«
    »Das ist der Mann, der im Verkehrsministerium die Baugenehmigung für die Bahn von Kaprun erteilt hat.«
    Der Gast greift in seine Aktentasche, nimmt einen Stapel Kopien heraus und legt sie auf den Tisch. »Das ist der Endbericht der Internationalen Expertenkommission Tunnelstandseilbahn, und einige Unterlagen dazu«, sagt er.
    Beide beugen sich über die Seiten und Kovac erfährt, dass es den Bericht in französischer und deutscher Sprache gibt und die von der Regierung so hochgelobte Kommission in zwölf Monaten gerade einmal sechseinhalb Seiten auf Französisch und knappe zehn Seiten in der deutschen Übersetzung zusammengeschrieben hat. »Zähl bitte die Namen der Kommissionsmitglieder im französischen Text«, sagt der Gast.
    Kovac zählt und kommt auf zehn.
    »Und jetzt zähl bitte die Namen im deutschen Text.«
    »Acht«, sagt Kovac. »Da fehlen zwei.«
    »Richtig. Wer fehlt?«
    »Zwei Österreicher, einer davon ist Horst Kühschelm.«
    »Jetzt lies den ersten Absatz auf der zweiten deutschen Seite.«
    »Die Organisation und Moderation erfolgte durch die Schriftführung durch Horst Kühschelm, beide Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Was bedeutet das?«
    »Zwei Männer, die aufgrund ihrer Funktionen in Sachen Kaprun möglicherweise Argumentationsbedarf als vollwertige Mitglieder einer Kommission, die einen allgemeinen Freispruch erteilt hatten – da wäre vielleicht die Optik nicht so gut gewesen. ›Moderator‹ und ›Schriftführer‹ klingen da besser.«
    »Sie waren vielleicht tatsächlich Moderator und Schriftführer«, sagt Kovac.
    »Kann sein, aber warum fehlt der Absatz dann im französischen Text?«
    »Ich habe übrigens die deutsche Übersetzung überprüfen lassen,weil dies der einzige fremdsprachige Text ist, der nicht durch ein amtlich anerkanntes Übersetzungsbüro autorisiert worden ist. Abgesehen vom hinzugekommenen Absatz über Moderator und Schriftführer ist die Übersetzung auch schlecht. Das klingt nicht nach Profis. Außerdem wirken die Aussagen im Deutschen sprachlich so hingebogen, dass sie entlastend klingen. Das ist jedenfalls mein Eindruck. In Österreich fragt wohl niemand so genau nach dem Inhalt eines Papiers, wenn vorne schöne Titel stehen, besonders, wenn die Herren, die sie tragen, aus dem Ausland kommen.«
    Kovac nickt zustimmend.
    »Karli, ich muss wieder ins Amt, aber eines noch: Du solltest dich mit der O.I.T.A.F. befassen.«
    »Mit wem?«
    »Mit der Organizzazione Internazionale Trasporti a Fune, der internationalen Seilbahnorganisation.«
    Karl Kovac bedankt sich. »Ich mache bestimmt was daraus. Wie kann ich dich erreichen?«
    »Am Handy, aber nur abends, wenn ich nicht im Amt bin.«
    Sie verabschieden sich. Kovac schaut auf die Uhr, ruft in der Redaktion an und fragt, ob sein Artikel in Ordnung ist.
    »Es passt schon.«
    »Ich fahr nach Hause«, sagt er. »Ich muss noch recherchieren.«
    Er stopft die Unterlagen in seine Umhängetasche und geht.
    Karl Kovac hat es nicht weit in seine Wohnung. Er schaltet seinen Laptop ein, lässt sich in den bequemen Schreibtischsessel fallen und googelt OITAF. Nach mehreren Klicks landet er auf der Homepage der Organisation und erkennt, dass es sich um den Weltverband für das Seilbahnwesen handelt.
    Er liest Berichte über internationale Tagungen, Sitzungen von Komitees, Empfehlungen an Regierungen, findet die O.I.T.A.F.-News mit

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