1550 - Die neue Bestimmung
wenn du Schwierigkeiten mit einem deiner Schüler bekommst?"
„Da habe ich meine eigenen Methoden, und die sind sehr wirksam.
Außerdem weißt du ganz genau, daß Virram eine Ausnahme war.
Nur sehr wenige Linguiden kommen auf derartige Ideen."
Aber noch während sie es aussprach, wußte sie, daß sie ihrem früheren Lehrer gerade das entscheidende Argument geliefert hatte - falls es ihm nicht schon längst geläufig gewesen war.
Garyo Kaymar lächelte traurig. „So war es bisher", sagte er. „Aber das wird sich ändern."
Ob sie es nun wahrhaben wollte oder nicht: Er hatte recht. Dorina Vaccer wußte es, und sie wußte auch, daß es keinen Sinn hatte zu versuchen, ihm in dieser Beziehung etwas vorzumachen. „Die Lehrer in den Schulen können unsere. Philosophie nicht losgelöst von der Realität lehren", sagte Garyo Kaymar. „Und zu dieser Realität gehören auch die Friedensstifter und ihre Aktivitäten.
Wir können keinen Schüler darüber informieren, welchen Auftrag ihr von nun an erfüllt, und demselben Schüler gleichzeitig die Regel der Nichteinmischung erklären."
„Es muß keine so dramatischen Folgen haben", wehrte Dorina Vaccer hastig ab. „Für die meisten Angehörigen unseres Volkes wird sich überhaupt nichts ändern."
„Für die Schüler schon. Und das werdet auch ihr Friedensstifter zu spüren bekommen."
Er unterbrach sich mit einer hilflos wirkenden Geste. „Wenn du dich weigerst, kann ich nichts machen", seufzte er. „Und dich umzustimmen - so gut bin ich nicht mehr."
Betroffen starrte sie ihn an. „Also gut", sagte sie schließlich. „Wenn du so großen Wert darauflegst, werde ich mich damit befassen - wer weiß, wozu es einmal gut sein wird. Und ganz nebenbei wird es mir auch helfen, ein bißchen die Zeit zu verkürzen."
12.
21.12.1171 NGZ, Viron Carrom Durok erwies sich als ein sehr angenehmer Zeitgenosse, Er war auf Viron geboren und aufgewachsen und kannte sich hier aus. Außerdem begegnete man ihm überall mit größtem Respekt.
Kurzum: Atlan hätte keinen besseren Begleiter finden können.
Natürlich hatte der Arkonide den berechtigten Verdacht, daß Carrom Durok ihm nur ausgewählte Bilder zeigte: die Schokoladenseite einer Kolonie.
Und andererseits war dieser Verdacht ausgesprochen albern, denn mit der Kolonie auf Viron war selbst auf diese Weise kein Staat mehr zu machen. „Es ist eine sehr temperamentvolle Welt", hatte Carrom Durok gleich am Anfang gesagt. „Aber sie ist nicht ohne Reiz. Und sie hat sogar einiges zu bieten. Seltene Minerale zum Beispiel."
Das verstand sich von selbst - es war typisch für solche vulkanischen Planeten, die ständig damit beschäftigt waren, ihr Innerstes nach außen zu kehren.
Die Hauptstadt war nach der Entdeckerin des Planeten benannt. Es war erstaunlicherweise eine überaus romantische Stadt. „Du mußt sie zu Fuß kennenlernen", behauptete der junge Linguide. „Muß ich das?" fragte Atlan spöttisch und lenkte den Gleiter demonstrativ über ein Gewirr von engen, schmalen Gassen hinweg.
Carrom Durok warf dem Arkoniden einen kurzen Blick zu, zuckte die Schultern und lehnte sich entspannt zurück.
Dieser Mangel an Widerspruchsgeist ging dem Arkoniden immer wieder auf die Nerven.
Besonders frustrierend war dabei die Tatsache, daß die Linguiden keineswegs so fügsam waren, wie man beim ersten Hinhören vermuten konnte. Sie taten konsequent nur das, was ihnen selbst als richtig erschien, und auf irgendeine geheimnisvolle Weise schienen sie alle miteinander in jeder beliebigen Situation ganz genau zu wissen, was für sie „richtig" zu sein hatte.
Sie lebten in einer ausgesprochen glücklichen Anarchie.
So schien es jedenfalls. Noch wußte niemand, ob nicht vielleicht doch etwas ganz anderes dahintersteckte.
Die engen Gassen mündeten auf einen runden Platz, in dessen Mitte kristallklares, dampfendes Wasser über strahlendweiße Sinterterrassen sprudelte. Nackte, behaarte Linguiden steckten bis zum Hals in den kleinen Teichen. Ähnliche Bilder boten sich auch jenseits der nächsten Häuserzeile.
Die ganze Stadt schien ein einziges Heilbad zu sein. „Ein bißchen Erholung muß sein", bestätigte Carrom Durok. „Vulkanische Quellen sind hier auf Viron sehr beliebt."
„Ich dachte, daß bei euch Linguiden alle Krankheiten durch Gespräche geheilt werden", sagte Atlan.
Diese Vorstellung schien den Schüler Kelamar Tessons maßlos zu amüsieren. „Was für ein Unsinn!" sagte er lachend. „Gespräche können
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