1550 - Die neue Bestimmung
konnte in seinen Augen lesen, daß ihm genau das vorschwebte, was sie gerade angedeutet hatte. „Vergiß es", empfahl sie nüchtern. „Das funktioniert nicht. Das sind keine Schüler. Jeder einzelne von ihnen ist hundertmal stärker, als Virram es war. Du könntest keinen einzigen von ihnen aus dem Verkehr ziehen."
„Aber du könntest es!" behauptete er.
Sie starrte ihn an. „Ich will es nicht!" sagte sie schließlich.
Er wandte sich wortlos ab und ging davon.
*
Am nächsten Morgen war er wieder da. „Überlege es dir noch einmal!" bat er.
Das hatte sie bereits getan.
Das Wesen namens ES hatte den Linguiden den Auftrag erteilt, in seinem Einflußbereich für Frieden und Ordnung zu sorgen.
Der Einflußbereich der Superintelligenz umfaßte die gesamte Lokale Gruppe. Das waren mehrere Galaxien: eine schier unvorstellbar große Zahl von Welten, von denen viele noch gar nicht einmal erforscht waren.
Ein solcher Auftrag war geradezu verrückt, und die Linguiden hätten das Ganze als ein Hirngespinst eingestuft, wenn... ... wenn ES nicht eine so besondere Art von Wesenheit dargestellt hätte. „Es ist eine ungeheure Ehre für uns", sagte Dorina Vaccer. „Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher", erwiderte Garyo Kaymar warnend. „Es ist zuviel. Das Gebiet ist zu groß. Es ist eine Aufgabe, der ihr nicht gewachsen seid!"
Damit sprach er Befürchtungen aus, die der Friedensstifterin wahrhaftig nicht neu waren: Sie selbst hatte sich auch schon den Kopf darüber zerbrochen. „Das alles ist mir durchaus bewußt", sagte sie. „Und ich gebe auch gerne zu, daß deine Befürchtungen nicht ganz unberechtigt sind.
Aber das ändert nichts an meinem Entschluß."
„Warum bist du nach Taumond zurückgekehrt?"
„Das geht dich nun wirklich nichts an."
„Es kann nur zwei Gründe geben", fuhr er unbeeindruckt fort. „Entweder willst du deinen Kima-Strauch aufsuchen - dann würdest du jetzt nicht hier herumsitzen und deine Zeit verschwenden.
Oder du suchst etwas ganz anderes. Wissen zum Beispiel. Kenntnisse einer ganz bestimmten Art. Informationen, wie du sie von mir bekommen kannst - und nur von mir, falls du es nicht vorziehst, noch mehr Zeit zu verschwenden."
„Bilde dir bloß keine Schwachheiten ein!" erwiderte sie ärgerlich. „Als ich in Gurmayon landete, da hatte ich wirklich nicht die Absicht, noch einmal bei dir in die Lehre zu gehen! Du reimst dir .da etwas zusammen, was nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Ich empfehle dir, daß du dich schleunigst auf deine eigenen Angelegenheiten konzentrierst!"
„So ärgerlich?"
Sie erhob sich vom Rand des Brunnens, auf dem sie gesessen hatte. „Ich will nichts mehr davon hören!" sagte sie in einem Tonfall, der ihm zu verstehen gab: So ist es eben. Es ist mein Wille. Finde dich damit ab! „Warum diese Weigerung?" fragte Garyo nachdenklich. „Weil es nicht nötig ist, daß ich mich mit dieser Technik befasse.
Außerdem bemühst du dich völlig umsonst. Ich war dabei und habe gehört und gesehen, was du mit Virram gemacht hast. Ich weiß also, wie es funktioniert."
„Warum gibst du mir dann nicht eine Probe deines Könnens?"
„Ich führe niemals Kunststücke vor!"
„Ist es nicht eher so, daß du Angst davor hast, zu versagen? Es ist eine sehr schwierige Technik. Der kleinste Fehler könnte eine Katastrophe auslösen."
„Ebendrum", sagte Dorina Vaccer lakonisch und wandte sich zum Gehen.
Einem plötzlichen Einfall gehorchend, fügte sie hinzu: „Stell dir nur mal vor, daß mir ein solcher Fehler hier, in deiner Gegenwart, unterlaufen würde!"
Das würde ihn hoffentlich abschrecken. „Warte!"
Es hatte also doch nicht funktioniert.
Sie blieb stehen, ohne sich umzudrehen. „Ich würde dich nicht damit belasten, wenn es nicht unbedingt nötig wäre", sagte er langsam. „Und wenn du meine Bitte ernsthaft ablehnst, gibt es nichts, was ich dagegen tun kann. Das ist dir selbstverständlich auch bekannt. Aber wenn du ohnehin nur hier bist, um die Zeit totzuschlagen..."
Dorina Vaccer fuhr herum. „Wie kommst du denn darauf?" fragte sie entgeistert.
Garyo Kaymar lächelte flüchtig. „Ich kenne dich offenbar besser, als du glaubst", sagte er gelassen. „Und ich habe recht, nicht wahr?"
„Gut, ich gebe es zu. Aber was du da von mir verlangst, das geht einfach zu weit. Hältst du diese Art von Training tatsächlich für eine Freizeitbeschäftigung?"
„Meinst du nicht, daß es wichtig für dich wäre, es zu können? Was tust du,
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