1552 - Tolots Terror
alt."
Prina versteifte sich. „Denkst du, daß dich das etwas angeht?"
„Ja", antwortete der Linguide mit Entschiedenheit. „Ich will es dir nicht sagen."
„Und ich glaube, daß es mit Baron Singhai zusammenhängt."
Eisiger Schrecken erfaßte sie.
Kogano Mint bemerkte es sehr wohl, fuhr aber trotzdem fort: „Ich denke, daß der Junge dich vergiftet. All deine Kraft verschwendest du auf ihn und auf Sagno Ciff. Und was übrigbleibt, steckst du in diese verrückte Idee."
„Was meinst du?"
„Das weißt du sehr gut. Die Errichtung einer Sprachschule. Es hat nie eine gegeben auf Sagno Ciff, und es wird auch nie eine geben."
„Ich bin anderer Ansicht. Ich glaube, daß meine Kräfte darauf gut verwendet sind."
„Aber du verschwendest alles, was du hast! Das ist zuviel, Prina!
So sollte eine aus unserem Volk nicht leben."
„Es ist mein Leben!" stieß sie hervor. „Ja, das weiß ich", antwortete Kogano Mint sanft. „Warum bist du nicht mit einem Mann zusammengekommen, als du jung warst?"
„Ich weiß es nicht. Ich bin niemandem begegnet, der zu mir gepaßt hätte. Das ist alles, mehr steckt nicht dahinter. Glaubst du mir?"
„Gewiß, Prina. Und was ist mit der Zeit danach? Du hast doch aufgehört zu suchen, nicht wahr? Du hast dich fast allem verschlossen.
Bis auf eine einzige Person, die es nicht einmal zu schätzen weiß. Habe ich recht, was Baron Singhai angeht?"
Sie schwieg lange. Ihren Blick ließ sie mit den Bewegungen der Cifftons treiben, manchmal fixierte sie auch einzelne Häuser und suchte, ob sie hinter den Fenstern die Schatten der Bewohner erkennen konnte. Sie hätte gern teilgehabt an diesem Bild des Friedens.
Aber man durfte niemals auf Dauer wichtigen Fragen ausweichen.
Das nämlich hatte sie schon viel zu lange Zeit getan. „Du hast wirklich recht, Kogano. Baron ist ein schwieriger Junge.
Er wächst ganz anders heran, als ich es möchte. Ich habe nicht den geringsten Einfluß auf ihn. Vielleicht sollte ich die Konsequenzen ziehen und aufhören, über ihn nachzudenken. Aber das kann ich nicht."
„Wende dich an Honn", forderte er. „Nein!"
Sie wandte sich mit zusammengepreßten Lippen ab. „Aber was willst du sonst tun, Prina?"
„Ich weiß es nicht. Es geht dich auch nichts an. Sage mir jetzt, was du von mir willst."
Der Linguide faßte ihre Schultern und drehte sie mit sanfter Gewalt zu sich herum. „Weißt du das wirklich nicht? Du sagst, dir ist nie ein geeigneter Mann über den Weg gelaufen. Ich bin dieser Mann, das weiß ich genau. Ich möchte mit dir leben, Prina. Auch um Baron Singhai werde ich mich kümmern, als wäre er mein eigener Sohn."
Tränen schössen ihr in die Augen.
Prina Mauenhaudi schüttelte seine Hände ab, sprang auf und rannte hinunter zur Kuppel. Von dort aus wandte sie sich in Richtung Straße. Sie konnte seine Blicke jetzt nicht ertragen.
*
Ins Zentrum von Sagno Ciff kamen die Linguiden nur, wenn sie wirklich einen Grund hatten. Manche taten es täglich zur selben Zeit, andere wiederum nur einmal im Jahr. Sie gehörte zur letzteren Sorte.
Der Durchgangsverkehr wurde um die Kuppel herumgeleitet. Hier flogen keine Cifftons, es gab keine lauten Geräusche, keine spielenden Kinder, keine Tiere. Alles in allem existierte auf dem ganzen Mond kein Ort, der größere Ruhe ausgestrahlt hätte.
Prina betrat die Kuppel durch einen der Gänge. Die Luft war klar, und ihr schlug ein Duft von Blüten und Erde entgegen. An die vierhundert Kima-Sträucher standen hier. Der Park war der natürlichen Umgebung von Lingora liebevoll nachempfunden. Ein System kleiner, künstlich aufgeschütteter Hügel gab einer Vielzahl verschiedener Pflanzen Raum - darunter bildeten die Sträucher nur einen kleinen Teil.
Und am nördlichen Rand der Anlage stand ihr eigener Strauch.
Prina hatte diesen Ort schon seit Monaten nicht mehr besucht. Sie sah in einem Zustand innerlicher Betäubung die Sträucher der anderen an sich vorbeiziehen, die kräftigen, wohlgewachsenen Pflanzen.
Jeder Strauch sah anders aus, doch fast alle standen hier als Symbol inneren Gleichgewichts.
Da hinten. Prina legte die wenigen Meter mit zitternden Knien zurück.
Zwei Linguiden begegneten ihr und murmelten leise Grüße, doch keiner sah lange genug auf, um ihren Zustand zu bemerken.
Vor dem schlanken Strauch hielt sie inne. Prina sank auf die Knie.
Ihre Finger berührten zittrig die Blätter, deren Kanten nach oben gerollt waren. Als mangele es ihnen an Wasser, dachte sie, aber das
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