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1552 - Tolots Terror

Titel: 1552 - Tolots Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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konnte nicht sein. Ein Kima-Strauch hätte notfalls sogar auf nacktem Fels existieren und blühen können. Es lag allein an ihr, welches Bild der Strauch vermittelte, denn jeder einzelne Zweig spiegelte einen Teil ihrer selbst wider.
    Eine Stunde lang saß sie da, ohne auch nur den Schatten eines Ausweges fassen zu können.
    Dann machte sich Prina auf. Eine Art Eingebung trieb sie hinaus, in Richtung Rand der Mondstadt. An einer verlassenen Schleuse lieh sie einen Schutzanzug und einen Ciffton-Pfeil. Was sie jetzt tun wollte, war nicht recht - doch sie wußte sich keinen Rat mehr.
    In völliger Stille steuerte sie die Muuniberge an.
    Der höchste Gipfel lag vor ihr, und weit unten erstreckten sich die Lichter der Mondstadt. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück. Oder sie wollte es nicht. Binnen weniger Minuten hatte Prina das Plateau an der Spitze erreicht. Dies war der höchste Punkt der Umgebung.
    Nach wie vor stand der Schutzschirm über Baron Singhals Lebensstrauch.
    Nur der Topf war zerbrochen.
    Die Faserrisse hatten sich erweitert, bis unter dem Druck der Wurzeln der Stein geborsten war.
    Und der Strauch trug schreckliche Spuren! Es sah aus, als sei jemand mit einem Messer darauf losgegangen. Sie konnte sich denken, wer: niemand anders als Baron selbst. Im Holz der Äste klafften tiefe Schnitte, Dutzende von Blättern bedeckten vergilbt den Boden. Vielleicht hätte er auf diese Weise gern sich selbst getötet, vielleicht sich nur von den hinderlichen Wurzeln seines Volkes befreien wollen.
    Der Anblick machte ihr das ganze Ausmaß der Tragödie klar.
     
    *
     
    Ein paar Nächte lang schlief Prina Mauenhaudi sehr schlecht, doch sie vernachlässigte keine Sekunde lang die täglichen Pflichten die sie sich aus freien Stücken auferlegt hatte. Sagno Ciff bedurfte der Verwaltung.
    Die Abläufe der Mondstadt waren nicht automatisiert. Nicht wie auf Lingora, wo jeder selbst wußte, was zu tun war.
    Prina verdrängte ihre wahren Probleme. Wahrscheinlich war es nur das Regelmaß in ihrem Tagesablauf, das der Linguidin half, zu einer gewissen Ruhe zurückzufinden.
    Während der ersten Tage nach ihrem Gespräch setzte Kogano noch eine ausdruckslose Miene auf. Dann aber gewöhnte auch er sich an den neuen Zustand - beide wußten, woran sie waren, doch keiner sprach darüber.
    Prina begann, schwer zu träumen. Jeder bezahlte seinen Preis. Und was mochte erst mit Kogano sein, der sie liebte? Wie es ihm ging, wagte sie nicht zu fragen. Es hätte zu viele Wunden aufgerissen.
    Außerdem begann sie, sich schriftlich und per Hyperkom an sämtliche Sprachschulen von Lingora zu wenden. Sie vertrat in immer neuen Botschaften die Notwendigkeit, auf dem Mond eine Sprachschule zu errichten. Aber auch hier blieb die Antwort stets die gleiche: Wenn ein Schlichter bereit wäre, als Gründer zu dienen, sollte er es tun. Diesen Schlichter jedoch konnte sie nicht finden, und in Honns Fall hatte sie jede Hoffnung längst aufgegeben.
    Irgendwann ließ sich Prina etwas einfallen, was in der Geschichte von Lingora kein Vorbild hatte. Sie startete eine Unterschriftenaktion.
    Mit der Bitte möglichst vieler Bewohner wollte sie bei den Schlichtern des Mutterplaneten vorsprechen. Auch daraus wurde nicht viel, weil die Linguiden von Sagno Ciff den Sinn nicht sahen.
    Wen immer sie ansprach, er stellte dieselben Fragen. Worin lag der Sinn einer Sprachschule, wenn kein Schlichter oder gar Friedensstifter eigenen Antrieb zur Gründung entwickelte? „Wir leben in einer künstlichen Umgebung", sagte sie dann. „Dies ist nicht Lingora. Verlaßt euch nicht darauf, daß alles, was geschehen muß, auch geschehen wird. Hier oben müssen wir Entscheidungen treffen, die alle gemeinsam tragen. Nicht nur das Wohl des einzelnen zählt."
    Niemand begriff jedoch, weshalb das Wohl des einzelnen sich vom Wohl aller unterscheiden sollte.
    Prina resignierte für lange Zeit.
    Sie führte einen einsamen Kampf; und wußte gleichzeitig, daß einsame Kämpfe die Seele eines Linguiden zerstören konnten. Wiederholt drohte sie damit, den „ganzen Kram hinzuwerfen", doch gerade diese Drohung hatte sie schon viel zu oft ausgestoßen. Darauf reagierte niemand mehr.
    Tagelang dachte sie an nichts als ihre Arbeit. Bis Baron Singhai sie eines Morgens auf dem Weg zur neuen Schaltzentrale abpaßte. „Warte, Prina!"
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Seine schwarzgetönte Gesichtsbehaarung gab ihm ein unheimliches Aussehen. „Was ist?"
    „Ich möchte dich um etwas bitten. Geh heute

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