1552 - Tolots Terror
anderen in einem Raumschiff. Unter Umständen sogar in einem kleinen Beiboot, sonst hätte man Wände aus einem Guß verwendet."
„Noch mehr?"
„Hm. Vielleicht. Ich will dir erst die Zentrale zeigen."
Seine logischen Schlüsse waren brillant, und Prina hatte keinerlei Zweifel daran, daß Barons Einschätzung der Dinge bis ins letzte Detail stimmte. Ja, ein Raumschiff hatte dieses Ding hier als eines von vielleicht mehreren abgesetzt.
Die Zentrale war ein runder Raum mit acht Metern Durchmesser.
Geborstene Bildschirme bedeckten die Wände, davor ragten völlig intakt mehrere Schaltpulte aus dem Boden. Manche der Sensortasten glommen sogar noch in verschiedenfarbigem Licht. Irgendwo lief demnach eine Batterie - denn einen Reaktor hätte sie orten müssen.
Die Pulte in der Ecke sahen aus wie Feuerleitstationen. So also kam der Junge auf den Gedanken, das Gebäude ein Fort zu nennen, und sie war jetzt sicher, daß er vollkommen recht hatte. „Der Tubus hier, ist das der Reaktor?"
„Finger weg!"
Erschrocken zuckte sie zurück. „Entschuldige den Ton, Prina. Das Ding ist äußerst empfindlich.
Sobald man es einschaltet, geht hier alles in die Luft. Es war gleichzeitig als Selbstvernichtungsanlage gedacht."
„Aha."
Mit gesteigerter Vorsicht schaute sie sich weiter um. Der große Kasten vor ihr sah aus wie eine altertümliche Positronik. Doch davon verstand Prina Mauenhaudi nicht besonders viel. Deshalb fragte sie: „Hast du den Computer angezapft?"
„Nein. Er ist versiegelt. Das Siegel ist übrigens weniger verrottet als alles andere hier. Jemand hat es angebracht, als die Kuppel schon längst verlassen war. Es besteht aus einem Material, das sonst nirgendwo in der Kuppel vorkommt."
Dieses Gebäude machte ihr angst. Prina starrte mit verkrampften Gliedern auf die blinden, geborstenen Bildschirme. „Ich wüßte gern, was hier geschehen ist", flüsterte sie. „Nur zu gern, ja..."
„Das Fort ist nicht das Geheimnis selbst, sondern nur die Spur zu einem Geheimnis. Da es sich offenbar um einen simplen Ausrüstungsgegenstand handelt, stellt sich die Frage: Wer hat ihn hier zurückgelassen?
Linguiden waren es jedenfalls nicht."
„Du hast recht. Die Friedensstifter müssen sofort davon erfahren."
„Nein, Prina!" rief er über die knisternde Funkverbindung. „Halt!
Hast du eine Ahnung, wie ich das Fort gefunden habe?"
„Wie?"
„Du selbst mußtest mir erst den Zugang zu alten Dateien unseres Volkes freigeben, erinnerst du dich noch? Es war purer Zufall, daß ich fündig wurde. Mit anderen Worten, man weiß längst über das Fort Bescheid, oder zumindest war das in ferner Vergangenheit der Fall. Die damaligen Friedensstifter haben beschlossen, das Geheimnis des Forts hier ruhen zu lassen. Und so ist das Ganze in Vergessenheit geraten. Die Siegel stammen von ihnen."
„Und wie lange ist das her?"
„Jahrhunderte. Vielleicht Jahrtausende, das weiß ich nicht. Aber ich zweifle nicht an der Entscheidung dieser Linguiden. Wir sollten das Geheimnis genauso bewahren wie sie."
„Du denkst sehr weit, Baron. Und ganz anders, als ich es von dir erwartet hätte. Warum hast du mich eingeweiht?"
Durch die Helmscheibe starrte sie in sein schwarzgefärbtes Gesicht.
Der Blick in Barons Augen jagte ihr Schauer über den Rücken. „Deswegen, Prina, weil du und ich gar nicht so verschieden sind, Für unser Volk ist die Kenntnis von der Existenz dieses Forts nicht bestimmt. Für uns beide allerdings sehr wohl. Du verwaltest Sagno Ciff. Vielleicht kommst du einmal in die Lage, wo dir jede Information nützen kann."
Eine halbe Stunde später waren sie auf dem Rückweg durch die Einöde. Sein letzter Blick fiel ihr nochmals ein. Manchmal hatte Prina das Gefühl, dieser Blick sei nicht der eines Linguiden, sondern der eines wilden Tieres.
*
Das Leben in Sagno Ciff ging weiter, als sei nichts geschehen.
Und genaugenommen war das ja auch so, denn die Existenz dieses Artefakts zeitigte nicht die geringsten Auswirkungen auf den Tagesablauf.
Sie überlegte lange, ob sie zumindest Kogano Mint einweihen sollte. Aber welchen Vorteil brachte das? Was hätte der andere mit diesem Wissen anfangen sollen?
Nein, Baron hatte schon völlig recht. Es war dasselbe wie mit dem Tabu, mit dem Transitionsschiffe und Transmitter belegt waren. Viele Linguiden wußten nicht mehr, worauf es überhaupt beruhte, und das war gut so. Es lag nicht in der Mentalität ihres Volkes, sich unnötig mit Dingen zu belasten, die man doch
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