1556 - Mongolen-Tod
nun ein hohes Haus vor sich.
Selbst bei Tageslicht leuchtete die Schrift über dem Eingang in einem dunklen Rot.
ASIA WORLD
Suko wusste, dass er hier richtig war und bugsierte seinen BMW in eine Parklücke.
Wer exotischen Sex liebte, der kam hierher und ließ sich bedienen.
Viel Betrieb herrschte nicht. Das erkannte Suko anhand der abgestellten Fahrzeuge.
Aber es war auch noch nicht der richtige Zeitpunkt für einen Bordellbesuch. Da wartete man lieber auf die Dämmerung oder die Dunkelheit.
Suko sah auch die beiden jungen Frauen, die aus einem Taxi stiegen und prall gefüllte Einkaufstüten trugen. Mit ihnen zusammen bewegte er sich auf die Eingangstür zu, die ziemlich breit war und aus braun getöntem Glas bestand.
Sie schwang vor den drei Personen zurück. Wären die auffällig grelle Beleuchtung und die erotischen Fotos an den Wänden nicht gewesen, Suko hätte auch den Eindruck haben können, ein Krankenhaus zu betreten.
Es gab so etwas wie eine Anmeldung und Schilder, die auf eine Bar, einen Friseur und auf einen Kiosk hinwiesen.
Das war alles perfekt organisiert, aber Suko sah weder eine Krankenschwester noch einen Pfleger in der Nähe. Dafür zwei breitschultrige Typen, die hinter der Anmeldung herumlungerten und alles mit Argusaugen beobachteten.
Suko gab sich lässig und blieb an der Rezeption stehen.
Erst jetzt sah er, dass dort eine Frau saß. Sie hatte zuvor etwas vom Boden aufgehoben und geriet erst jetzt in Sukos Sichtfeld.
Es war eine dunkelhäutige Frau mit Mandelaugen, die Suko anlächelte und dabei fragte: »Was kann ich für dich tun?«
»Nicht viel.«
»Oh, das ist ein Irrtum. Hier kann viel für dich getan werden. Du hast eine wahnsinnige Auswahl.«
»Danke, aber die habe ich schon getroffen.«
»Meinst du mich?«
»Ich würde gern den Chef sprechen oder den Mann, der hier zu sagen hat.«
Nach diesen Worten wurden die beiden Aufpasser sehr aufmerksam. Doch noch bevor sie eingreifen oder Fragen stellen konnten, zückte Suko seinen Ausweis.
»Ich bin nicht zum Vergnügen hier. Wer ist der Chef? Wer hat hier das Sagen?«
Die Bodyguards schauten sich an. Sie waren Koreaner. Suko hörte es anhand der Sprache, als sie sich kurz abstimmten.
Dann redete einer mit Suko.
»Was willst du von ihm?«
»Das sage ich ihm selber. Und du solltest lesen lernen. Ich komme von Scotland Yard und nicht von der Heilsarmee. Also, wo steckt euer neuer Boss?«
»Ich sage ihm Bescheid.«
»Aber flott.«
Suko wartete, weil der Typ durch eine Hintertür verschwunden war. Und dann konnte sich der Inspektor nur wundern, weil der Mann so rasch wieder erschien.
»Der Chef erwartet dich.«
»Hat er auch einen Namen?«
»Du kannst Raiser zu ihm sagen.«
»Na gut.«
»Komm jetzt um die Theke herum.«
Suko gehorchte. Die Frau schaute ihm aus großen Augen nach, wie er zusammen mit einem Bodyguard hinter der Tür verschwand.
Dort betrat Suko einen Raum, der betoniert war und glatte leere Wände hatte. Hier gab es keine Bilder. Hier war es kühl, und es roch irgendwie nach Erde.
Die Tür, vor der sie stehen blieben, war nicht geschlossen.
Suko durfte eintreten. Sein Aufpasser blieb zurück, und so betrat Suko allein ein Büro ohne Fenster.
Der Mann, der Suko empfing, war ein stämmiger Typ. Er nannte sich Raiser, sah aber aus wie ein Chinese oder mehr noch wie ein Mongole und konnte von seinem Platz aus mehrere Monitoren überwachen, die Bilder aus vier Fluren zeigten.
Bekleidet war Raiser mit einem dunklen Anzug. Dazu trug er ein weißes Hemd, dessen obere Knöpfe nicht geschlossen waren.
»Schließ die Tür.«
Es war die Stimme, die Suko aufhorchen ließ. Unbekannt war sie ihm nicht. Er hatte sie bereits in der Sauna gehört, denn genau dieser Mann hatte ihn vor dem Mongolen-Tod gewarnt.
Suko setzte sich auf einen Korbstuhl, auf dem ein weiches Kissen lag.
»Ich wusste, dass du mich finden würdest.«
»Klar.«
»Meine Warnung hat sich leider erfüllt. Ihr seid nicht schnell genug gewesen.«
»Oder du hast mich zu spät und auch nicht deutlich genug gewarnt.«
»Das kann auch sein.« Raiser sortierte auf seinem Schreibtisch einige Blätter und sah dabei sehr nachdenklich aus. Wie jemand, der mit seinen Gedanken woanders war.
»Und wie kommen wir jetzt weiter?«, fragte Suko.
»Ich weiß es noch nicht. Ich kann mich nicht in sie hineinversetzen.«
»Aber dir ist bekannt, dass sie eine Frau ist.«
»Ja, der Mongolen-Tod ist eine Frau.«
»Sehr gut«, lobte Suko und sprach weiter.
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