1558 - Im Griff der Hölle
Lichts war. Ich besaß das Kreuz, ich war dazu ausersehen, gegen die Mächte der Finsternis zu kämpfen. Auch wenn es nicht immer zum Einsatz kam und seinen Segen brachte, in diesem Fall war es anders. Da ging es um den schlichten Dualismus. Das Böse kämpfte gegen das Gute. Ich setzte all meine Hoffnungen auf einen Erfolg.
Sean Kilrain bekam große Augen, als er das Kreuz auf meiner Hand liegen sah.
»Mein Gott, das ist ja ein kleines Wunder.«
»In der Tat.«
»Woher haben Sie es?«
Mit der freien Hand winkte ich ab. »Es ist eine lange Geschichte, zu lang, um sie Ihnen hier zu erzählen.«
»Und die Buchstaben an den vier Enden? Was bedeuten sie?« Er ließ nicht locker.
»Es sind die Anfangsbuchstaben der Namen der vier Erzengel. Michael, Raphael, Gabriel und Uriel. Sie haben das Kreuz zu einer ultimativen Waffe des Guten gemacht.«
»Ja, ich verstehe, auch wenn es mir neu ist, denn davon habe ich noch nicht gehört.«
»Es ist nur ein Versuch«, schwächte ich ab. »Aber ich bin gespannt, ob ich richtig liege.«
»Womit rechnen Sie?«
Ich blieb bei meiner Antwort ehrlich. »Mit einem Sieg. Mit einem Teilsieg über die andere Seite. Wie es genau ablaufen wird, weiß ich nicht, ich hoffe nur, dass ich es schaffe, und das wird auch in Ihrem Sinne sein, Sean.«
»Ja.«
Das andere Kreuz blieb so liegen. Ich schaute auf die dunkle Figur, die mit dem Kopf nach unten hing. Wer die normalen Kreuze kannte, musste sie einfach abstoßend finden, besonders auch aufgrund der dunklen Farbe. So grau wie alte Asche.
Kilrain war die Sache nicht ganz geheuer, deshalb trat er zur Seite und schaute mir aus ein paar Schritten Entfernung zu.
Ich näherte mein Kreuz dem anderen und hoffte schon jetzt auf eine Reaktion. Auf einen Wärmestoß oder etwas Ähnlichem.
Da hatte ich Pech. Mein Kreuz schien sich für das andere überhaupt nicht zu interessieren.
Bis sich beide berührten. Plötzlich wurde alles anders. Ich hörte ein Zischen, als wäre Wasser auf eine Ofenplatte getropft. Es entstand eine Hitze, das spürte ich auch, aber ich beobachtete noch einen anderen Vorgang.
Während mein Kreuz seine Form und seine Härte beibehielt, geschah auf der anderen Seite etwas völlig anderes. Das Metall, aus dem die Figur geschaffen worden war, verlor seine Härte. Es schmolz vor unseren Augen weg.
Ich hörte das Flüstern meines Begleiters, verstand jedoch nicht, was er sagte. Dafür sah ich noch etwas anderes. Das Kreuz blieb normal, nur die Figur schmolz zusammen, und sie sonderte dabei einen Geruch ab, der schon mehr ein Gestank und einfach nur widerlich war.
Er war auch nicht zu erklären. Ein Gestank, wie es ihn möglicherweise auf der Erde gar nicht gab. Er stammte aus anderen Dimensionen und breitete sich nun hier aus.
War es der Geruch der Hölle? Ich glaube, dass fast alle Menschen über diesen Vergleich gelacht hätten. Das kam mir nicht in den Sinn, denn dieser Geruch war so widerlich, dass er einem schon den Atem rauben konnte. Auch ich musste ein wenig zurückweichen und hielt sicherheitshalber den Atem an. Ich schaute nur zu, wie die Figur immer mehr schmolz und dann eine Lache bildete, die sich um das Kreuz herum ausbreitete.
Ein stinkendes, dampfendes Etwas, das sich schließlich, als es keinen Nachschub mehr erhielt, nicht mehr bewegte und allmählich zu erkalten begann.
Meinem Kreuz war nichts geschehen. Ich hielt es nach wie vor in meiner rechten Hand und spürte nur, dass es sich erwärmt hatte. Es hatte seine Pflicht getan.
Ich nickte Sean Kilrain zu. »Sie haben gesehen, was geschehen ist?«
»Ja, ja. Nur kann ich es nicht begreifen.«
»Der alte Kampf. Gut gegen Böse. Hier haben Sie ihn im Kleinen erlebt, und wir beide wissen, dass er immer wieder ausgefochten wird. Jeden Tag und jede Stunde neu.«
»Ja, das muss man wohl so sagen.« Kilrain wischte über seine Stirn, wo der Schweiß eine leicht ölige Schicht hinterlassen hatte. Er versuchte mich anzulächeln, was ihm nicht richtig gelang. Dafür fand er die passenden Worte.
»Sollen wir jetzt davon überzeugt sein, dass Alvarez die Seite gewechselt hat?«
»Schwer zu sagen. Er hat es zumindest versucht. Er war auf dem Weg. Ob er es allerdings geschafft hat, das wage ich zu bezweifeln. Der Tod ist schneller gewesen.«
»Aber war er auch eine Erlösung für Alvarez, John?«
»Das kann ich nicht sagen.« Ich deutete auf die Utensilien. »Hier ist ein Exorzist von der anderen Seite umgedreht worden. Er hat sich dem Bösen, der Hölle,
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