1558 - Im Griff der Hölle
nächste Folter folgte.
Diesmal war die rechte Schulter an der Reihe. Ob sie von außen oder innen getroffen worden war, wusste er nicht, aber er glaubte, ein Knacken oder Knirschen zu hören.
Ein fürchterliches Geräusch. Für ihn fast noch schlimmer als der mörderische Schmerz.
Der Küster begriff nichts mehr. Er kam auch nicht aus seinem Sessel weg. Was in seinen Schultern tobte, das hatte er noch nie zuvor in seinem Leben durchlitten. Es war unmöglich für ihn, seine Arme zu bewegen. Jedes Zittern bedeutete einen neuen Schmerzstoß, den er kaum ertragen konnte. Er kam über ihn wie ein gewaltiger Orkan.
Der Schock war vorbei.
Jetzt gab es für ihn nur noch die Schmerzen, und gellende Schreie stiegen aus seiner Kehle…
***
Es war kein normales Laufen mehr, sondern ein Rasen und Hetzen. Die Schreie hatten sich schrecklich angehört, da wurde uns sicherlich nichts vorgespielt.
Ich hatte einen kleinen Vorsprung herausholen können, erlebte aber, wie tückisch die Stufen der Treppe waren. Sie standen über, ich hing zweimal fast fest, aber ich gab nicht auf und schaffte die Treppe, ohne dass ich der Länge nach hinschlug.
Die Schreie waren nicht mehr so laut zu hören. Sie glichen mehr einem Wimmern, sodass ich hinter mir Kilrains Keuchen hörte.
Viel gab es hier nicht zu sehen. Wir mussten uns nicht erst orientieren. Eine offene Tür wies uns den Weg.
Ich reagierte aus Erfahrung äußerst vorsichtig. Die Schreie hatten zwar echt geklungen, aber sie hätten uns auch in eine Falle locken können, in die ich nicht hineinstolpern wollte. Ich hatte die Beretta gezogen, hielt meinen Begleiter mit der anderen Hand zurück und drehte mich um die Türecke in den Raum hinein.
Der Küster saß in einem Sessel!
Auf den ersten Blick sah alles normal aus. Ich wunderte mich sogar. Nach dem zweiten Blick wunderte ich mich nicht mehr, denn da sah ich seine Haltung, und die war alles andere als normal.
Er saß nicht, er hing im Sessel. Er war zur rechten Seite gefallen. Sein Glück war die Lehne, die ihn hielt. Er zitterte. Er duckte sich zugleich. Sein Gesicht war eine einzige Maske des Schmerzes. Seine Augen waren verdreht. Hinzu kam das Zittern, und aus seinem offenen Mund drangen gequälte Geräusche, die mit normalen Atemzügen zu vergleichen waren.
»Was war hier los?«
Da hatte Sean Kilrain eine gute Frage gestellt, die ich leider nicht beantworten konnte. Es war nichts zu sehen. Es gab nur den Küster. Es stand auch kein Fenster offen, durch das jemand hätte fliehen können, und durch die Tür war auch niemand gekommen. Er wäre uns sonst in die Arme gelaufen.
»Was war hier los?«, wiederholte Kilrain seine Frage.
Die hätte ich mir selbst auch stellen können und keine Antwort darauf gewusst.
Martin Bloom hätte sie uns vielleicht geben können. Der jedoch war nicht in der Lage dazu. Er sagte gar nichts. Er bibberte. Und es war ihm nicht möglich, sich zu bewegen. Als er es dennoch versuchte, bekam ich große Augen, denn er bewegte sich nicht wie ein normaler Mensch, eher wie einer, bei dem nichts mehr stimmte.
Er zuckte zusammen. Er sank im Sitzen ineinander. Das war besonders an den Armen zu sehen. Er bewegte sie zwar, aber das alles war nicht natürlich. Das waren nicht die Bewegungen, die man von einem normalen Menschen erwartete.
»Da stimmt was nicht, John. So - so - verhält sich kein Mensch.«
»Ja, das stimmt.«
Ich traute mich noch nicht, das Zimmer zu betreten. Etwas hielt mich davon ab. Was es genau war, konnte ich nicht sagen. Möglicherweise eine Warnung, dass ein plötzlicher Angriff erfolgen könnte, wobei wir von einem Angreifer weiterhin nichts sahen.
Etwas oder jemand musste hier gewesen sein. Wilde Gedanken schössen durch meinen Kopf. Ich dachte dabei an einen Gruß aus der Hölle, der den Küster erwischt hatte.
Ich wollte einen Schritt in den Raum hineingehen und auch auf uns aufmerksam machen, denn der Küster hatte uns bisher nicht bewusst wahrgenommen.
Er reagierte erneut.
Er duckte sich.
Und ich wurde den Eindruck nicht los, einen Schatten gesehen zu haben. Bevor ich mich darum kümmern konnte, hörte ich den Schrei des Küsters.
Diesmal vernahmen wir ihn aus unmittelbarer Nähe. Und er hatte seinen Schrecken nicht verloren. Er glich einem verzweifelten Brüllen, und Bloom schleuderte den Kopf von einer Seite zur anderen. Sein Mund blieb dabei offen, und sein Körper zuckte nicht nur permanent zusammen, seine Beine wurden in die Höhe geschleudert, als hätte
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