1558 - Im Griff der Hölle
jemand von unten gegen sie geschlagen.
Die Füße prallten auf, sie rutschten weg. Die gesamte Gestalt zitterte, und auch der Kopf wurde jetzt in Mitleidenschaft gezogen, als müsste er starke Schläge hinnehmen.
Da war niemand, das musste ich in den folgenden Sekunden begreifen.
Diesmal sprang ich in das Zimmer hinein. Während ich mich bewegte, glaubte ich einen kurzen Lichtblitz zu sehen, der von meinem Kreuz stammte, das vor meiner Brust hing.
Ich erreichte den Küster.
»Neiinnn!«, schrie er mich an. »Nicht anfassen! Nicht anfassen! Ich bin ein Höllensohn…« Er schüttelte wild den Kopf, und ich sah auf einmal Schaum vor seinem Mund.
Die Warnungen mochten noch so gut gemeint sein, sie ließen mich kalt und ich machte weiter. Ich dachte an den Schatten, den ich gesehen hatte, und ich nahm das Kreuz und hielt es dicht vor das Gesicht des Mannes. Es war mir klar, dass er es nicht normal sehen würde. In diesem Fall setzte ich auf meinen Talisman und hatte mich nicht getäuscht.
Das Schreien verstummte. Plötzlich zuckte auch der Körper nicht mehr. Der Küster saß auf seinem Stuhl, als hätte er sich in ein Denkmal verwandelt. Die Schaumbläschen auf seinen Lippen waren zerplatzt, doch sein Blick war nicht mehr der eines normalen Menschen. Er war kaum zu beschreiben. Angst lag darin. Zugleich eine gewisse Erleichterung darüber, dass er es geschafft hatte, dass die Schmerzen vorbei waren. Alles andere interessierte ihn im Moment nicht.
Jetzt erst nahm er uns wahr, denn auch Sean Kilrain war näher herangekommen.
»Nicht anfassen!«, schrie der Küster mir ins Gesicht, da ich direkt vor ihm stand.
»Nein, nein, ich habe meine Arme gebrochen! Nicht anfassen…«
Ich tat ihm den Gefallen. Mir war klar, dass wir die große Gefahr gebannt hatten.
Der Angreifer war vertrieben worden.
Aber wer verbarg sich dahinter?
Genau das war die Frage, auf die wir eine Antwort finden mussten. Und ich wusste auch, dass es sehr schwer werden würde und wir behutsam vorgehen mussten.
Auf mich machte Martin Bloom jetzt den Eindruck, dass er keine Schmerzen mehr verspürte. Er saß in seinem Sessel, atmete schwer und schaute aus tränennassen Augen zu mir hoch und blickte zugleich ins Leere.
Auf der Fensterbank sah ich eine halb gefüllte Flasche mit Mineralwasser.
»Möchten Sie was trinken?«
Er deutete ein Nicken an.
Ich holte die Flasche, drehte sie auf und half dem Mann beim Trinken, indem ich sie festhielt.
Er schluckte. Es machte ihm auch nichts aus, dass Wasser an seinem Kinn entlanglief. Sein Zittern schwächte sich ab, nicht aber die Angst, die ihn nach wie vor in ihren Klauen hielt.
Eigentlich hätte er noch schreien oder wimmern müssen. Im Moment tat er das nicht. Der Küster befand sich in einem ungewöhnlichen Zustand. Erfühlte sich nicht mehr als Mensch, aber auch nicht als Toter.
Mein Kreuz meldete sich nicht mehr. Verdächtige Geräusche hörten wir auch nicht, aber ich dachte an diesen Schatten, den ich gesehen hatte. Es war keine Täuschung gewesen. Ich glaubte fest an diese Gestalt, die so amorph war und den Küster fest im Griff gehabt haben musste.
Dass Schlimmes mit ihm geschehen war, stand fest. Ich setzte meine Hoffnung darauf, dass er noch in der Lage war, darüber zu sprechen.
Mir fiel auf, dass er sich nicht bewegte. Nur hin und wieder verzog er die Lippen, und seine geflüsterten Worte »Es tut so weh!« sorgten bei mir für ein dumpfes Gefühl im Magen.
Sean Kilrain tippte mir auf die Schulter und stellte zugleich eine Frage. »Haben Sie es gesehen?«
»Was?«
»Dieses Etwas?«
»Sie meinen den Schatten?«
»Ja.«
»Ich habe ihn gesehen, doch ich weiß nicht, was er zu bedeuten hat. Ich denke, dass uns der Küster Auskunft gibt, falls es ihm möglich ist.«
Er hatte gehört, dass von ihm gesprochen worden war.
»Ja, fragen Sie, so lange ich noch reden kann. Einen zweiten Angriff werde ich nicht überleben. Dann hat mich der Teufel geholt.«
So weit wollte ich es nicht kommen lassen und fragte: »Wer hat Sie…«
Bloom kam mir zuvor. »Nicht anfassen!«, keuchte er uns entgegen. »Fassen Sie mich nicht an. Man hat - man - hat mir die Arme gebrochen. Die Beine auch, glaube ich. Ich - ich - spüre sie nicht mehr. Das - das - war einfach nur schlimm.«
»Was ist mit den Schmerzen?«
»Im Moment habe ich keine, Mr. Sinclair. Aber ich weiß, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. Aus ist aus.«
Wie bei Pater Alvarez!, dachte ich. Das gleiche grausame Phänomen, und ich
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