1559 - Atlan und der Linguide
es nur ein einziger Impuls, und der kam so überraschend, daß der Linguide gar nicht wußte, wie ihm geschah. Das könnte bedeuten, daß er von deiner Existenz immer noch nichts weiß."
„Richtig."
Atlan atmete tief durch. „Na also!" murmelte er zufrieden. „Jetzt fühle ich mich schon bedeutend wohler. Noch wohler wäre mir allerdings, wenn ich zusehen könnte, wie er sich verbal mit einem Nakken herumprügelt!
10.
Atlan hatte recht: Es war tatsächlich ein Nakk bei Aramus Shaenor.
Das Wesen war urplötzlich vor dem Friedensstifter aufgetaucht. Von einem Augenblick zum anderen war es da.
Es schien fast, als wollte der Nakk dem Friedensstifter eine Demonstration liefern: Sieh her, so einfach ist das. Auf diese Weise hole ich mir einen Bionten nach dem anderen, und es gibt nichts, was du dagegen tun könntest.
Aber vielleicht war diese Art der Kontaktaufnahme auch auf reine Gedankenlosigkeit zurückzuführen.
Bei einem Nakken wäre so etwas durchaus nichts Ungewöhnliches gewesen. Nakken machten sich für gewöhnlich wenig Gedanken darüber, was andere Wesen von ihnen und ihren Eigenschaften hielten.
Wenn der Arkonide jetzt zur Stelle gewesen wäre, hätte er feststellen können, daß zumindest eines seiner Verdachtsmomente nicht stichhaltig war: Daß der Friedensstifter so gelassen auf die Ankunft des Arkoniden im Shift reagiert hatte, war ohne jede Bedeutung. Er zeigte auch jetzt keine Reaktion, die darauf schließen ließ, daß er erschrocken war.
Dabei hatte er diesmal allen Grund, es zu sein.
Und er war es auch.
Er wußte nicht, auf welche Weise der Nakk in den Raum hineingelangt war, aber er ging davon aus, daß es irgendetwas mit dem Hyperraum zu tun hatte.
Und mit dem standen die Linguiden auf Kriegsfuß.
Wenn der Nakk bei seinem unerwarteten Auftreten auch nur um einen Meter näher gerückt wäre, dann hätte es durchaus sein können, daß Aramus Shaenor schon bei diesem ersten Kontakt sein Kima verloren hätte.
Und dann wäre er tatsächlich auf Teffon gelandet.
Als Patient. „Du scheinst dich hier bei uns schon sehr gut auszukennen", sagte Aramus Shaenor. „Du hast auf Anhieb das richtige Ziel gefunden. Du bist bei mir an der richtigen Adresse."
Keine Reaktion. „Du bist also ein Nakk. Ich habe noch nie mit einem Wesen von deiner Art gesprochen."
Der Nakk bewegte seine fühlerartigen Ärmchen und schwieg. „Sehr gut", sagte der Linguide leise. „Das waren alles nur ganz banale Feststellungen - es lohnt sich nicht, darauf einzugehen. Also tust du es auch nicht. Das ist sehr vernünftig. Du hältst es mit der Logik.
Das ist mir recht."
Auch wenn es mit der nakkischen Logik eine ganz besondere Bewandtnis haben mußte.
Aramus Shaenor behielt den Nakken sehr genau im Auge, während er sprach.
Auf den ersten Blick sah es so aus, als würde das fremdartige Wesen den Linguiden gar nicht beachten. Bei genauerem Hinsehen ließen sich jedoch sehr deutliche Reaktionen ausmachen.
Da waren winzige Zeichen: Bewegungen. Geräusche.
Ein kaum wahrnehmbarer Wechsel in der Art und Weise, in der die ölig schimmernde Haut des Nakken das Licht reflektierte.
Darüber hinaus gab es Zeichen, die man nicht in Interkosmo beschreiben konnte, weil sie einer anderen Subjektiven Realität angehörten.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Wesen, mit denen Aramus Shaenor es bisher zu tun gehabt hatte, war sich der Nakk durchaus der Tatsache bewußt, daß er mit solchen Zeichen sprach. Diese Zeichen schienen die eigentliche Sprache der Nakken zu sein, die der anderen Realität angehörte.
Weitere Reaktionen des Nakken wiesen darauf hin, daß er zur gleichen Zeit, in der er auf Aramus Shaenors Worte lauschte - und das tat er durchaus -, Dinge wahrnahm, die den Sinnen des Linguiden verborgen blieben.
Diese Wesen leben tatsächlich in zwei Welten, dachte der Friedensstifter fasziniert.
Behutsam begann er, einzelne Zeichen nachzuahmen.
Die Reaktion des Nakken war sehr aufschlußreich.
Die akustische Sprache ist für sie nur ein Notbehelf, stellte Aramus Shaenor fest. Wenn es mir nicht gelingt, seine wirkliche Sprache zu imitieren, werde ich kaum an ihn herankommen.
Der Nakk glich einer zu groß geratenen Nacktschnecke. Aramus Shaenor dagegen war ein humanoid geformtes Lebewesen.
Es mochte also schwierig werden, einen Nakken nachzuahmen.
Aber das war ein Punkt, der dem Friedensstifter keine Sorgen bereitete. „Ich habe dich nicht deshalb um ein Gespräch gebeten, weil ich unbedingt deine
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