156 - In den Katakomben von St. George
betrat sein Haus, und ihm fiel sofort auf, daß die Tür seines Arbeitszimmers offen war. Er wußte ganz genau, daß er sie beim Weggehen geschlossen hatte.
Shelley! durchzuckte es ihn. Sie schnüffelt während meiner Abwesenheit herum!
Wut stieg in ihm hoch. Hastig betrat er sein Arbeitszimmer und sah, wie seine Tochter die Hand nach dem Kristall ausstreckte. Er stieß die Tür kräftig zu.
Der Knall riß Shelley herum. Sie blickte ihrem Vater erschrocken in die eiskalten Augen, Du warst zu langsam! sagte sie sich unglücklich. Nun ist alles aus!
***
Drei Personen befanden sich zur Zeit im Haus des ›Weißen Kreises‹, wie Warren Chamberlain, Frank Esslin und Kayba in Erfahrung gebracht hatten. Anthony Ballard, der Hexenhenker, Mason Marchand alias Fystanat und Brian Colley alias Thar-pex.
Colley behauptete zwar, wieder in Ordnung zu sein, aber das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Er litt immer noch unter den Nachwirkungen des Schocks, den er sich selbst zugefügt hatte, als er mit Lichtgeschwindigkeit gegen Por prallte, um diesen in sich aufzunehmen.
Vielleicht trug auch die fremde Teufelskraft dazu bei, daß er sich noch unbehaglich fühlte. Er mußte sich erst an Por gewöhnen.
Vieles hatte sich für ihn grundlegend geändert. Der gravierendste Einschnitt in seinem Leben war wohl die Tatsache, daß er seine unglaubliche Schnelligkeit verloren hatte.
Sie war ein Bestandteil seiner Kampfkraft gewesen. Eine Selbstverständlichkeit - die ihm plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand. Das erforderte ein Umdenken. Thar-pex mußte sich erst auf diese neue Situation einstellen. Er mußte darüber hinaus Pors Kräfte kennenlernen, wußte noch nicht, was er sich da eigentlich ›eingepflanzt‹ hatte.
Bis vor kurzem hatte er genau gewußt, wie stark er war, was er sich zumuten konnte. Heute hatte in ihm eine gewisse Unsicherheit Platz gegriffen, die er Schritt für Schritt abtragen mußte.
Er war gezwungen, sich selbst neu zu erforschen. Das brauchte seine Zeit. Inzwischen beschränkte er sich darauf, Pors Teufelskraft an sich zu binden und zu unterdrücken.
Wenn Por das allein geschafft hätte, wäre es nicht nötig gewesen, daß Brian Colley ihn in sich aufnahm.
Thar-pex war ein großer, kräftiger Mann, blond und blauäugig wie ein Germane. Wenn man ihm genau in die Augen schaute, sah man dahinter -verschwommen - Pors Blutaugen.
Colley befand sich in seinem Zimmer. Mason Marchand studierte Skripten über übernatürliche Phänomene, und Anthony Ballard brütete vor sich hin.
Lange Zeit konnte sich der Hexenhenker nicht von seiner ›Berufskleidung‹ trennen. Er hatte eine blutrote Kapuze getragen, eine eng anliegende Hose in derselben Farbe, sein Oberkörper war nackt gewesen. Ein breiter Ledergürtel mit mächtiger Silberschnalle war um seine Leibesmitte geschlungen gewesen - so wie einst, als es noch sein Amt gewesen war, Teufelsbräute vom Leben zum Tod zu befördern. Entweder am Galgen oder mit dem Beil.
Das Beil war heute seine Waffe, die Schneide war magisch geschärft und hatte schon etlichen Schwarzblütern den Garaus gemacht.
Er hatte eingesehen, daß die Henkerskleidung zu auffällig war, deshalb hatte er sie abgelegt und zog sie nur noch zu besonderen Anlässen an.
Da ihm bei seinem athletischen Körperbau kein Anzug von der Stange paßte, ließ ihn der Industrielle Tucker Peckinpah von seinem Schneider und auf seine Kosten einkleiden.
Im dezenten Nadelstreifenanzug sah Anthony Ballard wie ein seriöser Geschäftsmann aus. Doch niemand durfte sich in ihm tauschen, denn von seiner Kampfkraft hatte er absolut nichts eingebüßt.
Draußen besprachen sich Frank Esslin, Kayba und Warren Chamberlain. Der Söldner der Hölle entwickelte rasch einen Plan, jeder bekam seine Aufgaben zugeteilt.
»Ich übernehme Anthony Ballard und Fystanat«, sagte der Mord-Magier. »Kayba begibt sich in den Keller und zerstört Yuums Auge, und du, Chamberlain, gehst zu Thar-pex hinauf. Du hältst ihn mit deinem Revolver in Schach. Vergiß nicht, darauf hinzuweisen, daß die Waffe mit schwarzmagischer Munition geladen ist.«
»Was tue ich, wenn er mir nicht glaubt und mich trotzdem angreift?« fragte der Leichenbestatter.
»Dann schießt du! Aber du tötest ihn nicht, verstanden? Loxagon will dabeisein, wenn er stirbt, das weißt du. Du schießt ihn lediglich kampfunfähig.«
Warren Chamberlain nickte mit verkniffenem Mund.
»Mach deine Sache gut«, sagte der Söldner der Hölle, »dann wird dich Loxagon
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