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1561 - Wächterin der Nacht

1561 - Wächterin der Nacht

Titel: 1561 - Wächterin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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So fiel ihr der erste leichtere Stein vom Herzen, obwohl sich ihr Unbehagen nicht vollständig vertreiben ließ.
    Es gab eine winzige Diele. Eine Wand wurde von einem Spiegel eingenommen, in den sie hineinschaute, bevor sie ihren grünen Mantel auszog.
    Ich sehe schlecht aus!, dachte sie. Einfach nur schlecht.
    Ohne zurechtgemacht zu sein, glich sie einer normalen Frau von fünfundzwanzig Jahren. Blonde Haare mit etwas dunkleren Strähnen, ein schmales Gesicht, eine gerade Nase, ein kleines Kinn und ein netter Mund. Manche hatten ihr gesagt, dass sie so zerbrechlich wirkte, aber das stimmte nicht.
    Zwar gehörte sie nicht zu den dünnen Models, aber sie achtete schon auf ihr Gewicht; Zudem hatte sie den Laufsteg verlassen. Ein Jahr Hetze rund um den Erdball war genug gewesen. Und immer nur als Model für Versandhäuser zu arbeiten, war nicht mehr ihr Ding.
    Da hatte sie es als einen glücklichen Zufall angesehen, dass ihr Ari Cosmo über den Weg gelaufen war, der sein Geld mit einer Werbeagentur verdiente, die nicht nur für die Printmedien arbeitete, sondern auch fürs Fernsehen und da immer wieder kleine Filme unterbringen konnte. Auch Judy hatte da schon manchen Job bekommen.
    Wäre Ari nicht schwul gewesen, hätte sie sogar mit ihm geschlafen, denn irgendwie mochte sie ihn.
    Noch immer stand sie vor dem Spiegel. Ihre Finger knöpften den Mantel auf, und sie wollte ihn schon ablegen, als ihr etwas auffiel.
    In der Spiegelfläche zeichnete sich eine Gestalt ab!
    Im ersten Moment war sie so überrascht, dass sie die Augen schloss. Das konnte nur eine Täuschung sein. Sie hatte sich das nur eingebildet.
    Sie schaute wieder hin.
    Das Ding war noch da, und es war kein heller Nebelfleck mehr, sondern eine Frauengestalt mit zwei Flügeln auf dem Rücken, deren Enden über die Schultern hinausragten.
    Judy schrie leise auf.
    Sie war also da. Sie befand sich im Spiegel.
    Liliane war - nein, sie wusste nicht, wer diese Person genau war. Sie hatte keine Ahnung, wie das Wesen es geschafft hatte, sich ihr hier im Spiegel zu zeigen, und musste es so nehmen, wie es war.
    Und dann war die Erscheinung wieder weg. Es gab keine Liliane mehr, nur noch den blanken Spiegel, der Judys Körper vom Kopf bis zu den Füßen wiedergab.
    Judy wurde von einem leichten Schwindel erfasst. Sie schwankte und hielt sich an der Wand fest. Tief in ihrem Innern breitete sich das Gefühl aus, dass da etwas auf sie zukam, das sie weder glauben noch begreifen konnte.
    Seltsam war nur, dass sie beim Anblick dieser Engelsgestalt keine Angst verspürt hatte. Nur ein gewisses Unbehagen, auch eine seltsame Neugier.
    Mit inzwischen aufgeknöpftem Mantel wartete sie weiterhin in der kleinen Diele und lauschte in die Wohnung hinein. Da war wirklich nichts anderes zu hören als ihre eigenen schwachen Atemzüge.
    Etwa eine Minute später legte sie den Mantel endlich ab. Judy wollte sich so normal wie möglich bewegen. Sie hatte ja auch die letzte Nacht überstanden und die ersten Stunden des Tages.
    Sie war nur kurz unterwegs gewesen und hatte sich in der Apotheke ein paar Tabletten gegen Kopfschmerzen besorgt.
    Der Nachmittag war bei ihr auch verplant. Da wollte sie ins Krankenhaus gehen und die Crew besuchen.
    Die Tür zum Wohnzimmer stand zur Hälfte offen.
    Judy schob sie ganz auf und trat über die Schwelle.
    Erleichtert atmete sie auf, als sie niemanden sah.
    Etwas war trotzdem anders geworden, und das lag am Geruch, der ihr ein wenig fremd vorkam.
    Nicht schlecht, aber anders. So dicht, so - so - ja, so fremd. Ein Geruch, den sie nicht kannte und der auch nicht von dieser Welt zu stammen schien.
    Stammen Engel denn von dieser Welt?
    Nein, stammten sie nicht. Sie waren ganz andere Wesen. Ätherisch, geisterhaft. Von vielen Menschen verehrt, denn die Engelmanie hatte in der letzten Zeit stark zugenommen. Je unsicherer die Zeiten waren, umso mehr erinnerten sich die Menschen wieder an das, was auch ihren Vorfahren schon Mut und Hoffnung gegeben hatte. Und man musste davon ausgehen, dass Engel ewig waren.
    Auch jetzt hatte sie das Gefühl, auf, einem schwankenden Boden zu stehen. Die helle Einrichtung des Zimmers schien in Bewegung geraten zu sein. Es würde wohl am besten sein, wenn sie sich erst mal hinsetzte und wieder zu sich selbst fand.
    Der Sessel war mit beigem Leder bezogen. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Es tat gut, sich zu entspannen, und sie wartete darauf, dass sich ihre Gedanken wieder ordneten und die Furcht vor dem nicht

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