1564 - Report der Unsterblichkeit
Wissens gibt es keine Geister auf Arkon I", zischte sie ihn bissig an. „Und längst nicht alle dieser erhabenen Baudenkmäler aus großen Epochen des Imperiums sind Museen. Aber alle sind liebevoll restauriert und, wo es möglich war, gemäß ihrem Originalzustand wieder rekonstruiert worden."
Kassian winkte müde ab. „Natürlich, ich weiß. Die altersschwachen Architekturmumien stehen unter strengem Denkmalschutz, und eine Horde überspannter Denkmalschützer wacht darüber, daß kein Besucher in ihnen zu heftig Luft holt -durch den Sog könnten sie einstürzen. Sie stehen oft nur noch, weil sie durch energetische Schmiegeschirme gestützt werden. Was das alles im Jahr kostet, würde reichen, um zehn moderne Schiffe für das Imperium zu bauen."
„Auf der Orbanaschol-Werft natürlich", stichelte Theta. „Natürlich, wo sonst? Aber weshalb streiten wir eigentlich?
Warum hältst du uns diesen Vortrag? Wer interessiert sich schon für die alten Häuser?"
Theta, die sich kampflustig vorgebeugt hatte, lehnte sich zurück und legte die Arme auf das Rückenpolster. Sie ließ sich Zeit, bis sie triumphierend sagte: „Garvan von Taphraig. Der hat sich als Mäzen für ein zehntausend Jahre altes Trichterhaus betätigt. Er, der für Kunst und Architektur ungefähr soviel übrig hatte wie für den Bettler auf der Straße, hat dieses Baudenkmal durch Geldsummen gefördert, die in der Jahresbilanz der Orbanaschol-Werften nicht übel ausgesehen hätten. Und nun frage ich euch: Was ergibt das wohl für einen Sinn?"
Atlan stand wie erstarrt. „Hatte Garvan durch sein Engagement materielle Vorteile?" wollte er wissen. „Ist das Haus als Museum eingerichtet?"
„Ja."
„Kassiert er die Einnähmen? Hat er eine Versicherung abgeschlossen, die bei einem ... Unfall seinen Geldeinsatz vervielfacht? Oder hat er...?"
„Nichts von alledem, mein Chef und Imperator", sagte Theta.
Y „Er ist als Wohltäter aufgetreten und hat keinerlei Forderung an die Museumsbetreiber geltend gemacht. Er hat keinen materiellen Gewinn aus dem, was er tut."
Atlan ballte die Hände. „Der Schurke Garvan als Kunstmäzen, das paßt zusammen wie Feuer und Eis. Ein Mann wie er tut nichts ohne Aussicht auf einen Gewinn - und der muß nicht materieller Natur im üblichen Sinne sein. Wie alt, sagtest du, ist dieses Haus?"
„Rund zehntausend Jahre", erwiderte Theta. „Ich will es sehen", sagte Atlan. „Gleich morgen früh."
3.
24. Novem her 1172 NGZ Der Trichter war gewaltig. Mit fünfhundert Metern Höhe und einem Durchmesser des Trichtermunds von 900 Metern überragte er die höchsten Bäume des umgebenden weitläufigen Parks um das Zehnfache. Ein Flug über das Gelände zeigte unten im Zentrum des Monuments den auch schon vor zehn Jahrtausenden üblichen imposanten Springbrunnen, um den sich zuerst kreisförmig Wege und Pflanzengruppen, dann nach oben hin die einzelnen Etagen des Bauwerks gruppierten.
Der Trichter war leuchtend weiß.
Die nach innen gerichteten Terrassen und Galerien waren mit Blumen und Büschen in allen Farben bepflanzt. Es machte den Eindruck eines gleichmäßig im 45-Grad-Winkel ansteigenden Wundergartens im Innern einer künstlichen Hohlwelt. „Faszinierend", sagte Theta von Ariga, neben Atlan einziger Insasse des Gleiters. Kassian, der sie ursprünglich begleiten wollte, war in der Nacht zu seiner Familie gerufen worden.
Offenbar handelte es sich um dringende geschäftliche Angelegenheiten, bei denen auch sein Rat gefragt war. Er wollte jedoch folgen, sobald er sich dort loseisen konnte. „Nach meinen Informationen ist von diesem Haus nur noch das Gerippe original. Aber wenn man es so sieht, dann könnte man meinen, in der Zeit zurückversetzt zu sein und einen Hauch von dem Glanz und der Erhabenheit zu spüren, die damals auf der Kristallwelt herrschten. Es muß eine große Zeit gewesen sein."
Atlan gab keine Antwort. Er hatte schon Jahrtausende vor jener Zeit gelebt, doch gefangen auf einem Planeten, den die Arkoniden zur Blütezeit des Großen Imperiums Larsaf III nannten. Über zehntausend Jahre lang hatte er dort in seiner Unterseekuppel auf den Tag gewartet, an dem die Menschen die Raumfahrt entwikkelten - und er endlich nach Arkon zurückkehren konnte.
Aber Theta hatte recht. Was die Restauratoren hier und anderswo auf der Kristallwelt geleistet hatten, war fast unglaublich. Dort unten lag der gewaltige Wohntrichter und wirkte wie für alle Ewigkeiten konserviert. „Wir wollen die Nerven unseres
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