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1567 - Die Auserwählten

Titel: 1567 - Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Ruck. Am besten, indem sie gleich damit anfing. Sie hatte Angst, Comansor käme noch einmal zurück.
     
    *
     
    „Er hat oft mit mir gesprochen", erklärte Bransor Manella mit heller Stimme. „Jedenfalls bis vor einiger Zeit, bevor die Lage in der Galaxis sich geändert hat."
    Sie saßen gemeinsam in einer Messe der MINVERDASS. Beide hatten ihren Unterricht für heute beendet. Während sich Bransor in den Lektionen schon sehr gut auskannte, fühlte sich Hagea noch wie am Anfang. Sie war erschöpft und unzufrieden. „Worüber habt ihr gesprochen?" fragte Hagea. „Ich bekomme ihn fast nicht zu Gesicht.
    Und das, obwohl er gesagt hat, er wolle sich um uns beide kümmern. Er ist mir noch immer fremd."
    Bransor schlürfte geräuschvoll an dem Getränk, das er sich aus einem Automaten gezogen hatte. „Der Meister sagt, die Linguiden sind ein auserwähltes Volk. Sie sind dazu bestimmt, die Führung in der Milchstraße zu übernehmen."
    „Das hat er gesagt?"
    „Ja."
    „Aber das steht im Gegensatz zu allem, was wir lernen."
    „Seine Schüler sagen, es ist nur gesundes Selbstbewußtsein, eine sachgerechte Einschätzung. Ich denke jedoch, daß der Meister in diesem Punkt einen Fehler macht. Er ist eben schon alt, ein bißchen schrullig."
    Nun begriff Hagea gar nichts mehr. Wie konnte Bransor Manella in dieser Art von Bury Comansor reden?
    Bransor lachte. „Du hast es doch auch gelernt: Sprache dient zuerst der Definition des eigenen Seins. Mit Hilfe von Begriffen definieren wir, wer, was, wie, wo und wann wir sind. Wenn der Meister also die Linguiden mit dem Begriff Führung zusammenbringt, ändert er unser Bewußtsein - wenn wir nicht aufpassen. Vielleicht ist das sogar seine Absicht."
    „Aber warum?"
    „Er spekuliert manchmal. Wir wissen nicht, aus welcher Wurzel die Linguiden stammen.
    Sind wir auf Lingora entstanden? Oder aus einem anderen galaktischen Volk? Seine Vermutung allerdings sieht anders aus. Er glaubt, wir stammen in direkter Linie von den Archäonten ab."
    „Dieses Wort kenne ich nicht", gestand Hagea. Sie sog durch einen Plastikhalm an dem Getränk, das auf dem Tisch vor ihr stand. „Nicht so schlimm, Hagea. Eine solche Abstammung würde unsere Bedeutung in seinen Augen noch erhöhen. Du lernst es schon. Ich will dich allerdings warnen: Auch wenn Bury Comansor in der einen Beziehung schon etwas wunderlich ist, zweifle nicht an ihm. Er ist ein Friedensstifter.
    Einer der größten unseres Volkes."
    Hagea hatte keine Zweifel. Doch an diesem Tag wurde ihr bewußt, um wieviel Bransor Manella wirklich weiter war als sie. Er war selbständig, sie dagegen sehnte sich immer noch zurück in die Geborgenheit von Dauho. Sie war ein Kind, er fast schon erwachsen.
     
    *
     
    Jahre vergingen.
    Vierzehn Stunden Arbeit am Tag waren höllisch. Sie mußte sich jeden kleinen Freiraum mit List erkämpfen. Natürlich lernte sie; und zwar mehr, als sie jemals für möglich gehalten hätte. Es gab Gebiete, auf denen sie unglaublich begabt war. Die Schüler des Meisters vermochten ihr bald nichts mehr beizubringen, was die reine Ebene der Sprache anging.
    Die Kunst der Manipulation jedoch lernte Hagea von Comansor selbst. Dazu zogen sie sich immer wieder in einen leeren Raum zurück. Nicht einmal Sitzmöbel standen darin, es gab nur einen weichen Teppich. „Merke dir, Hagea: Alles, was von den Sinnen aufgenommen wird, sowie alles, was der Verstand verarbeiten kann, trägt zur subjektiven Realität eines Wesens bei. Jedes Wesen besitzt eine eigene Betrachtungsweise, die sich von allen anderen unterscheidet. Tausend Wesen, tausend verschiedene individuelle Realitäten. Und wir müssen uns auf jede einzelne von neuem einstellen."
    „Dann kommt es gar nicht darauf an, die Wahrheit zu sagen?"
    „Nein", meinte Bury Comansor lächelnd. „Wir müssen das sagen, was ein Wesen für die Wahrheit hält. Auch die Wirklichkeit ist nicht entscheidend, sondern die Sicht der Wirklichkeit. Dort setzen wir an. Die Wesen denken in Begriffen, ihre Sprache bestimmt ihr Denken. Alles beruht auf Begriffen, auf der eigenen Definition des Seins. Über Begriffe also läßt sich die subjektive Realität verändern.
    Darauf gründet die Kunst der Friedensstifter. Wir erfassen die Begriffe und geben ihnen behutsam neue Bedeutungen. So manipulieren wir."
    „Es kann nicht so einfach sein, Meister!" rief Hagea ungläubig.
    Comansor lächelte. „Der Weg ist unendlich weit, so überschaubar er auch aussieht.
    Nicht einmal ich habe sein Ende

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