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1567 - Die Auserwählten

Titel: 1567 - Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gingen verloren, so unter anderem auch die Fähigkeit zur Fortpflanzung. Es gab kaum noch junge Bäume.
    Dann kamen die Linguiden und bauten ihre Häuser ausgerechnet dorthin, wo der einzige Nachkomme seit langer Zeit gewurzelt hatte. Die einzige Hoffnung der Riesen war bedroht. Bedroht durch Tiere. Die uralten Mechanismen nahmen ein weiteres Mal ihre Arbeit auf.
    Hagea hatte lange zu tun, den Baumtanz zu erweitern und zu verfeinern. Bluda und zwei andere Linguiden beobachteten sie dabei. Obwohl die anderen nicht Hageas Meisterschaft erreichten, brachten auch sie eine gewisse Kommunikation zustande.
    Bald jedoch hatte die Einsamkeit ein Ende.
    Hagea mit ihrem scharfen Gehör nahm es zuerst wahr; ohne Vorwarnung fiel aus dem Himmel plötzlich ein hundert Meter langes Delphinschiff.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis jeder die Ankunft bemerkt hatte, doch dann erwachte die schläfrige Siedlung zum Leben. Die siebzig Linguiden kamen auf dem kleinen Platz zusammen, der in der Mitte ihrer Siedlung lag. Alle reckten die Hälse nach dem unverhofften Besuch, und jeder wußte, daß etwas Besonderes dahintersteckte.
    In zweihundert Metern Höhe verdunkelte das Schiff den Himmel. An einer Seite brachen sich die hellen Reflexe der Sonne Riffo, die andere erschien dunkel und mitgenommen von vielen Flügen durch den Weltraum.
    Ein Luk öffnete sich. Zum Vorschein kam ein kleiner, offener Gleiter. Binnen weniger Sekunden sank das Fahrzeug nieder und landete am Rand des Platzes. Ein erwachsener und ein etwa sechsjähriger Linguide stiegen aus. „Ich grüße euch!" rief der Erwachsene. „Wie ich sehe, seid ihr alle wohlauf. Das heißt, daß die Krise überstanden ist."
    Er trug eine lange, einfarbige Toga.
    Seine Stimme war so ausdrucksvoll, wie es Hagea erst ein einziges Mal in ihrem Leben gehört hatte - denn nicht einmal Bluda konnte so reden. Es war die Stimme von Bury Comansor, dem Mann aus der Sprachschule. Aber wie kam ein Schlichter zu einem solchen Raumschiff? Denn das Schiff hatte ihn eigens hierhergebracht, soviel stand fest.
    Den Schock allerdings versetzte ihr der Sinngehalt der Worte. Das heißt, daß die Krise überstanden ist ... Bedeutete das, Bury Comansor hatte alles von vornherein gewußt? Daß man sie alle womöglich manipuliert hatte?
    Es konnte nicht sein.
    Und keiner der anderen bemerkte, was Comansor mit seiner kraftvollen, beeindruckenden Stimme eigentlich verraten hatte. Die Linguiden überschlugen sich fast vor Freundlichkeit. Sie waren so aufgeregt, wie Hagea es nie vorher an ihnen gesehen hatte. „Wir freuen uns, dich hier zu haben", sagte ihre Mutter. „Ich bin Bluda Scoffy. Was können wir für dich tun?"
    Comansor trat in die Mitte der Linguiden. Er berührte Bluda flüchtig an der Schulter, dann fixierte sich sein Blick auf Hagea. „Ich bin gekommen, um mit deiner Tochter zu reden. - Hallo, Hagea!"
    Das Gesicht der Kleinen drückte unverhohlene Abwehr aus. „Ich will nicht mit dir sprechen."
    „Ich denke doch, daß du das willst. Es gibt vieles, was ich dir erklären möchte. Und ich sehe, daß du nur einen Teil begriffen hast. Ich werde mich entschuldigen. Aber sprich mit mir, bitte!"
    In der Stimme des Linguiden entstand mit einemmal etwas, das direkt in ihren Geist vorzudringen schien. Nicht über hypnotische Kräfte, sondern durch optimalen Einsatz jeder Silbe, jeder Lautfärbung, jeder Bewegung seines Körpers.
    Hagea konnte nicht mehr nein sagen. „Gut. Ich höre."
    „Nicht hier, Hagea. Komm mit in den Gleiter."
    Als sie mit Comansor und Bransor Manella in den Gleiter stieg, spürte sie die Blicke der anderen in ihrem Rücken. So, als sei sie ebenfalls etwas Besonderes, wie der Fremde.
     
    *
     
    Die knochigen Finger des Alten steuerten den Gleiter auf einen niedrigen, zum offenen Meer hinausführenden Kurs. Bald blieben sowohl der Archipel als auch das Delphinschiff hinter ihnen zurück. Am Rand ihres Gesichtsfelds zogen immer wieder kleine Inseln vorbei, doch keine davon nah genug, daß ihre Aufmerksamkeit darunter gelitten hätte. „Du wolltest etwas erklären", sagte Hagea. Sie fühlte sich unwohl im Gleiter, sie wäre am liebsten sofort wieder umgekehrt. Das aber lag nicht in ihrer Macht. Und eines wußte sie: Bury Comansor konnte sie nicht wie Vater oder Bluda auf ihre Seite ziehen. „Ja ... Du erinnerst dich an unser erstes Treffen, Hagea? Damals hatte deine Mutter mit mir Kontakt aufgenommen. Sie hat mir erzählt, daß du das Talent besitzt; und daß du es nicht wahrhaben

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