157 - Das Erbe der Alten
Waldläufer meinen Gleitern vorziehen?«
»Die Gleiter sind schneller als der neue Transporter«, ergriff Barcon Petero Gonzales das Wort. »Sie sind aber auch leichter zu orten. Und am Boden können sie einem hybriden Steinbrechschlepper nicht das Wasser reichen.« Barcon Petero, ein schmächtiger Kahlkopf in fortgeschrittenem Alter, war Testpilot von MOVEGONZ TECHNOLOGY. Er trug den Namen Gonzales erst seit seiner Jugend. Der Patriarch selbst hatte ihn für seine Loyalität mit der Mitgliedschaft in dem mächtigen Haus geadelt. »Davon abgesehen haben wir noch etwas gut zu machen.«
»Und eine Rechnung mit dem hybriden Brechsteinschlepper offen«, ergänzte Tartus Marvin Gonzales, der Chefingenieur von MOVEGONZ TECHNOLOGY. Wie Barcon Petero hatte auch er die Verstorbene auf der missglückten Suche nach dem Erdmann begleitet, als technischer Berater sozusagen. Der Einsatz war nämlich zugleich eine Testfahrt mit dem neuen Überlandtransporter. »Der Waldläufer ist einsatzfähig. Der junge Braxton und seine seltsamen Freunde wären sicher wieder mit an Bord, wenn wir sie darum bitten…«
»… und entsprechende Anreize schaffen«, ergänzte Reza Gundol augenzwinkernd.
»Perverserweise sehnen diese Menschen sich regelrecht nach gewalttätigen Auseinandersetzungen.« Barcon Petero schnitt eine verächtliche Miene.
»Wie krank.« Der Patriarch zischte verächtlich. »Wenn das alles vorbei und der Erdenmann bei uns in Schutzhaft ist, müssen wir uns darum kümmern, diese K-Clubs auszuheben. Aber jetzt brauchen wir die Leute…«
Vor der Felswand hielt der Stapelrobot an und begann seine Greifbacken senkrecht nach oben auszufahren, und mit ihnen den Sarg. Unter den Klängen der Fanfaren wuchsen die Teleskopträger der Maschine an der Felswand entlang. Höher und höher stieg der weiße Sarg.
Jarro Fachhid Gonzales winkte den Ratsherrn Ettondo Lupos und seine Beraterin Isbell Antara zu sich hinunter. Die beiden beugten ihre Ohren an die Lippen des Patriarchen. »Wann beginnt die nächste Sondersitzung des Rates?«
»Morgen früh«, sagte Ettondo Lupos. »Zwei Stunden nach Sonnenaufgang.«
»Gut. Setze dich gleich nach der Trauerfeier mit deinem Liebhaber in Verbindung, Isbell Antara.«
Er sprach von dem jungen Curd Renatus Braxton. Der diente den Häuptern des Gonzales-Hauses als Botengänger. In den Pausen der letzten so wichtigen Ratssitzungen hatte Isbell Antara ihren Liebsten regelmäßig mit den aktuellsten Nachrichten aus dem Kabinettssaal versorgt und ihn damit zu Jarro Fachhid geschickt. Außerdem hatte er Athena Tayle auf ihrer Fahrt in den Tod begleitet.
»Schicke ihn zu mir«, flüsterte der Patriarch. »Wir treffen uns nach dem Totenmahl auf meiner Gartenterrasse. Er soll seine Freunde mitbringen…«
Vierzig Meter über ihnen, vor der von künstlichen Fackeln flankierten Grotte, hielt der Stapelrobot den Sarg still. Die Fanfaren bliesen nun einen einzigen, anschwellenden Ton. Die Maschine schob Athena Tayle Gonzales’ Sarg in die Felskammer…
***
Matt Drax schnappte nach Luft. Nacheinander überholten die Waldmänner ihn. Der Hang und die hereinbrechende Nacht verschluckten sie. Der Mann von der Erde musste sich am Geräusch ihrer Schritte orientieren. Sein Herz galoppierte ihm zwischen den Schläfen und in der Kehle. Die Luft auf dem Mars war ohnehin knapp wie auf einem Viertausender der Erde, aber hier oben im Kraterhang war sie noch dünner! Und er konnte die Sauerstoffzufuhr seiner Maske nicht ganz öffnen, weil ihm der Vorrat ausging. Wenigstens schützte ihn der Outdoor-Anzug vor der eisigen Kälte, die mit der Dunkelheit über den Mars kam.
Atemlos erreichte er die anderen knappe fünf Minuten später. Sie warteten auf einer Aussichtsplattform etwa hundert Meter über dem Plateau. Ein Geländer schützte vor dem Absturz, eine Metalltreppe führte direkt zu einem der beiden Kuppelbauten hinunter. Matt war fassungslos, dass die Waldleute trotz ihrer dürftigen Kleidung nicht zu frieren schienen. Hatte der Wald ihren Organismus über die Jahrhunderte so sehr verändert?
»Vielleicht gar nicht so verkehrt, dass wir nicht mit dem Schwebetaxi den offiziellen Eingang passieren«, sagte Chandra.
»Wer weiß schon, wer uns da empfangen hätte. Wir nehmen diese Stiege.« Sie sah sich um. »Hier auf der Ostseite des Kraterhangs wird es natürlich früher dunkel als in flachem Waldgebiet. Das habe ich nicht bedacht.«
»Umso besser«, sagte Schwarzstein. »Dann können wir ja gleich hinunter
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