1577 - Der Engelssohn
Gruppe.
»Leider nicht.«
»Und was können wir dagegen unternehmen?«
»Zunächst mal die Augen offen halten.« Godwins Blicke streiften seine Brüder. »Sollte etwas Ungewöhnliches geschehen, wird sofort Meldung an mich gemacht. Kein eigenmächtiges Vorgehen, bitte. Immer nur gemeinsam gegen ihn angehen, sollte er tatsächlich zu uns kommen.«
»Und was ist mit John Sinclair?«
Zum ersten Mal seit Beginn der Versammlung gestattete sich Godwin de Salier ein Lächeln.
»Er ist bereits auf dem Weg hierher. Von ihm habe ich ja die meisten Informationen erhalten. Ich hoffe, dass er es schafft und rechtzeitig hier eintrifft.«
»Er hat das Kreuz, Godwin.«
»Das ist wohl wahr. Nur möchte ich darauf hinweisen, dass es kein Allheilmittel ist.«
»Die Aussage hört sich nicht gut an«, sagte Thomas mit leiser Stimme.
»Sie entspricht aber der Wahrheit.«
Godwin ging davon aus, genug gesagt zu haben. Er hob die Versammlung auf und verließ mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck als Letzter den kleinen Saal.
Sein Weg führte in seine privaten Gemächer, wo bereits Sophie auf ihn wartete.
»Wie ist es gelaufen?«
Der Templerführer hob die Schultern.
»Ich hoffe, es geht alles glatt. Ich habe die Brüder gewarnt, und ich habe mich zuvor auch erkundigt, ob ihnen der Name Matthias etwas sagt. Leider war das nicht der Fall. Nicht diesen Matthias, den ich meine.«
»Also wusste keiner Bescheid?«
»So ist es.«
Sophie, die ein leichtes Sommerkleid aus hellem Leinen trug, ließ sich auf einen Stuhl sinken.
»Ich denke, wir haben schlechte Karten. Hast du trotzdem einen Plan?«
»Ja, das schon. Ich möchte dich nur zuvor etwas fragen.«
»Bitte.«
»Hast du in der Zwischenzeit Kontakt mit Gabriel gehabt? Hat er sich dir wieder gezeigt?«
Sie lachte auf. »Nein, leider nicht. Er hält sich zurück. Ich wollte, es wäre anders gewesen. Das Kind hat seinen eigenen Kopf, aber ich bin sicher, dass wir es noch mal sehen werden.«
»Hoffentlich.«
Sie schaute Godwin an. »Und was hast du vor?«
»Ich werde mich in mein Arbeitszimmer zurückziehen und versuchen, zu meditieren.«
Sophie lächelte knapp. »Du willst den Würfel befragen?«
»Ja. Kann sein, dass er mir eine Antwort gibt. Etwas muss ich tun, sonst drehe ich noch durch. Die sture Warterei ist nichts für mich.«
»Das verstehe ich.«
Godwin hauchte seiner Frau einen Kuss auf die Lippen.
»Dann bis gleich, meine Liebe…«
***
Der Templerführer dunkelte das Fenster in seinem Arbeitszimmer ab, weil ihn das hereinfallende Sonnenlicht störte. Und so erreichte es auch nicht mehr den Knochensessel, der in der unmittelbaren Nähe des Fensters stand.
Er wirkte jetzt düster und bedrohlich. Der Skelettschädel auf den Schultern sah noch schauriger aus als sonst.
Darum kümmerte sich de Salier nicht. Er kannte den Sessel, er hatte sich an ihn gewöhnt und sah ihn als einen Freund und Verbündeten an.
Ebenso wie den Gegenstand, der in seiner Schreibtischschublade lag und für ihn sehr wichtig war.
Man hatte ihm den Namen Würfel des Heils gegeben. Es war so etwas wie ein magischer Indikator, der ihn auf bestimmte Dinge hinwies, die irgendwann eintreten konnten. Er hatte ihm schon oft geholfen, und auch jetzt setzte Godwin seine ganzen Hoffnungen in ihn.
Es war still in seiner Umgebung. Und die Ruhe brauchte er auch, um sich voll und ganz auf den Würfel zu konzentrieren.
Godwin legte ihn auf die Schreibtischplatte.
Der violette Farbton auf allen fünf sichtbaren Seiten hatte sich nicht verändert.
Der Würfel sah nach nichts Besonderem aus. Seine wahre Kraft steckte im Innern, und sie wollte der Templerführer aktivieren.
Er schob den geheimnisvollen Gegenstand noch ein kleines Stück vor, damit er es sich bequemer machen und die Arme auf die Schreibtischplatte legen konnte. Danach öffnete er beide Hände, hielt sie neben dem Würfel, atmete noch einmal tief ein und begann sich zu konzentrieren.
Nichts war mehr zu hören. Auch von außerhalb des Raumes nahm er kein Geräusch mehr wahr.
Er hatte die Hände jetzt um die Seiten des Würfels gelegt. Der Kontakt war unbedingt nötig, um mit ihm eine Verbindung aufzunehmen oder eins mit ihm zu werden. Das war Godwin bisher oft genug gelungen, deshalb setzte er auch jetzt darauf, eine Nachricht zu erhalten.
Von oben her schaute er in den Würfel hinein und wartete darauf, dass die Aktivierung der Botenstoffe begann.
Es waren kleine weiße Schlieren im Violett, die dafür sorgten, dass ein Bild
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