1577 - Der Engelssohn
abtrünnigen Priester nichts anfangen, und seinen Brüdern würde es ähnlich ergehen, wenn er sie informierte. Sie würden ihm Fragen stellen, die er ihnen nur unzulänglich beantworten konnte.
Es war mit seiner Frau abgesprochen, dass er die Brüder zusammenrufen wollte. Dafür gab es den Konferenzraum, in dem alle hineinpassten. Dort gab es nur den langen Tisch und die Regale an den Wänden, in denen einige Bücher standen. Zwei Fenster waren auch vorhanden, durch die das noch blasse Licht der Morgensonne schien und auf dem Boden helle Streifen hinterließ.
Außer Godwin wusste niemand, was hier besprochen werden sollte.
Dementsprechend gespannt waren seine Brüder, deren Augen auf ihn, der an der Schmalseite des Tisches saß, gerichtet waren.
Godwin de Salier hatte sich vorgenommen, nichts über den Jungen zu sagen. Er wollte mehr allgemein reden und nur beim Namen Matthias konkret werden.
Länge Vorreden konnte er sich sparen. Die Templer wussten, dass etwas Ungewöhnliches bevorstand, wenn sie zu einer derartigen Zusammenkunft gerufen wurden.
Nach der Begrüßung kam er sofort zur Sache. »Ihr wisst, dass wir hier auf einem Pulverfass sitzen, obwohl es von außen her nicht so aussieht und für uns das Kloster ein Pol der Ruhe ist. Aber die Feinde sind allgegenwärtig, sie schlafen nicht. Sie sind sehr kreativ, und mir ist da etwas zu Ohren gekommen, über das ich mit euch reden muss, denn jeder von euch soll eingeweiht sein.«
Die Gesichter der Brüder waren gespannt. Niemand sagte etwas. Einige nickten.
Godwin räusperte sich und sagte: »Es geht um einen Mann, dessen Name Matthias lautet. Kann vielleicht einer von euch damit etwas anfangen?«
Die Templer überlegten. Einer von ihnen hob den Arm.
»Bitte, Godwin, ich heiße Matthias.«
De Salier lächelte. »Das ist mir bekannt, und ich habe auch nicht dich gemeint.«
»Das dachte ich mir.«
Es begann die Zeit des Nachdenkens, des leisen Sprechens. Jeder überlegte intensiv, aber es kam nichts dabei heraus. Ein Schulterzucken, Ratlosigkeit auf den Gesichtern, Kopf schütteln.
»Also nicht?«
»So ist es, Godwin«, sagte der Mann neben ihm. »Aber was ist mit dir? Kannst du nicht konkreter werden?«
»Das fällt mir schwer, Thomas. Ich weiß auch zu wenig über ihn. Ich habe nur eine Warnung bekommen. Er soll unterwegs sein. Er ist das Böse, und wir müssen uns darauf einstellen.«
»Ein Mensch ist das Böse?«, fragte jemand am hinteren Ende des Tisches. »Müssen wir jetzt umdenken?«
»Nein, das müssen wir nicht, denn die Grundprinzipien bleiben gleich. Es gib die Trennung zwischen Gut und Böse. Das ist uns allen klar. Aber dieser Matthias soll etwas Besonderes sein, und das hat mir nicht hur irgendjemand berichtet, sondern mein Freund John Sinclair, der euch allen ein Begriff ist. Er kennt diesen Matthias. Er hat ihn erlebt. Und er hat es leider nicht geschafft, ihn zu besiegen. Der Kampf zwischen ihm und Matthias ging unentschieden aus.«
»Wer ist denn dieser Mensch?«
»Einer, der seinen Lebensweg geändert hat. Er hat mal auf unserer Seite gestanden. Er war ein Bruder, er hat in den Diensten der Weißen Macht gestanden, dann kam der Knick. Jetzt steht er voll und ganz auf der Seite des Bösen, und die hat ihn sehr mächtig werden lassen. Das muss ich leider sagen.«
»Dann kennst du ihn doch besser«, sagte Thomas.
»Nein. Was ich weiß, habe ich von John Sinclair gehört, und das habe ich jetzt an euch weitergegeben.«
»Können wir davon ausgehen, dass dieser Matthias hier auftauchen wird?«
Godwin nickte. »Ja, damit müssen wir rechnen. Leider kann ich nicht sagen, wann es geschehen wird.«
»Und wie sieht er aus?«, lautete die nächste Frage.
»Ich weiß es nicht, meine Freunde. Da muss ich leider passen. Ich habe kein Bild von ihm. Ein normaler Mensch, der auch hier an unserem Tisch sitzen könnte. Man sieht ihm nicht an, dass die Kraft des Luzifer in ihm steckt.«
Neben Godwin atmete der Templer scharf aus. Die anderen Brüder waren ebenfalls leicht blass geworden. Der Name Luzifer war für sie das absolut Böse und Negative. Sie hatten das Gefühl, auf heißen Stühlen zu sitzen, und Thomas war der Einzige, der sich traute, eine Frage zu stellen.
»Dann steckt die höllische Kraft tatsächlich in ihm?«
»Davon müssen wir leider ausgehen. Luzifer hat ihn als seinen persönlichen Diener erwählt und ihn auch mit entsprechenden Kräften versehen.«
»Das sieht also nicht gut für uns aus«, murmelte einer aus der
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