1578 - Geschäfte mit dem Frieden
suchen sein,könnten. Das gleiche gilt für ihre Schüler. Ich habe keine einzige kritische Äußerung registriert."
„Standesdisziplin", vermutete Serena. „Wenn die Friedensstifter einen Grund haben, Kritik am Verhalten eines ihrer Kollegen zu üben, dann werden sie das sicher unter Ausschluß der Öffentlichkeit tun. Eine öffentliche Diskussion über begangene Fehler können sie sich nicht erlauben. Ihr gesamtes Image wäre sonst dahin."
„Ich fürchte, daß das Ganze noch viel komplizierter ist", sagte Adams nachdenklich. „Wie meinst du das?"
„Sie haben keine derartigen Regeln. Sie hatten nie einen Grund, so etwas zu erfinden - weder für sich, noch für ihr Volk."
„Jede Gesellschaft braucht Regeln. Für eine Gemeinschaft wie die der Friedensstifter gilt das doppelt."
Adams seufzte. „Ich wollte, ich hätte diesen Tamosh Unda mitgenommen", sagte er. „Der könnte es dir sicher besser erklären. Aber Tatsache ist, daß es eine Gemeinschaft der Friedensstifter niemals gegeben hat, auch nicht das, was wir als >Stand<, >Zunft< oder >Gilde< bezeichnen würden. Da war einfach gar nichts, was sich im weitesten Sinne des Wortes als Organisation bezeichnen ließe. Also können sie so etwas wie Standesdisziplin gar nicht erst entwickelt haben. Sie haben erst jetzt angefangen, Vorschriften verschiedenster Art zu erlassen.
Für ihr Volk, wohlgemerkt - nicht für sich selbst."
„Aber sie müssen doch auch schon früher Regeln und Gesetze gekannt h,aben!"
„Eben da liegt das Geheimnis: Sie haben all das gar nicht gebraucht."
„Und was bedeutet das?" fragte Serena verblüfft. „Sie können sich doch wohl nicht etwa für unfehlbar gehalten haben!"
„O nein, das haben sie durchaus nicht! Aber sie haben der Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstkontrolle eine sehr hohe Bedeutung beigemessen, und es hat funktioniert."
Er beobachtete Dorina Vaccer, die noch immer auf einem der Bildschirme zu sehen war.
Eine eigenartige Faszination ging von der Linguidin aus. Es lag nicht nur an dem, was sie sagte und wie sie es sagte, sondern auch an der Art, wie sie sich bewegte.
Sie strahlte eine ungeheure Kraft aus.
Sicherheit, dachte Adams. Sie ist sich ihrer selbst in einem so hohen Maße sicher, daß kein Zweifel an ihr Bewußtsein heranreichen kann. Sie trägt ihre Selbstsicherheit mit sich wie einen Schutzschirm, der sie vor allem Übel bewahren wird.
Aber wenn kein Zweifel sie mehr berühren konnte: Wie konnte sie dann das bleiben, was sie bisher gewesen war? „Willst du sie fragen?"
Er zuckte zusammen und drehte sich zu Serena um. „Ja", sagte er. „Ich möchte wissen, was sie wirklich von Jubaar Ulpit halt, und sie wird es mir sagen."
Serena sah ihn aufmerksam an. >'Vielleicht", sagte sie schließlich. „Aber ich würde mich an deiner Steile noch nicht allzu fest darauf verlassen. Ich fürchte, daß sie deine Fragen gar nicht wahrnehmen wird."
Adams stellte fest, daß Serena das Problem damit auf den Punkt gebracht hatte: Dorina Vaccer erweckte den Eindruck, als stunde sie mittlerweile so hoch über den Dingen, daß sie die Realität gar nicht mehr wahrzunehmen vermochte.
Das Fest begann, kaum daß Dorina Vaccer das letzte Wort ihrer Rede ausgesprochen hatte.
Und es war ein wunderbares Fest.
Es hatte keinerlei Vorbereitungen gegeben. Die Zeit war viel zu knapp bemessen. Es fehlte an allem, was man normalerweise als unerläßliches Beiwerk eines derartigen Volksfests bezeichnet hätte.
Aber niemand schien sie zu vermissen: Die organisierte Bewirtung, die Reden und die Versammlungen, die Gedenkminuten und die verordnete Fröhlichkeit.
Es war das einfachste Fest, das man sich denken konnte.
Und es war zugleich das größte und Täuschendste Fest, das Homer G. Adams je erlebt hatte.
Die Bewohner von Fogha feierten das Ende eines kurzen, heftigen Aufflammens von Haß und Zerstörungswut.
Die Stadt Ellert-Ashdon war voll von Foghanern jeder beliebigen Herkunft. Es mußten Millionen sein, die sich in den Straßen drängten. In zahllosen Gruppen und Grüppchen tranken, aßen, sangen und tanzten sie.
Und sie verbrüderten sich.
Jeder mit jedem. Überall sah man Foghaner, die sich umarmten, die miteinander sprachen, miteinander lachten.
Ein Lachen unter Tränen des Glücks. Millionenfach.
Eine ganze Stadt badete in einer Welle der Euphorie.
Homer G. Adams war dabei. Serena natürlich auch. Bordo Landeyner, die Besatzung der QUEEN LIBERTY, die Linguiden und die Leute aus den anderen Schiffen -
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