1578 - Hass der Verlorenen
Heiligen kümmern wollte.
Das Versprechen hatte er gehalten. Er stand ihm gegenüber mit gezücktem Schwert, und er hatte sich auf seine Weise den Weg zu ihm gebahnt.
Die erstarrten Gestalten sahen nicht mehr so aus wie bei unserer Ankunft. Raniel hatte ihnen die Köpfe abgeschlagen und sie damit ein für alle Mal vernichtet.
Jetzt war nur noch der Heilige übrig.
Wehrte er sich? Wenn ja, wie? Wir sahen keine Waffe an ihm. Er stand noch immer in der gleichen Position und schien tatsächlich versteinert zu sein.
Trotzdem sprach Raniel ihn an.
»Ich habe dir Vertrauen geschenkt, aber du hast es missbraucht. Du hast dich von der anderen Seite einfangen lassen und auf deren Schutz gehofft. Was immer man dir versprochen hat, es wird nicht eintreten, das kann ich dir versichern. Nicht die Hölle ist stark, auch nicht deren Engel, die vor Urzeiten geglaubt haben, ebenfalls gewinnen zu können. Das Gute, das Andere, das Bessere ist es, was letztendlich überlebt und dafür sorgt, dass die Welt nicht zugrunde geht. Das habe ich dir oft genug gesagt. Du hast getan, als würdest du mir glauben. Du hast mich getäuscht, und den Namen, den du dir selbst gegeben hast, verdienst du nicht. Du bist nicht heilig, dir ist nichts heilig. Du wirst mich nicht mehr täuschen können. Es reicht. Du wirst jetzt für alles zahlen.«
Ich nickte Suko zu und flüsterte: »Okay, das ist allein seine Sache, wir halten uns raus.«
»Das denke ich auch.«
Dass Raniel mit ihm sprach, ließ darauf schließen, dass er auch eine Antwort erwartete. Sonst hätte es ja keinen Sinn gehabt, zu reden.
Vielleicht wollte er noch etwas erfahren.
»Hast du mich überhaupt gehört?«
Der Heilige schwieg.
Raniel war es leid. Er hatte sein Lichtschwert zwar gezogen, aber die Spitze berührte noch den Boden. Jetzt hob er es langsam an und zielte auf die starre Gestalt.
»Willst du mir noch etwas sagen?«
Er tat es nicht, aber es gab noch die Geister, die sich für uns nicht mehr interessierten und sich einen neuen Feind ausgesucht hatten. Ohne dass wir es groß bemerkt hatten, tanzten sie plötzlich um die Gestalt herum. Sie um wirbelten ihren Kopf, und es sah so aus, als wollten sie ihm einen Heiligenschein verpassen.
»Die versuchen, ihn zu schützen«, flüsterte ich Suko zu.
»Das schaffen sie nicht. Nicht gegen Raniel.«
Suko hatte sich nicht geirrt. Mit einer unwilligen Bewegung schüttelte der Gerechte den Kopf. Es war zudem ein Zeichen, dass er sich nichts mehr gefallen lassen wollte, und mit einer blitzartigen Bewegung zog er das Lichtschwert in die Höhe.
Er traf den Heiligen nicht, aber die Klinge, die er die Bibel des Gerechten nannte, setzte ihre Kraft gegen die sichtbaren Seelen ein, und vernichtete sie.
Es gab keine Flammen. Sie wurden auch nicht zerrissen, sie vergingen im Licht wie Nebelschleier, die von der Sonne verdunstet wurden. Und wir hörten die helle Stimme des Gerechten, der in diesem Moment kein Mensch mehr war, sondern ein engelhaftes Wesen.
Die Geister waren verschwunden. Nur den Heiligen gab es noch, und der hatte sich noch immer nicht vom Fleck bewegt, was Raniel einfach nicht gefallen konnte.
Er sagte etwas, was wir nicht verstanden, aber es war der Startschuss für sein Handeln.
Er ging einfach auf den Heiligen zu.
»Jetzt passiert es, John!«, flüsterte Suko.
Er hatte sich nicht getäuscht. Beide Gestalten verschmolzen miteinander. Es gab keine Trennung mehr. Raniel hätte auch durch den Heiligen hindurchgehen können, doch das wollte er nicht.
Er schlug auch mit seinem Schwert nicht zu. Er hielt den Heiligen umarmt wie seinen besten Freund.
Jemand schrie auf.
Es war nicht Raniel. Diese Stimme hatten wir nie zuvor gehört. Der Schrei war zugleich der Anfang vom Ende, denn plötzlich schössen helle Flammen aus der Gestalt des Heiligen hervor.
Für uns sah es so aus, als würden beide im Feuer verbrennen. Aber es war nur einer, der zu einem Raub des Engelfeuers wurde und Sekunden später nicht mehr zu sehen war.
Dort, wo er seinen Platz gehabt hatte, stand jetzt Raniel, zu dessen Füßen die Flammen zusammensackten.
Er hob das Schwert an und stieß es hart in die Luft.
Erneut hörten wir einen Schrei.
Es war die Fanfare des Siegers!
***
Raniel ging auf Suko zu, denn ich stand nicht mehr bei meinem Freund.
Ich war zu Glenda geeilt und half ihr, auf die Beine zu kommen, denn sie litt noch ein wenig unter den Nachwirkungen der Auseinandersetzungen.
»Oh, das war knapp, John. Ich habe es hier nicht
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