1578 - Hass der Verlorenen
dachte daran, dass sie durch ihre Gabe auch in der Lage war, Grenzen zu überwinden, die für normale Menschen undurchdringlich waren.
Deshalb ging sie davon aus, dass sie sich nicht mehr in der üblichen und normalen Welt befand.
Wo dann?
Darüber machte sich Glenda vorerst noch keine Gedanken. Andere Dinge waren jetzt wichtiger. Sie hatte ihre Feinde nicht vergessen, diese oft unsichtbaren Peiniger, und sie stellte jetzt fest, dass ihr Kopf frei war.
Es gab die folternden Schmerzen nicht mehr, was nicht besagte, dass ihre Feinde verschwunden waren. Denn noch hatten sie ihr Ziel nicht erreicht. Nach wie vor lebte Glenda.
Andere Menschen wären sicherlich vor Furcht durchgedreht. Dazu gehörte Glenda Perkins nicht. Sie war zunächst einmal froh, dass diese quälenden Kopfschmerzen aufgehört hatten und sie sich so sicher bewegen konnte wie immer.
Nur, wo sollte sie hin?
Auf den ersten Blick war für sie kein Ziel zu erkennen. Es lag zudem ein leichter Nebel über der Landschaft.
Glenda erkannte jedoch, dass sie sich auf einer Höhe befand. Vielleicht auf einem Plateau, denn als sie den Kopf nach rechts drehte, da fiel ihr ein Hang auf, der zu ihrem Platz heraufführte.
Freiwillig hätte sie sich nicht hierher gebeamt. Deshalb musste sie davon ausgehen, dass sie gelenkt worden war, was ihr noch nie passiert war.
Ihre unsichtbaren Feinde gaben nicht auf, obwohl sie momentan nichts von ihnen spürte.
Sie überlegte, ob sie sich wieder zurückbeamen sollte. Es wäre vielleicht das Beste gewesen. Doch gab es noch eine andere Seite in ihr, und das war ihre große Neugierde. Sie wusste, dass ihr nichts passiert war, und sie wollte herausfinden, wo sie sich befand. An die Leere, die sie um sich herum sah, glaubte sie nicht so recht. Sie konnte sich vorstellen, dass der dünne Nebel etwas verbarg.
Den Hang hinab wollte sie nicht gehen. Ein Gefühl sagte ihr, dass es besser war, wenn sie eine andere Strecke nahm.
Glenda machte sich auf den Weg und war erst drei Schritte weit gekommen, als es geschah.
Die Peiniger waren wieder da!
Diesmal zum Glück nicht in ihrem Kopf. Sie zeigten sich vor ihr. Sie tanzten über den Boden hinweg, und durch ihre Ankunft sorgten sie für eine Lockung, der Glenda nicht widerstehen wollte und auch nicht konnte. Sie fühlte sich wie an einem unsichtbaren Band geführt, als sie Schritt für Schritt nach vorn ging.
An die normale Welt, in der sie sich sonst befand, dachte sie nicht mehr.
Um das Rätsel endgültig lösen zu können, musste sie hier bleiben und den anderen Gesetzen folgen.
Es gab keinerlei Hindernisse. Man ließ sie in Ruhe. Ihr Weg war und blieb weiterhin frei. Ihr Gesicht zeigte dabei einen gespannten Ausdruck, und sie machte sich auch darauf gefasst, plötzlich angegriffen zu werden.
Und dann sah sie etwas.
Es schälte sich aus dem dünnen Dunst hervor, war kompakt und noch so weit entfernt, dass es ihr nicht gelang, irgendwelche Einzelheiten zu erkennen. Aber es war das richtige Ziel, denn in der unmittelbaren Nähe hielten sich die feinstofflichen Gestalten auf, die Glenda immer deutlicher sah, je näher sie kam.
Jetzt waren sie fest, schon stofflich - oder?
Sie hielt an, weil sie der Anblick irritierte.
Wieso waren die Geister plötzlich fest?
Vor sich sah sie so etwas wie ein Bild.
Man konnte es auch als ein Denkmal ansehen, das mehrere Personen darstellte, die sich nicht bewegten. Es waren Gestalten von unterschiedlichen Größen. Manche standen, andere knieten, und sie bildeten einen Halbkreis, in dessen offener Rückseite ebenfalls jemand stand.
Der Dunst war noch zu dicht, um diese Figur zu erkennen, aber sie war vorhanden, und sie verhielt sich auch anders als die übrigen starren Gestalten, die allesamt mit Tüchern verdeckt waren. Leichen, die eingewickelt worden waren? Bis eben auf die eine Gestalt, der die anderen ihre Hände entgegenstreckten, als wollten sie um etwas bitten.
Glenda spürte ihre innere Faszination. Von Angst war bei ihr nichts zu spüren. Sie fühlte sich nicht bedroht. Sie glaubte nur, vor einem Rätsel zu stehen, auf dessen Lösung sie mehr als gespannt war.
Auch die Geister waren da. Hier gab es kein Leben, abgesehen von ihr, doch es sah nicht so aus, als wollten die feinstofflichen Gestalten einen Angriff starten.
Und so gelang es Glenda Perkins, bis dicht an dieses Denkmal heranzukommen.
Sie hielt inne. Der erste Eindruck hatte sie nicht getäuscht. Auch jetzt war keine Bewegung zu erkennen, und auch die Figur im
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