1579 - Der Kopf des Dämons
und den steuerte sie an.
Die Treppe ließ sie hinter sich, ohne dass sie gesehen wurde. Wenig später trat sie ins Freie.
Der Wind blies gegen sie. Er war recht kräftig, aber noch nicht zu einem Sturm geworden. Die Jacke hatte sie nicht ausgezogen, und sie wandte sich nach links, denn sie wollte den kürzesten Weg zu ihrem Ziel nehmen.
Als sie einige Meter vom Haus entfernt war, lief sie schneller. Sie suchte sich eine neue Deckung. Zu offen wollte sie sich nicht bewegen, denn sie hatte nicht vergessen, dass die Bewohner Wachen aufstellen wollten, und gesehen werden wollte sie nicht.
Es klappte auch, denn kein Wächter ließ sich in ihrer Nähe blicken.
Ab jetzt beeilte sie sich, ihr Ziel so schnell wie möglich zu erreichen…
***
Wir hatten in einem mit alten Möbeln überladenen Zimmer Platz genommen. Auch Rhonda war dabei, die sich allerdings zurückhielt und auf einem Stuhl am Fenster saß.
Wir hockten um einen Tisch, dessen Platte mit einer Häkeldecke bedeckt war.
Eine Flasche Wacholderschnaps stand zwischen uns. Er war selbst gebrannt, weil auf dem Eiland die entsprechenden Büsche wuchsen.
Irvin, der mit Nachnamen Proud hieß, hatte uns auch einen Schluck angeboten. Wir hatten abgelehnt.
Er brauchte den Drink, denn nur mit ihm konnte er über die Wahrheit sprechen.
Wir hatten von ihm erfahren, dass dieser Kopf oder diese Gestalt ein Überbleibsel aus alter Zeit war.
»Und wie erklärt man es sich?«, fragte ich.
Da lachte er. »Das ist einfach und trotzdem nicht zu begreifen. Man hat hier einen Druiden begraben, versteht ihr?«
»Einen Eichenkundigen«, sagte ich.
»Ja, so heißen sie.« Er hob die Schultern. »Aber ich glaube nicht, dass es nur ein Druide gewesen ist. Das war eine andere Person. Eine grauenvolle. Eine, die gar nicht auf dieser Erde gelebt hat. Sie muss woanders hergekommen sein.«
»Und woher?«, fragte Suko.
»Das weiß ich nicht. Es gibt viele Spekulationen. Manche sagen, dass sie aus der Hölle gekommen ist. Andere meinen, dass ein Orkan sie aus der Tiefe des Meeres gerissen und sie an Land gespült hat. Jedenfalls ist der Kopf schon immer hier auf der Insel gewesen, und wir alle glauben, dass noch ein Körper dazugehört.«
»Dann müsste er eine sehr große Gestalt sein«, bemerkte ich.
»Ein Riese!« Er lachte und trank sein Glas leer. »Ich weiß es nicht, ich kann nur sagen, dass wir uns an ihn gewöhnt haben. Er liegt in der Höhle und tut nichts. Wenigstens bisher nicht. Aber Angst haben wir alle hier.«
»Und Sie haben nie daran gedacht, die Insel zu verlassen?«, fragte Suko.
»Nein. Wo hätten wir denn hingehen sollen? Und was hätten wir sagen sollen? Man hätte uns ausgelacht. Und so haben wir uns mit seiner Existenz abgefunden und ihn in Ruhe gelassen.«
»Was ist mit den Kochen in der Höhle?«
»Jch weiß es nicht genau, aber einige sind der Meinung, dass dieser Kopf ein Kannibale ist.«
»Menschen?«
»Nein, sonst gäbe es uns ja nicht. Schafe, denke ich!«
»Die allerdings keine menschlichen Köpfe haben«, warf ich ein, »denn die haben wir entdeckt.«
»Ja, ja, das war wohl vor meiner Zeit. Kann sein, dass es Fremde waren, die mal die Insel besucht haben. Hin und wieder sind welche gekommen. Früher mehr als heute, aber da haben wir alle noch nicht gelebt.«
»Aber den Kopf gab es immer schon?«
Er nickte mir zu. »Sicher. Ich glaube, er ist hierher geschafft worden, als es noch keine Menschen auf der Insel gab. Wir kamen erst später.«
Ich stellte eine bestimmte Frage und dachte dabei an Patricia Wells.
»Wie hat sich der Kopf bei Ihnen und den anderen Bewohnern bemerkbar gemacht?«
»Überhaupt nicht.«
»Denken Sie nach.«
»He, es stimmt.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Der Kopf war da, und fertig. Wir haben ihn nicht gespürt. Für uns war er so gut wie nicht vorhanden. Können Sie das nicht akzeptieren, Sinclair?«
»Im Prinzip schon. Nur habe ich aus bestimmten Gründen gefragt.«
»Das ist mir egal.«
Mich störte seine grobe Antwort nicht, und deshalb sprach ich weiter.
»Dieser Kopf, dieser Druide muss etwas Besonderes sein. Das wissen wir von Pat Wells, die ja bei Ihnen hier gewohnt hat. Er hat sie verändert.«
»Wieso?«
Ich erklärte es ihm. Und das war so unbegreiflich, dass sich selbst Rhonda Proud rührte und einen leisen Schrei ausstieß.
Ich drehte den Kopf. Die Frau hatte ihre Hände auf die Lippen gelegt.
Wir sahen ihre angstvollen und wissenden Augen.
»Wissen Sie mehr?«, fragte ich.
Sie
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